Vampire's Kiss
der ersten Reihe, um ihr tödliches Spiel zu beobachten, und ich konnte nicht übersehen, dass es ihnen ernst war.
Ich verscheuchte die düsteren Gedanken und setzte eine freundliche Miene auf. Das fiel mir gar nicht so schwer, denn ich hatte eigentlich mit einem Abschied für immer gerechnet, und so freute ich mich echt über das Wiedersehen. »Hey«, sagte ich.
Emma lächelte mich in ihrer stillen Art an. »Selber hey!«
»Zurück von der Front, Genossin?« Yasuo patschte mit der Handfläche auf den freien Stuhl neben sich. »Setz dich – wir werden deine triumphale Heimkehr gebührend feiern.«
Ich schüttelte entrüstet den Kopf. »Was – keine Konfetti-Parade? Kein Siegeskranz?«
»Sieht so aus, als hättest du deine Belohnung gleich selbst mitgebracht.« Yas zog fragend die Augenbrauen hoch. »Ein neuer Vampir-Kumpel?«
Ich versteifte mich. Hatte er den Bund irgendwie gespürt? Was wussten die beiden? Wir wechselten einen Blick, und dann entspannte ich mich. Sie wussten nichts. Natürlich nicht – wie sollten sie auch?
Ich setzte ein zwangloses Lächeln auf. »Yeah«, sagte ich. »Car– Master McCloud ist okay.«
Yasuo war mein Versprecher nicht entgangen, und er grinste mich wissend an.
Aber seine Miene wurde mit einem Schlag ernst, als Emma verkündete: »Der sieht ja echt spitze aus.«
Ich zuckte lässig mit den Achseln, aber innerlich fuhr ich die Krallen aus. War es Eifersucht, die mich so genervt reagieren ließ? Wie auch immer, ich fand es abartig, und es gefiel mir ganz und gar nicht. Yas runzelte die Stirn. »Wer sieht spitze aus? Dieser Vampir vielleicht?«
Emma nickte.
»Ich fasse es nicht!« Yas schüttelte mit gespieltem Entsetzen den Kopf. »Der Typ läuft mit einem schwarzen Röckchen durch die Gegend.«
»Das ist ein Kilt«, korrigierte ich, ohne eine Miene zu verziehen.
Er stützte sich auf beide Ellenbogen und sah mich an. »Das ist ein Rock .«
Ich ging jetzt in die Defensive. Meine Gefühle waren unerklärlich intensiv und außer Kontrolle, als bekäme ich gleich meine Tage oder so. Ich faltete meine Serviette in winzige Quadrate und machte auf gleichgültig. »Was immer es sein mag, das Teil sieht heiß aus.«
Emma nickte wieder, aber das mutwillige Blitzen in ihren Augen verriet mir, dass sie ihren heißgeliebten Vampir-Anwärter nur ein wenig auf die Palme bringen wollte.
Aber Yas ließ sich nicht provozieren. »Was immer es sein mag«, meinte er mit einem Achselzucken.
Meine Anspannung verflog, und ich machte ihn lachend nach. »Was immer es sein mag.«
Der kritische Augenblick war vorbei, aber ich blieb kribbelig. Ronan hatte mich einmal gewarnt, dass eine zu hohe Dosis Vampirblut unberechenbar machte. Was geschah wohl erst, wenn ein Mädchen direkt an der Quelle trank? Denn ich wusste, dass ich mit diesem Kuss etwas von Carden in mir aufgenommen hatte.
Ich wechselte das Thema, um die düsteren Gedanken abzuschütteln. »Hey, ihr solltet mir dankbar sein. Auf dieser Insel wurde es allmählich langweilig. Da konnte ein wenig Pep nicht schaden, oder?«
»Wir warten immer noch auf deinen Bericht«, sagte Yasuo. »Wohin ging die Reise?«
»Und welchen Auftrag musstest du erledigen?«, setzte Emma hinzu.
»Es war eine geheimnisvolle und aufregende Mission«, sagte ich mit übertrieben unnahbarer Stimme. »Während hier vermutlich wieder gar nichts passierte.«
Sie tauschten einen vielsagenden Blick, der mich in die Wirklichkeit zurückbrachte. Ich kannte diesen Blick nur zu gut.
Ich holte tief Luft. »Was ist los?« Sie sahen sich stumm an, und so fragte ich noch einmal: »Was ist los?«
Yas wandte sich an Emma. »Wenn du es ihr nicht erzählst, tue ich es.«
»Schon gut, schon gut.« Ihre Miene wirkte seltsam mitleidig. »Es geht um Josh.«
Mein Nacken begann zu kribbeln, und eine Gänsehaut lief mir über den Rücken. Hatte Josh dafür bezahlen müssen, dass er mich beschützt hatte? Ich vergrub den Kopf in beiden Händen. »O Gott.«
»Keine Sorge«, warf Emma rasch ein. »Er ist wieder okay.«
»Was heißt, er ist wieder okay? Was ist ihm zugestoßen?«
Yas deutete mit dem Kinn zum Haupteingang. »Das kann er dir gleich selbst erzählen.«
Josh humpelte auf uns zu, und eine heiße Woge der Erleichterung vertrieb meine Gänsehaut.
Als er jedoch näher kam, sah ich, dass er von Schrammen und Flecken übersät war. Übersät.
Schorf in sämtlichen Schattierungen bedeckte das unbekümmerte, immer gebräunt wirkende Gesicht. Die Verletzungen reichten bis
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