Vampire haben's auch nicht leicht: Argeneau Vampir 5
sein, ich bin auch darüber nicht informiert. Ich nehme an, dass es in ganz Nordamerika etwa fünfhundert gibt.”
„Und in Europa?”
„Einige mehr”, erwiderte er ernst.
Jackie nickte. Sie wusste, dass die Unsterblichen in Europa von einem anderen Rat regiert wurden als dem nordamerikanischen und dass es seit Jahrhunderten Reibungen zwischen beiden gegeben hatte.
Das ging noch bis in die Zeit zurück, als einige Unsterbliche nach Amerika gegangen waren, von der Hexenverfolgung aus Europa vertrieben. Der europäische Rat war der Ansicht gewesen, dass die Emigranten ihm immer noch zu gehorchen hatten, aber die auswandernden Familien hatten andere Probleme gehabt und waren zu der Überzeugung gelangt, dass der europäische Rat sich nicht um ihre besonderen Bedürfnisse kümmerte. Sie wollten sich selbst regieren und ihre eigenen Regeln aufstellen.
Wenn man Bastien glauben durfte, war der Kampf, der dadurch entstanden war, praktisch parallel zum amerikanischen Kampf um die Unabhängigkeit verlaufen, aber auf viel kleinerer Ebene. Am Ende hatte der europäische Rat seine Leute in der Neuen Welt mehr oder weniger abgeschrieben. Es war ihm kaum etwas anderes übrig geblieben, denn keiner von ihnen war in Amerika, um dort die Einhaltung der Gesetze zu überwachen.
Jackie wechselte das Thema. „Wie viel Blut brauchen Sie am Tag?” Diese Frage hatte sie schon immer interessiert.
Vincent zögerte, dann sagt er: „Die meisten brauchen drei oder vier Beutel am Tag. Einige auch mehr. Das ist sehr unterschiedlich.”
„Und Sie persönlich?”, fragte sie weiter. „Wie viele Leute beißen sie am Tag?”
„Inzwischen nur noch einen oder zwei.”
„Und warum brauchen Sie nicht mehr Blut?”
„Es ist nicht so, dass ich weniger brauche, aber.... ” Er zuckte die Achseln. „Ich nehme nur gerade genug zu mir, um zurechtzukommen.”
„Genug, um zurechtzukommen”, wiederholte Jackie und erinnerte sich daran, dass Tiny ihr gesagt hatte, Marguerite glaube, Vincent hätte abgenommen, als sie ihn in New York gesehen hatte. Offensichtlich war „genug, um zu überleben” nicht genug. „Wieso?”
Vincent tat nicht so, als würde er sie nicht verstehen, aber er wich ihrem Blick aus, als er sagte: „Ich fange an, diese Jagd furchtbar lästig zu finden.”
„Lästig?”, fragte Jackie besorgt. Er schien wirklich schlechte Nachrichten zu haben.
„Alles scheint dieser Tage lästig zu sein”, gab er unzufrieden zu. „Sie hatten recht damit, dass ich nie etwas gegessen habe, bis Sie und Tiny hierhergekommen sind. Ich habe vor etwa dreihundert Jahren damit aufgehört. Ich hätte das nicht tun sollen, denn zu essen hilft mir, mein eigenes Blut herzustellen, und dann brauche ich nicht so oft zu jagen. Aber zu essen ist irgendwie langweilig geworden.”
„Essen ist langweilig geworden?” Jackie war immer noch halb überzeugt, dass er Witze machte. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Langeweile der Grund war, wieso Vampire nicht aßen. Es fiel ihr wirklich schwer, das zu glauben. Wie konnte jemand essen für langweilig halten?
Vincent lachte leise über ihre Reaktion. „Ja.”
„Also haben sie aus Langeweile irgendwann aufgehört, Mahlzeiten zu sich zu nehmen?”
Er zögerte, dann sagte er: „Einige hören auf zu essen und andere nicht. Mein Vetter Lucern kam zweihundert Jahre vor mir zur Welt, zu einer Zeit, als Größe und Kraft wichtig waren. Er war ein Krieger, groß und muskulös. Es braucht einiges, um diese Muskelmasse zu erhalten. Er hat immer gegessen und sich darüber hinaus mit frischem Blut versorgt, und wenn er des Essens müde wurde, tat er es trotzdem aus der Notwendigkeit heraus, seine Körperkraft zu erhalten. Meine Cousine Lissianna jedoch hat als Frau keine solchen Sorgen. Als sie vom Essen genug hatte, hat sie einfach aufgehört.... Obwohl sie, seit sie Gregory gefunden hat, auch wieder isst.”
„Und Sie haben sich keine Sorgen um Ihren Körper gemacht?”, fragte Jackie.
Vincent grinste und streckte die Arme aus. „Als ich zur Welt gekommen bin, war es wichtiger, ein geschickter Kämpfer zu sein als einfach nur stark. Wir haben uns mit Degen duelliert oder Pistolen benutzt, die Muskeln von Lucern habe ich nie gebraucht, denn weder musste ich sein Breitschwert schwingen, noch habe ich mir das je gewünscht. Also habe ich einfach aufgehört zu essen, als ich dessen müde wurde.”
Jackie legte den Kopf schief und sah ihn an. Er klang irgendwie, als müsse er ein dünnes
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