Vampir-Legende
sie schweben. Sie waren sehr, sehr mächtig, sie waren die Protagonisten einer neuen Vampirzeit, die aus einer alten Blut-Legende entstanden war.
Und sie waren bei ihm.
Sie faßten ihn an.
Der Sheriff zuckte unter den Berührungen zusammen, als die glatten und glitschigen Finger zuerst über sein Gesicht und dann über seine Schultern fuhren. An den Armen entlang und schließlich über seine Brust hinweg, die durch das Aufreißen des Hemds vom Stoff befreit worden war. Eine Hand blieb dort liegen, wo sein Herz schlug. Es war eine kalte und glatte Hand. Spitz waren die Fingernägel. Er konnte sich vorstellen, daß sie sich plötzlich bogen wie Messer und in sein Fleisch eindrangen.
Sie taten es nicht.
Seine Knie gaben nach. Er sprach und wußte nicht, was er sagte. Alles war anders geworden. Die gesamte Welt hatte ihn abgestoßen. Es gab noch das Grauen, ein Gefängnis des Schreckens, und er wartete darauf, daß es geschah.
»Halte ihn fest, Clayton!«
»Okay.«
Der Sheriff unternahm nicht mal den Versuch einer Gegenwehr, als zwei Hände seine Gelenke packten und ihm die Arme erst nach hinten zogen und dann auf den Rücken drehten.
Er war wehrlos gemacht worden.
Bereit für die Bluttrinker…
Bisher hatten sie zusammengestanden, was sich nun änderte, als sie sich voneinander lösten und ihn in die Zange nahmen. Der Blonde stand an seiner rechten, der schwarzhaarige hielt sich an seiner linken Seite auf. Er befand sich zwischen ihnen, die Hände auf dem Rücken, keine Chance, sich zu wehren.
»Wollt ihr ein Messer?« fragte Clayton.
»Nein.«
»Gut.«
Sie wollten es auf die alte Methode versuchen. Es war zwar nicht ihre Art, aber in anderen Kulturen hatten sich die Blutsauger an ihren Opfern festgebissen.
Die Blicke der beiden Untoten trafen sich. In den Augen leuchtete die Gier.
Sie waren fertig.
Und sie bissen zugleich zu.
Rechts und links trafen die spitzen Zähne die Haut des Opfers, bohrten sich hinein und hindurch, und die Wiedergänger spürten, wie der rote Strom ihnen entgegenquoll.
Gary Ducesse war nur einmal zusammengezuckt, als ihn die Zähne erwischt hatten. Sehr bald schon floß die Kraft aus seinem Körper.
Jacques und Igor hatten freie Bahn.
Clayton ließ den Mann los. Er trat zurück. Er schaute zu, und sein Lächeln zeigte Triumph. Die alte Vampir-Legende hatte auch Jahrtausende später noch Bestand…
***
Wir hatten uns den Weg sicherheitshalber noch beschreiben lassen, denn ein großartiges Suchen konnten wir uns nicht erlauben. Jedem von uns war klar, daß Sheriff Ducesse höchstwahrscheinlich in gewaltigen Schwierigkeiten steckte. Wenn er mit den beiden Blutsaugern zusammengetroffen war, dann würden sie auch an seinen Lebenssaft herankommen, denn Chancen hatte er keine.
Wir fuhren durch ein flaches, winterliches Land, das gar nicht so winterlich aussah. Die Temperaturen lagen bei zwanzig Grad über Null, und im direkten Schein der fahlen Sonne waren sie sicherlich noch um einige Grade höher.
Zwischen den Orten gab es viel Platz. Die weiten Felder lagen da wie flache Matten. In der Ferne schimmerten die Aufbauten einer Raffinerie, und dazwischen lagen Waldstücke wie Inseln auf einem weiten Meer.
Straßen und auch Kanäle durchzogen das Land. Oft genug fuhren wir über Brücken hinweg, und wir sahen auch die hin und wieder einzeln und einsam stehenden alten Häuser. Einige renoviert, aber viele von ihnen wirkten auch verfallen.
Abe Douglas fuhr, ich saß neben ihm und konnte ihn so direkt ansprechen und fragen. »Daß wir es mit Vampiren zu tun haben, ist uns ja nicht neu, aber ich sehe noch immer keinen Grund für einen Mann wie Frank Clayton, einen G-man, dabei mitzumischen. Was steckt dahinter, Abe? Du hast doch sicherlich nachgedacht.«
»Das habe ich auch.«
»Und was ist dabei herausgekommen?«
Er winkte ab. »Nicht besonders viel, wenn ich ehrlich sein soll. Ich weiß einfach zuwenig über Clayton, ich bin hier fremd. Er ist nur durch die Reden seiner Noch-Ehefrau aufgefallen. Sie hat von seinem Doppelleben berichtet. Natürlich ist er kein Vampir, aber er war von diesen Geschöpfen fasziniert, und er muß auch einen Kontakt zu ihnen gefunden haben, den Brüdern Lacourte.«
»Sie sind vorher nicht aufgefallen?«
»Nein, John. Es hat auch keine Vampiropfer gegeben, sage ich mal. Es sind keine gefunden worden, verstehst du?«
»Sicher.«
Er hob die Schultern. »Es war ihr Haus. Sie haben im letzten Jahrhundert darin gelebt. Es brannte ab.« Douglas hob die
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