VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
»Ah, und du meinst das nicht?«
»Nein.« Abwehrend hebe ich die Hände. »Ich meine, ja! Ich meine: Ich glaube eigentlich nicht, dass es nicht funktioniert.« Ich rutsche näher an ihn heran, dann noch näher, rutsche auf seinen Schoß. »Ich mag es, dass du hier bei mir bist.«
Shanes Schultern entspannen sich. Er schließt mich in die Arme. »So weit, so gut.«
»›So weit‹ ist mehr als alles, was ich an Beziehung bisher kannte.« Zärtlich küsse ich ihn. Dann wird der Kuss leidenschaftlicher. Mein Appetit auf etwas Essbares wird schlagartig in den Hintergrund verbannt. Meine Arme schlingen sich um seinen Hals, und mein Körper fiebert seinem bereits entgegen.
Shane bricht den Kuss ab. »’tschuldigung, aber ich kann jetzt nicht.« Er streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Du hast es sicher schon gemerkt: Mir fehlt ein bisschen Wärme.«
Ich ziehe seine Hand vor meinen Mund und hauche warmen Atem in Shanes Handfläche. »Wir könnten die Heizung höher drehen. Ich habe die Gebrauchsanweisung gefunden.«
Shane schüttelt den Kopf. »Das würde nichts bringen. Mein Blut ist zu dickflüssig. Ich habe seit Thanksgiving nichts mehr zu mir genommen.«
»Thanksgiving? Aber das ist doch schon zehn Tage her! Ich dachte, du müsstest zweimal die Woche trinken.«
»Tja, das passiert schon mal während der Weihnachtszeit.« Er reibt sich die Augen. Jetzt, wo ich darauf achte, bemerke ich, dass sein Blick verschleiert und unstet wirkt, das Gesicht eingefallen. »Alle sind viel zu beschäftigt, um sich von ihrem Blut zu trennen.«
»Aber du könntest Blut von der Blutbank bekommen, oder?«
»Wenn ich muss, ja. Aber ich treffe mich später am Abend noch mit einem Spender.« Shane küsst mir die Stirn. »Danach komme ich sofort nach Hause.«
»Oh, gut!« Ich lasse die Finger an der Knopfleiste seines Hemdes hinunterwandern. Ich freue mich schon darauf, dass er gestählt heimkehrt. Normalerweise ist der Sex, kurz nachdem Shane getrunken hat, der beste.
Ein Zischen, das aus der Küche kommt, holt mich in die Gegenwart zurück – Wasser, das in einem Topf überkocht und auf den heißen Herd spritzt.
»Benutzt du schon wieder den kleinen Topf auf der großen Platte?«, fragt Shane mich. »Dabei können doch die Griffe schmelzen!«
»Reg dich ab! Ich hab’s zu den Akten genommen!« Ich rutsche von Shanes Schoß und haste in die Küche.
»Schalt die Dunstabzugshaube an! Dann werden die Hängeschränke nicht so eingedampft, und der Rauchmelder springt nicht an!«
Brav mache ich, was er sagt, obwohl der Lärm der Abzugshaube das gleich darauf wieder einsetzende Gitarrenspiel überdeckt. Daher dauert es eine Weile, bis ich den Song erkenne: Where Are You Going von der Dave Matthews Band. Ich kann nicht anders, ich muss lächeln. Selbst in den Augenblicken, in denen sein Körper so kalt ist wie jetzt, bewegt Shane sich auf das 21. Jahrhundert zu.
Ich stelle die Abzugshaube auf die niedrigste Stufe, damit ich besser zuhören kann. Um meine Makkaroni mit Käse aufzupeppen, drehe ich mich auf der Suche nach rotem Pfeffer zum Regalbrett mit den Gewürzen um.
Die Gewürze sind nicht in der richtigen alphabetischen Reihenfolge. Ich habe sie nicht durcheinandergebracht, ganz sicher nicht. Und Shane? Warum sollte ausgerechnet er die Döschen nach dem Zufallsprinzip ins Regal stellen? Immerhin gibt ihm etwas alphabetisch zu ordnen das Gefühl, geistig gesund zu sein.
Ich mustere die Etiketten genauer. Der Inhalt von Elizabeths Gewürzregal stammt ganz offensichtlich aus einem Delikatessengeschäft mit Vorliebe für Zweisprachigkeit oder Produkten aus Kanada. Denn auf jedem Etikett steht das jeweilige Gewürz auch in kleinerer Schrift in französischer Sprache unter dem Englischen.
Ah-so, das ist also das neue Ordnungsprinzip! Französisch!
Ich nehme den roten Pfeffer ( poivre rouge ) aus dem Regal und bestreue mein Fertiggericht damit. Ich frage mich, was als Nächstes kommt. Eventuell eine Umgestaltung des Wohnzimmers unter Berücksichtigung der alphabetisch korrekten Reihenfolge, an geraden Tagen im Uhrzeigersinn, an ungeraden dagegen?
Shanes Stimme erhebt sich, erfüllt den Raum zwischen uns. Im Refrain versichert er mir mit David John Matthews Worten, er sei kein Held, aber eines wisse er genau: wo ich sei, dorthin gehöre auch er.
Selbst wenn es ihn offensichtlich in den Wahnsinn treibt.
Am Sonntagmorgen wache ich auf, und es ist vollkommen dunkel. Das ist jetzt der Normalzustand. Unsere
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