Vampire sind die beste Medizin: Argeneau Vampir 9
nichts erkennen.
„Ich habe niemanden gesehen. Bist du dir sicher, dass du nicht bloß geträu.... ?“ Mitten im Satz brach er ab, da er sie im Schein des wenigen Sonnenlichts betrachten konnte, das sich zwischen den Vorhängen hindurch den Weg ins Zimmer bahnte.
Marguerite stutzte angesichts seines seltsamen Blicks, den er über ihr kurzes rosa Nachthemd und dann weiter bis zu ihren rot lackierten Zehennägeln wandern ließ. Und der dann genauso langsam wieder nach oben zurückkehrte und ihre wohlgeformten nackten Beine ebenso erfasste wie ihre Brüste, von denen wegen des großzügigen Ausschnitts zu viel zu sehen war. Dort blieb er schließlich auch hängen, wobei seine Miene einen sorgenvollen Ausdruck annahm.
„Du bist verletzt“, sagte Tiny, nahm ihr Kinn und drückte es sanft nach oben, um ihren Hals besser betrachten zu können. Leise fluchend zog er seine Hand zurück.
„Was ist?“, fragte sie, als er sie am Arm fasste und mit ihr durch den Raum hastete. Sie sah an sich herab. Blut lief auf ihren Busen und wurde dort vom Stoff ihres Nachthemds aufgesogen. Verwundert tastete sie ihren Hals ab, bis sie eine Schnittwunde entdeckte. Offenbar hatte das Schwert sie doch noch erwischt, als sie zur Seite aus dem Bett gerollt war.
„Sag mir, was passiert ist!“, forderte Tiny sie auf und ging mit ihr ins Badezimmer.
„Ich bin aufgewacht, und da stand neben meinem Bett ein Mann mit einem Schwert in der Hand. Er wollte damit nach mir schlagen, und ich habe mich weggedreht, um mich auf den Fußboden zu schmeißen.“ Sie warf einen Blick zurück ins Schlafzimmer, während Tiny einen Waschlappen nahm und ihn unter den Wasserhahn hielt. Das Adrenalin jagte noch immer durch ihren Körper, und mit einem Mal wurde sie von großer durch ihren Körper, und mit einem Mal wurde sie von großer Unruhe erfasst. Sie wollte den Mann verfolgen, der sie im Schlaf angegriffen hatte.
„Nächstes Mal solltest du dich schneller wegdrehen“, meinte Tiny und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich, als er damit begann, das Blut wegzuwischen. Mit finsterer Miene ging er dieser Tätigkeit nach und wurde erst ruhiger, als er das wahre Ausmaß ihrer Verletzung feststellen konnte.
„Ganz so schlimm ist es nicht. Sieht nicht nach einem tiefen Schnitt aus. Die Haut wurde wohl nur angeritzt.“
„Das wird schnell verheilen“, erwiderte sie beiläufig und kehrte an Tiny vorbei zurück ins Schlafzimmer. Sie war nicht daran gewöhnt, dass sich jemand um sie kümmerte, und es behagte ihr auch nicht.
Sie teilte die Vorhänge und schaute nach draußen auf den sonnenüberfluteten Balkon. Niemand hielt sich mehr dort auf, und sie konnte am Geländer auch kein Seil oder etwas anderes entdecken, was erklärt hätte, wie der Angreifer es bis hier oben schaffen konnte. Mürrisch betrachtete sie die Skyline. Sie waren im siebten und damit obersten Stockwerk, also musste der Unbekannte vom Dach auf den Balkon gestiegen sein.
„Er wollte dir den Kopf abschlagen.“
Bei dieser Bemerkung ließ Marguerite die Vorhänge los und drehte sich um. Tiny stand über ihr Bett gebeugt und begutachtete den Schnitt in der Matratze. Allmählich kam wieder Ordnung in ihre Gedanken. Der Angreifer hatte ein Schwert benutzt, also handelte es sich bei ihm eindeutig um einen Unsterblichen. Sterbliche töteten sich gegenseitig für gewöhnlich mit Schusswaffen oder Messern. Wenn sie es auf einen Unsterblichen abgesehen hatten, griffen sie zur klassischen Methode: dem Pflock. Eine Enthauptung mittels Schwerthieb deutete dagegen so gut wie sicher auf einen Unsterblichen als Täter hin.
„Hast du hier in England irgendwelche Feinde, von denen ich nichts weiß?“, fragte Tiny plötzlich und richtete sich auf.
„Das muss mit dem Fall zusammenhängen“, entgegnete sie kopfschüttelnd.
Zweifelnd zog er eine Augenbraue hoch. „Wieso? Wir haben bislang noch gar nichts herausgefunden.“ Marguerite verzog den Mund. Dass sie bislang nicht die kleinste Information über ihren Fall zutage gefördert hatte, gefiel ihr gar nicht. Sie war hergekommen, um Christian Notte zu helfen, einem fünfhundert Jahre alten Unsterblichen, der die Identität seiner verstorbenen leiblichen Mutter in Erfahrung bringen wollte. Anfangs hatte sich das nach einem leichten Auftrag angehört, doch inzwischen war das Gegenteil eingetreten. Seit Christians Geburt war viel geschehen, und er hatte ihnen nur wenige Informationen liefern können. Sie wussten, er war in England zur Welt
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