Vampire Earth 6 - Flug des Adlers

Titel: Vampire Earth 6 - Flug des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. E. Knight

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Auch Silas schaute durch den Sucher, und die Polizisten sorgten dafür, dass sich die Leute hinten etwas weiter verteilten. Dann gaben sie Banner aus, die ausgerollt werden sollten, um den Mangel an Zuschauern zu kaschieren.
    SEATTLE - STADT DER TRÄUME UND DES FORTSCHRITTS, stand auf einem davon. DIE BESTEN UND KLÜGSTEN AN DER PAZIFIKKÜSTE EHREN KUR. Und dann war da noch das ewige UNSERE ZUKUNFT WIRD WIEDER STRAHLEND in nachgemachter Kinderschrift, hochgehalten von uniformierten Angehörigen der Jungen Avantgarde, ein Banner, das Valentine bei jeder politischen Versammlung gesehen hatte, der er in der kurischen Zone beigewohnt hatte. Duvalier hatte stets gesagt, die Versammlungen der Jungen Avantgarde seien so vollgestopft mit hochrangigen Quislingpädophilen, dass auf den Bannern besser stünde Unsere Unschuld wurde wieder geraubt.

    »Warum bringen Sie nicht einfach mehr Leute her?«, fragte Valentine einen der Polizisten. »So machen wir es bei uns zu Hause auch.«
    »Das sage ich auch immer«, entgegnete der Cop. »Man muss den Leuten nur einen Tag freigeben, damit sie herkommen. Dann gibt man ihnen irgendeinen Gutschein für Luxusgüter, wie sie diese schwitzenden Kinder da bekommen. Die wollen den Kuchen gleichzeitig behalten und aufessen. Nicht mal auf zehn lausige Arbeitsstunden wollen sie verzichten. Aber sie geben den Leuten Freitags einen halben Tag frei, damit sie heimgehen und sich die Wiederholungen von den aufgezeichneten Reden ansehen.«
    »Gibt es hier so viele Fernsehgeräte? So was haben wir zu Hause nicht.«
    »Scheiße, ja. In der guten alten Zeit, bevor diese ganzen Kämpfe gegen die Rebellen losgegangen sind, war es hier wirklich nett.«
    »Tut mir leid.«
    Der Polizist senkte die Stimme. »Inzwischen schützt nicht mal so eine Polizeimarke noch sicher davor, ausgewählt zu werden. Ich war zum Beispiel …«
    Laute Musik aus den Lautsprechern auf dem Gerüst unterbrach ihn. Valentine überlegte, ob das Stück, das Silas ausgesucht hatte, von Aaron Copland war.
    Dann begann ein Archon der New Universal Church zu sprechen. Er führte die Leute durch eine Hymne, »Vorwärts menschlicher Fortschritt«, und Valentine schaffte es tatsächlich, sie mitzubrummen; gehört hatte er sie viele Male in der Golfregion.
    Silas’ Limousine fuhr zu dem Gerüst, und er und Troyd stiegen aus. Silas, in einem eleganten Kamelhaarmantel, der vor dem stumpfen Aluminiumton des Metalls umso mehr auffiel, führte Troyd die Treppe hinauf. Oben angelangt
wurde er als »der begabte Xenologe, der so viel dafür tut, unser Ungemach der jüngsten Zeit wieder gutzumachen« vorgestellt. Anschließend ging er ein paar Stufen ohne Geländer hoch, die in Valentines Augen unendlich schmal aussahen. Oben befand sich eine Kanzel, von der aus er, wenn er sich über das Geländer lehnte und den Arm ganz ausstreckte, gerade eine Art Blase erreichen konnte, die auf der Außenseite des Turms hing.
    Silas ergriff das Wort, sprach über kürzlich gewonnene Schlachten, von denen Valentine noch nie gehört hatte, abgesehen von einem kleinen Scharmützel, an dessen Ende die Angreifer, eine SB-Kompanie, sich aus einer ehemaligen Niederlassung der Nationalgarde zurückziehen mussten. So, wie Silas es beschrieb, war es ein zweites Stalingrad.
    Troyd schob seine Hand durch eine schimmernde Wand aus Licht. Als er sie wieder zurückzog, troff etwas von ihr herab, das aussah wie flüssiges Feuer. Er schüttelte es ab und hielt die unversehrte Hand hoch, und an seinem Finger funkelte ein neuer Messingring wie die Venus in einer dunklen Nacht.
    Valentine lauschte mit halbem Ohr den Ansprachen und merkte sich die Schlächterpositionen. Zwei standen am Fuß jeder Treppe.
    Mit sichereren Schritten ging Troyd die Stufen hinab und trat an die Mikrophone. Als die Fernsehkamera ihn im Bild hatte, hielt er eine kurze, stockende Rede, in der er Seattle für seine Großmut und seine Führung dankte. Zugleich wurde am Fuß des Gerüsts ein Spruchband ausgerollt.

29 RINGE WURDEN WÄHREND UNSERES SECHSTEN JAHRZEHNTS AUSGEGEBEN. WAS HINDERT DICH, DIR DEINEN ZU VERDIENEN?

    Als Troyd mit seiner Rede fertig war, trat der Archon wieder an das Mikrophon. Er umklammerte das Geländer und sackte für einen Moment in sich zusammen, aber Silas hielt ihn fest. Mit dieser Unterstützung hob er den Kopf und fing mit rollenden Augen und zuckenden Wangen zu sprechen an.
    »Meine Kinder«, sagte er, und Valentine spürte ein seltsames Kribbeln in Anbetracht seiner