Vampire haben's auch nicht leicht: Argeneau Vampir 5
nur noch anziehender.”
„Also ein rebellischer junger Mann”, sagte Jackie amüsiert.
„Mag sein”, gestand er. „Aber ich habe mich immer vor die Verlierer gestellt. Ohne die Unterstützung von Königen und Adligen wäre das Theater von der Kirche vernichtet worden.” Vincent legte seinen Kopf auf den Rand des Pools und ließ die Füße auf der Wasseroberfläche treiben. „Das Theater war damals etwas Besonderes, es brachte so viel Energie und Aufregung.”
„Und jetzt?”, fragte sie.
„Jetzt.” Er runzelte die Stirn. „Jetzt geht es viel um puren Ehrgeiz und den schnöden Mammon. Nur sehr wenig scheint heute noch originell zu sein, besonders in Hollywood, wo es kaum kreative und brillante neue Stücke und Inszenierungen gibt und man lieber versucht, alte Erfolge noch einmal auszuquetschen.”
Jackie runzelte die Stirn. Er klang müde und enttäuscht, und sie fragte sich, ob Marguerites Befürchtungen vielleicht gerechtfertigt waren. „Wenn Sie von Hollywood so wenig halten, warum sind Sie dann hierhergezogen? Warum leben Sie nicht näher bei Ihrer Familie?”
„Das habe ich mich auch schon gefragt, jedenfalls in letzter Zeit”, gab er zu, dann lachte er. „Um die Wahrheit zu sagen, ich fürchte fast, es war wieder eine Rebellion.”
„Tatsächlich?”, meinte sie überrascht.
„Nun ja, Väter wollen im Allgemeinen, dass Söhne in ihre Fußstapfen treten.”
„Und Söhne rebellieren dagegen”, erwiderte Jackie mit einem dünnen Lächeln, das aber verschwand, als sie hinzufügte: „Ihr Vater arbeitet für den Rat.”
Vincent hob eine Braue, und sie wusste, dass sich in ihrer Stimme etwas von ihrem Zorn gezeigt hatte. Der Rat war ein regierungsähnliches Gremium der Unsterblichen, und die Gesetzeshüter entsprachen in etwa der menschlichen Polizei. Jackie hatte es immer übel genommen, dass Unsterbliche der Ansicht waren, sie stünden über menschlichen Gesetzen, und der Meinung waren, ihre eigenen Gesetze machen und durchsetzen zu können.
Andererseits wusste sie, dass die sterbliche Polizei ihnen auch keine Gesetze der Sterblichen aufzwingen konnte. Die Idee war einfach lachhaft. Sollten Vincent oder ein anderer Unsterblicher zu schnell fahren, mussten sie nur in den Kopf des verfolgenden Polizisten schlüpfen und ihn überzeugen, dass der Beamte ihn gar nicht gesehen hatte.
Und auch für jedes andere Gesetz galt so ziemlich das Gleiche. Nachdem ihr eigener Geist schon manipuliert worden war und sie wusste, wozu Unsterbliche sie auch gegen ihren Willen verleiten konnten, war Jackie klar, wie furchterregend diese Fähigkeit war. Einer von seiner Art konnte wahrscheinlich jemanden vor Zeugen töten und alle vergessen lassen, was sie gesehen hatten. Eine eigene Polizei der Unsterblichen war absolut notwendig.
Zwar wünschte Jackie sich, dass sich die Unsterblichen an alle Gesetze der Menschen hielten, aber weil Unsterbliche so weit verstreut lebten, konnten ihre Gesetzeshüter kaum dafür sorgen, dass sie sich immer an sämtliche Vorschriften hielten. Also hatte man sich auf die wirklich wichtigen beschränkt, wie zum Beispiel Blutbeutel zu verwenden, statt sich von Sterblichen zu ernähren, außer in Notfällen oder aus medizinischen Gründen. Die meisten anderen Gesetze, die sie hatten, sollten vor allem der Überbevölkerung entgegenwirken. So durften sie nur alle hundert Jahre ein Kind bekommen und nur einen einzigen Sterblichen wandeln.
Jackie wusste, dass diese Gesetze unter Todesstrafe eingehalten werden mussten. Und es war kein angenehmer Tod. Nach den Akten ihres Vaters war der letzte Unsterbliche, der mehr als einen Sterblichen verwandelt hatte, in Kalifornien gefunden worden. Man hatte ihn den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt und ihn dann bei Sonnenuntergang geköpft. Zu sterben war wahrscheinlich noch das Angenehmste gewesen. Den ganzen Tag in der Sonne zu liegen, so dehydriert, dass die Nanos anfingen, seine Organe anzugreifen, weil sie das dringend benötigte Blut suchten, war offenbar die wirkliche Strafe gewesen. Laut Bastien gab es keine schlimmere Qual für Leute ihrer Art, und der Mann musste froh gewesen sein, als die Zeit seines Todes nahte.
„Wie viele Gesetzeshüter gibt es?”, fragte Jackie plötzlich. Es war ein Thema, über das sie schon immer hatte mehr erfahren wollen.
„Ich bin nicht sicher”, gab Vincent zu. „Vielleicht ein Dutzend hier in Nordamerika.”
„Wie viele von Ihren Leuten leben hier?”
Er schüttelte den Kopf. „Um ehrlich zu
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