VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
Männer, glaube ich. Aber ich kann keine Einzelheiten erkennen. Mach bitte das Fenster auf, damit es wegen der Scheibe keine Verzerrungen mehr gibt!«
Lori beugt sich vor und öffnet das winzige Dachfenster. Wie ein Scheunentor geht es nach außen auf. Sofort kommt ein ganzer Schwall eisig kalter Luft herein. Lori greift sich gleich darauf Travis’ Kamera mit dem Mega-Zoom und robbt auf dem Bauch bis an die eine Ecke des Fensterchens heran.
Ich justiere die Linse des Fernglases neu, kann aber immer noch keine Gesichter erkennen. Die zwei Männer verschwinden zwischen den Bäumen, die den Sockel des Kreuzes umstehen. »Tut mir leid, Jungs. Das Kreuz mag euch nicht mehr!«
Das typische Klicken verrät, dass Lori den Auslöser der Kamera gedrückt hat. Die Kamera surrt und ist augenblicklich wieder schussbereit.
»Wovon hast du ein Foto gemacht?«, frage ich meine beste Freundin. »Wir können die Typen doch gar nicht mehr sehen.«
»Von ihrem Auto und dem Nummernschild daran.«
»Brillant!«
»Ein paar Tricks habe ich von Travis schon gelernt.«
Ich knuffe ihr in den ausgestreckten Unterschenkel. »Ich gehe jede Wette ein, dass du das hast!«
Zuerst reagiert sie nicht. Endlich sagt sie: »Ich weiß, dass dir das mit uns immer noch gegen den Strich geht.«
»Wenn Travis dich wirklich glücklich macht, ist das schon okay für mich.«
Sie dreht sich zu mir herum und lächelt mich an. »Danke!«
»Aber in dem Augenblick, in dem er dir wehtut, versetze ich seine nächste Flasche Bier – und wenn es unser heiß geliebtes hiesiges Natty Boh ist! – mit Weihwasser!«
Gerade in dem Augenblick, in dem die beiden Typen aus dem Wäldchen kommen, schaue ich wieder durch das Fernglas. Einer der beiden gestikuliert wild mit Händen und Armen. Es sieht aus, als würden sie einander anschreien. Lori macht eine Reihe von Schnappschüssen.
»Kannst du ihre Gesichter erkennen?«, frage ich sie.
»Fast.« Sie fummelt an den Einstellungen der Kamera herum. Dann hält sie sie wieder aus dem Fenster. »Oh, verflucht, das wirst du nicht glauben!« Die Blende schließt sich mit einem weiteren Klicken und noch einmal und noch einmal, jedes Klicken ein Foto. »Geh und hol David! Er soll Travis’ Laptop mitbringen!«
Bis David endlich auf den Dachboden hinaufgestiegen ist, sind die beiden Männer in ihr Auto gestiegen und davongefahren. Lori schließt die Kamera an den Laptop an und lädt die Fotos herunter. Dann klickt meine neuerdings fotoversierte Freundin auf die richtigen Ordner und Einstellungen, damit wir uns die Fotos als Diashow hintereinander weg anschauen können.
»Na, sieh mal einer an! Wen haben wir denn da!«, verkündet sie mit Genugtuung.
Ich schnappe nach Luft. »Das ist ja Ned!«
»Ist der andere Mann Kevin?«, will David wissen.
»Nein, ist er nicht.« Ich starre das Foto eines großen, blonden Mannes an. »Ich glaube auch nicht, dass ich den Typen zuvor schon einmal gesehen habe. Aber mein Leben würde ich nicht darauf wetten wollen.«
»Ciara kennt nämlich Unmengen von Typen – Männer, Jungs, alles«, wirft Lori mit einem Kichern ein.
David hüstelt und dreht den Laptop zu sich. »Ich schicke die Fotos an Travis weiter. Er soll auch gleich das Nummernschild überprüfen.«
»Ich hätte da noch eine Idee.« Ich zeige auf die Tastatur. »Schick die Fotos auch an Colonel Lanham! Dann können wir schauen, zu welchen Ergebnissen er kommt. Was beweisen könnte, ob wir ihm trauen können oder nicht.«
David nickt. Aber dabei zieht er ein merkwürdiges Gesicht. »Das funktioniert nur in beide Richtungen. Du müsstest ihm genauso vertrauen wie er uns. Mit anderen Worten: Du müsstest ihm gegenüber ganz aufrichtig sein.«
Oh-oh! Irgendetwas sagt mir, dass David von der Postkarte meines Vaters weiß. Vielleicht hat er sie in dem Bündel Nachsende-Post entdeckt, ganz zufällig. Wäre ja möglich.
Oder vielleicht spricht er auch von Regina und Colins geheimnisvoller Sara. Aber wie könnte David erfahren haben, was an jenem Abend im Outlander passiert ist? Eher unwahrscheinlich also.
Allerdings würde ich David schon gern alles erzählen. Aber wenn ich eine Lektion im Leben wirklich gelernt habe, dann diese: Geheimnisse sollten Geheimnisse bleiben; dafür sind sie gemacht. Ich bin vielleicht nicht immer ganz ehrlich zu meinen Mitmenschen. Aber ich stehe zu ihnen, immer, wenn’s irgend geht. Loyalität wird bei mir großgeschrieben.
Ein einziges Mal habe ich versucht, ganz offen und ehrlich zu sein und
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