Vampire und andere Kleinigkeiten
kann. Es dauerte eine Weile, ehe ich merkte, dass Preston weg war; und obwohl es mir einen Stich ver-setzte, war ich irgendwie auch ein wenig erleichtert.
Ich kannte den Typ schließlich überhaupt nicht, und sogar nachdem wir uns richtig nah gekommen waren und miteinander geschlafen hatten, fragte ich mich doch, wie ein Tag mit ihm allein wohl verlaufen wäre.
Er hatte mir in der Küche eine kurze Nachricht hinterlassen.
»Sookie, du bist unglaublich. Du hast mir das Leben gerettet und mir den schönsten Heiligabend beschert, den ich je hatte. Ich will nicht, dass du durch mich noch mehr Schwierigkeiten bekommst. Aber ich werde nie vergessen, wie großartig du warst - in jeder Hinsicht.« Unterschrieben mit seinem vollen Namen.
Ich fühlte mich verlassen, doch seltsamerweise zugleich auch glücklich. Es war Weihnachten. Ich ging ins Wohnzimmer hinüber, machte die elektrischen Lichter am Weihnachtsbaum an und setzte mich in die alte Häkeldecke meiner Großmutter gehüllt, die noch leicht nach meinem Besucher roch, auf das alte Sofa. Zum Frühstück machte ich mir einen großen Becher Kaffee und aß von meinem selbstgebackenen Bananen-Nuss-Brot. Dann packte ich Geschenke aus.
Und um die Mittagszeit herum begann das Telefon zu klingeln. Sam rief an, Amelia, und sogar Jason meldete sich, nur um »Frohe Weihnachten, Schwesterherz«
zu sagen. Er hatte aufgelegt, noch ehe ich ihm vor-halten konnte, dass er mein Land einfach so zwei Wolfsrudeln zur Verfügung gestellt hatte. Doch als ich noch einmal die höchst befriedigenden Folgen seines Tuns bedachte, beschloss ich, zu verzeihen und zu vergessen - dieses eine Mal jedenfalls. Ich legte die Truthahnbrust in den Backofen, bereitete einen Auflauf aus Süßkartoffeln zu, öffnete eine Dose Cranberrysoße, machte etwas »Cornbread Dressing« und kochte Brokkoli, den ich mit Käse überbuk.
Etwa eine halbe Stunde, bevor mein etwas vereinfachtes Festmahl fertig war, klingelte es an der Tür. Ich trug ein neues hellblaues Veloursensemble aus Hose und Oberteil, ein Geschenk von Amelia, und fühlte mich unabhängig und souverän wie sonst was.
Ich staunte selbst, wie sehr ich mich freute, als ich meinen Urgroßvater vor der Tür stehen sah. Er heißt Niall Brigant und ist ein Elfenprinz. Eine lange Geschichte, aber so ist es nun mal. Ich hatte ihn erst vor wenigen Wochen kennengelernt und konnte nicht behaupten, dass wir uns richtig gut kannten, aber er war eben ein Verwandter. Niall ist etwa 1,85 Meter groß, trägt fast immer einen schwarzen Anzug mit einem weißen Hemd und einer schwarzen Krawatte und hat feines goldblondes, seidig schimmerndes Haar, das länger ist als meins und ihm schon bei der leichtesten Brise um den Kopf weht.
Ach ja, und mein Urgroßvater ist über tausend Jahre alt. Oder irgendwas um den Dreh. Vermutlich ist es ziemlich schwierig, nach all den Jahren noch den Überblick zu behalten.
Niall lächelte mich an. All die winzigen Fältchen, die seine feine Haut überzogen, verschwanden, wenn er lächelte, und irgendwie verlieh ihm das noch zusätzlich Charme. Er hatte einen ganzen Packen Geschenke dabei, ich kam aus dem Staunen gar nicht wieder heraus.
»Komm doch herein, Urgroßvater«, sagte ich. »Wie schön, dich zu sehen! Willst du nicht zum Weihnachtsessen bleiben?«
»Gern«, erwiderte er. »Deshalb bin ich eigentlich gekommen. Auch wenn ich«, fügte er hinzu, »nicht eingeladen bin.«
»Oh.« Ich kam mir furchtbar unhöflich vor. »Ich hätte nie gedacht, dass du überhaupt kommen möchtest. Ich meine, schließlich bist du doch gar kein ...«
Ich zögerte, weil ich nicht auch noch unverschämt erscheinen wollte.
»Kein Christ«, ergänzte er sanft. »Nein, meine Liebe, aber du magst doch Weihnachten, und da dachte ich, ich verbringe es gemeinsam mit dir.«
Das war einfach wundervoll, und ich konnte nicht anders als zu jubeln.
Ich hatte sogar Geschenke für ihn eingepackt, die ich ihm bei nächster Gelegenheit geben wollte (denn ich traf Niall nicht regelmäßig), und so schwelgte ich wirklich in vollkommenem Glück. Er schenkte mir eine Opalkette, und von mir bekam er neue Krawatten (dieses schwarze Ding musste weg) und einen Wimpel der Shreveport Mudbugs mit dem Emblem des Eishockeyteams.
Als das Essen fertig war, aßen wir gemeinsam zu Abend, und meinem Urgroßvater schmeckte alles hervorragend.
Ein wirklich unvergessliches Weihnachtsfest.
Der Mann, den Sookie Stackhouse als Preston kannte, stand im Wald und konnte sehen, wie
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