VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
und T-Shirt. »Die eine Wache hat dich getroffen.«
»Ja, aber es ist schon so gut wie verheilt.« Er reibt sich über den Bauch und verzieht das Gesicht. »Was bedeutet, dass meine Eingeweide reichlich Schrotkugeln zu verdauen haben.«
Ich betrachte die Verteilung von Blut auf seiner Kleidung, und mein Blick bleibt an einem großen Fleck an Hals- und Schulterpartie hängen. Ich strecke die Hand aus und sage dabei: »Was ist dir denn …«
»Fass mich nicht an!« Shane prallt einen Schritt vor mir zurück und hebt abwehrend die Hände. »Das ist gefährlich für dich!«
»Aber warum?« Er ist ein Vampir; Vampire können keine Krankheiten haben und daher auch nicht übertragen.
»Es ist nicht mein Blut!« Er wendet den Blick ab. »Es ist das Blut von … einem Menschen.«
»Hast du ihn …?«
»Nein!« Shane schüttelt den Kopf. »Jedenfalls glaube ich, dass ich niemanden getötet habe. Ich habe wirklich versucht, mich zurückzuhalten.« Er ballt die Fäuste, und in seinen Augen glitzert wiederentfachte Wut. »Aber sie hatten meine Mom in ihrer Gewalt!« Er blickt hinüber, wo Mutter und Schwester in geliehenen Mänteln beisammenkauern. Dann schlingt er die Arme um sich. »Sie darf mich so nicht zu Gesicht bekommen!«
Schlagartig entweicht mir alle Energie, die noch irgendwo in meinem Körper gespeichert war. Ich muss mich abwenden. Mein Kerl ist eine Tötungsmaschine – oder zumindest eine Verstümmelungsmaschine.
»Wo ist Travis?«, höre ich Shane fragen.
Ich suche seinen Blick. »Er ist tot.«
»Tot?« Shane sieht mich an, als ob er die Bedeutung des Wortes nicht zu begreifen in der Lage ist.
»Verbrannt«, klärt ihn Regina auf, »während er unser beider Leben gerettet hat. Er hat wohl geglaubt, er wäre uns das schuldig.«
»Gottverdammte Scheiße!« Shane birgt das Gesicht in den Händen. »Gottverdammte Scheiße!« Mit ein paar wenigen Schritten steht er vor dem bewusstlosen Benjamin, den Dexter immer noch wie befohlen bewacht. »Das ist alles die Schuld von diesem Schwein!«
»Shane, nein!« Ich stolpere vorwärts. »Bleib weg von ihm!«
Shane macht einen Schritt auf mich zu. »Er hat versucht, dich zu töten. Zwei Mal.«
»Ich weiß. Aber er wird jetzt irgendwo weggeschlossen. Wenn du ihm etwas tust, während er hilflos ist wie jetzt, wird man dich gleich in die Zelle neben ihn sperren.«
»Sie hat recht.«
Wir drehen uns um und sehen Regina. Sie hat Benjamin unter die Achseln gefasst und hochgehoben, so leicht, wie ich einen Laib Brot vom Schneidebrett heben kann.
»Außerdem …«, Regina dreht der Lichtung und den Liga-Agenten den Rücken zu, »gehört der Arsch mir.«
Sie legt die rechte Hand an Benjamins linken Kiefer und reißt seinen Kopf mit einem kräftigen und dennoch wohldosierten Ruck zur Seite. Meinen Protest erstickt das scharfe, kurze Knacken eines brechenden Halswirbels.
Langsam lässt Regina den schlaffen Körper zu Boden gleiten. Dann streicht sie Benjamins Robe glatt. »So ist’s besser.«
Mein Magen gerät – wieder einmal – ins Schlingern. Ich lasse mich auf meine vier Buchstaben fallen und stecke den Kopf zwischen die Knie. Nach allem, was ich habe miterleben müssen, all das Blutvergießen, den Feuertod und die Gewalt, bringt mich dieser simple Akt bewusster Auslöschung von Leben an den Rand dessen, was ich ertragen kann, ohne den Verstand zu verlieren.
»Herr im Himmel! Regina!«, meint Shane nur.
»Wenn die Liga ihn eines Tages wieder auf freien Fuß gesetzt hätte, wäre er noch in derselben Minuten hinter uns her gewesen. Wir haben schon genug Feinde auf dieser Welt!«
Seine Stimme ist getränkt mit Sarkasmus. »Und du hast gerade eben wahrscheinlich jede Menge neue hinzugefügt!«
»Mir doch egal.« Sie blickt zu mir herüber, und ihre Unterlippe zittert verdächtig. Mit der Hand fahre ich mir ins zerschlagene, blutende Gesicht. Sara muss genauso ausgesehen haben, nachdem ihr Gesicht Bekanntschaft mit Benjamins Fäusten gemacht hatte.
Regina starrt auf Benjamins Leiche. »Der jedenfalls tut niemandem mehr weh.«
31
A Long December
Das Hauptquartier der Liga befindet sich in den Bergen Nordvirginias. Im Bauch des aufwändig gesicherten Gebäudes schließt Colonel Lanham eine massive Zellentür aus Stahl auf und lässt mich in einen nackten grauen Raum.
»Engelchen!« Mit Hilfe einer Krücke versucht mein Vater, sich von dem Stuhl zu erheben, auf dem er hinter einem Tisch aus Metall gesessen hat.
»Du brauchst nicht aufzustehen!«, wiegele ich
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