VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
begutachtet und was die anderen von ihnen halten. Oder nicht?«
»Doch, natürlich. Der Mensch ist an sich ein gehemmtes, unsicheres Herdentier. Das ist genetisch bedingt.«
»Aber Vampire sind nicht so.«
»Unsterblich zu sein verleiht ihnen ein anderes Selbstwertgefühl.« Wieder spähe ich durch das Fernglas. »Wenn man eine ganze Ewigkeit für Selbstfindungstrips zur Verfügung hat, fühlt man sich gleich viel wohler in seiner eigenen Haut.«
Lori schlürft einen Schluck Kakao. »Ist schon irgendwie gut, dass es dich gibt und du sie retten kannst, wenn’s nötig wird.«
Ich schnaube. »Ich kann sie nicht retten. Ich kann lediglich ein paar kosmetische Korrekturen vornehmen, mehr nicht. Bestenfalls kannst du mich mit einer Aloe-Vera-Creme vergleichen.«
»Dafür zu sorgen, dass Travis seine Hand behalten konnte, ist mehr als eine ›kosmetische Korrektur‹. Du hast ihn immerhin von diesem Kreuz losbekommen.«
»Jep. Nur gut, dass er nicht versucht hat, dagegenzupinkeln.«
Beinahe hätte Lori ihre heiße Schokolade in die Gegend geprustet. Sie wischt sich den Mund ab. »Meinst du, das liegt an deiner skeptischen Haltung jeglicher Religion gegenüber?«
»Vielleicht. Aber ich bin auch diesem Erklärungsversuch gegenüber äußerst skeptisch.«
Dieses Mal lacht Lori nicht. »Was würde wohl passieren, wenn du plötzlich wieder zum Glauben fändest? Würdest du dann deine Kräfte wieder verlieren?«
»Ich finde sicher nicht plötzlich zum Glauben zurück.«
»Aber du weißt doch jetzt, dass Vampire existieren. Wie kannst du da weiterhin an nichts glauben?«
»Vampire sind eine sehr alte Spezies, älter als so einige Religionen, die sich ihretwegen in die Hose machen. Mir jedenfalls will nicht in den Kopf, warum an das eine zu glauben mich dazu bringen soll, auch das andere zu glauben.« Ich recke mich und strecke meinen Rücken durch, der mir wegen der über das Fernglas gebeugten Haltung ziemlich wehtut. »Weißt du, ich glaube hinter all dem steckt eine sehr viel größere Wahrheit, als sich diese Leute mit ihrem Scheuklappendenken ausmalen können. Eine Wahrheit, die sich nicht einfach mit einem kleinen Etikett beschriften und in eine Schublade sortieren lässt. Es gibt eine höhere, absolut Bullshit-freie Wahrheit, ganz sicher.«
»Vielleicht hast du deine Kräfte daher – von dieser höheren Wahrheit, oder was immer das ist.« Loris Augen weiten sich, und sie lässt fast den Becher fallen. »Ciara, was, wenn deine Kräfte von Gott kommen?«
Ich lache auf und wende mich wieder dem Fernglas zu. »Du hast sie ja nicht mehr alle!«
»Nein, hör doch!« Sie packt mich am Ellbogen. »Was, wenn Gott – oder von mir aus das Universum oder was – im Geheimen Religionen nicht ausstehen kann, weil Religionen immer bedeuten, dass Gott in eine Schublade gesteckt wird, was dann? Wenn Gott aber nicht in eine Schublade gesteckt werden will, würde Er – oder Sie – sich doch Menschen aussuchen, die das kapieren – so wie dich zum Beispiel.«
»Aha, und dann stattet Er oder Sie deren Blut mit vampirheilenden Kräften aus, ja? Warum sollte der große, große Gott sich ausgerechnet um Vampire kümmern wollen?«
Loris Augen leuchten, diesen Glanz bekommen sie sonst nur bei Akte X . »Gute Frage!«
»Lori, nicht mal ich bin so egozentrisch, dass ich glauben würde, das Universum gäbe auch nur einen Scheiß auf mich! Ich bin ein Mensch wie jeder andere.« Lori hebt eine Augenbraue. »Vielleicht nicht ganz wie jeder andere«, gebe ich daher zu. »Aber du lässt es klingen, als wäre ich eine Wundertäterin. Ich bin nur eine kleine Trickbetrügerin, die sich gefangen hat und versucht, ihren College-Abschluss nachzumachen.«
»Gut, okay. Wenn du es so willst, dann bleib eben was Nicht-Besonderes! Das ist natürlich eine geniale Masche, um niemals irgendwem etwas schuldig zu sein.« Sie blickt auf die Uhr. »Ich bin jetzt dran mit Beobachten!«
Ich nehme ihr den alles andere als netten Seitenhieb durchaus übel, weiß aber nichts darauf zu antworten. Also löse ich die Schrauben am Stativ, um es auf ihre Höhe einzustellen.
Etwas in meinem Blickfeld bewegt sich.
»Warte mal!« Ich drücke meine Augen gegen das Fernglas.
Zwei Gestalten nähern sich dem Kreuz. Sie gehen voller Tatendrang darauf zu; ihr Gang wirkt selbstsicher. Offenkundig dürfen sie dort sein.
»Was ist denn?«, flüstert Lori, als ob man uns noch in achthundert Metern Entfernung hören könnte.
»Zwei Gestalten, dem Gang nach beides
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