VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
Selbstwertgefühl, noch vermag es meine Libido auf Touren zu bringen.
Eine Minute nach Mitternacht übernimmt nach Monroes Abgang mein Freund die Bühne. Auf dem Weg nach draußen lüpft Monroe den Hut vor der Menge, die ihm zujubelt. Niemand wagt, ihm zu folgen. Wie bei Spencer und anderen älteren Vampiren umgibt Monroe eine Aura der Bedrohlichkeit, die geistig gesundes Volk klugerweise auf Abstand zu ihm hält. Das ist der Grund, warum wir unsere Vampire bitten, in der Öffentlichkeit, wenn möglich, Sonnenbrillen zu tragen.
Shane dagegen ist ganz anders: Er strahlt Menschlichkeit aus. Er winkt seinen Fans freundlich zu, während er sich ans Mikrofon begibt. »Meine Damen und Herren, es ist jetzt offiziell: Mitternacht – jetzt – Halloween!«
Er zieht einen Regler auf, und ein tiefer, hypnotischer Bass grollt aus den Boxen – die ersten Takte von Concrete Blondes Bloodletting . Das Publikum vor der Bühne nimmt den Rhythmus auf, schwelgt in der Musik, stampft, springt, wirbelt herum, bebt, taucht in die Wellen dunkler Magie ein, in die pure Musik, die den Körper mitreißt.
Jemand ruft meinen Namen. Ich drehe mich zu der Stimme um und sehe Lori, die in der Schwingtür zur Küche steht. Sie hält den einen Schwingtürflügel auf.
»Was ist denn los?«, frage ich, während ich ihr in die Küche folge.
Sie lotst mich in den Bereich, wo die Salate vorbereitet werden. Da steht ein schon antiker Gettoblaster auf dem Regal. Lori dreht die Lautstärke hoch. Über das Klappern von Pfannen und das Zischen von Fett hinweg höre ich eine zornige Männerstimme wüten.
»›… und habet nichts gemein mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, bringt sie vielmehr ans Licht‹, wie Paulus den Ephesern schreibt.« Der Sprecher macht eine Pause, damit das Zitat bei seinen Zuhörern auch die ganze Wucht seiner Bedeutung entfalten kann. »Lassen Sie sich nicht von den weltlichen Medien und den Vor- und Grundschullehrern Ihrer Kinder davon überzeugen, Halloween sei ein harmloser Spaß! Ihre Toleranz nämlich ist deren schärfste Waffe in diesem Kampf der Kulturen. Es ist eine Tatsache: Halloween ist ein heidnisches Fest, das die Finsternis und das Böse verherrlicht und all das, von dem Gott will, dass wir es bekämpfen!«
An Lori vorbei werfe ich einen Blick auf den Koch und/oder Spülkraft, der gerade ein paar Burger auf dem Grill anbrennen lässt. Mein Blick wandert weiter zu der weißen Porzellanstatue der Jungfrau Maria, die über die Anrichte wacht. »Seit wann ist Jorge denn ein Wiedergeborener?«
Lori schüttelt den Kopf. »Ne, ganz ohne Quatsch: Das da ist die Frequenz von WVMP!«
»Ach was, unmöglich! Da hat jemand dran rumgedreht und den Sender verstellt.« Ich drehe den fettverkrusteten Knopf und suche nach der richtigen Frequenz unseres Senders. »Vielleicht ist die Antenne nicht mehr richtig ausgerichtet.«
»Das hab ich auch schon probiert! Ich war hier, als es passiert ist, kapier’s doch! Da, gerade eben!« Lori deutet auf die Uhr an der Wand, die jetzt eine Minute nach zwölf anzeigt. »Regina hat gerade ihre übliche Gänsehaut-Ansage gemacht, und dann plötzlich war der Labersack da zu hören!«
Ich drehe den Knopf über das ganze UKW-Spektrum und drehe und drehe, finde aber keine Regina, kein Bauhaus, keine Sex Pistols. Nur das Jesus-Gefasel ist reinzubekommen.
»Ich hol dann wohl besser mal David.«
Im selben Moment schwingt die Küchentür auf; der eine Flügel knallt gegen die rostfreie Stahlspüle. Mein Boss kommt mit großen Schritten auf uns zu, verkleidet als Bruce Springsteen, so ungefähr zu Born-in-the-USA -Zeiten. David hat sein Handy am Ohr. Als er an mir vorbeigeht, kann ich eine Frauenstimme aus dem Empfangslautsprecher kreischen hören.
»Ich rufe zurück.« Er klappt das Handy zu, während er auf das Radio zustapft. Das große rote Bandana-Tuch, das er sich in die rechte Gesäßtasche seiner verwaschenen Jeans gestopft hat, wippt bei jedem Schritt.
»Regina ist nicht auf Sendung«, berichte ich ihm. »Stattdessen so ein Typ, der wegen Satan gerade voll abdreht.«
David sucht die ganze UKW-Skala ab, dreht unablässig am Knopf des Radios. Aber alles, was er hereinbekommt, ist der Herr der Sprücheklopfer.
Leise flucht David vor sich hin. »Regina sagt, sie werde mit Anrufen geradezu bombardiert.«
»Es ist genau um Mitternacht passiert«, wirft Lori jetzt ein.
»Seltsam.« David starrt den Gettoblaster an. »Als ob sich ein anderer Sender auf unsere Frequenz geschaltet
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