Vampirnacht
heiraten will, und ich sage
nein?
«
»Aber sie hat dich nicht gefragt, ob du sie heiraten willst. Und sie will, dass du das Kind mit großziehst.« Ich neigte den Kopf zur Seite. »Moment mal. Sie will dich doch nicht außen vor lassen, oder?«
»Nein, das ist es nicht. Sharah hat gesagt, ich könne mich so viel einbringen, wie ich will.« Er sah so bedrückt aus, dass ich mich wirklich fragte, was dahintersteckte.
»Also, dann sag mir noch mal, wo das Problem liegt. Liebst du sie?«
Jetzt errötete er, und Camille warf mit sanfter Stimme ein: »Vielleicht ist das Problem, dass Sharah ihn beleidigt hat, indem sie damit angedeutet hat, er wolle sich nicht einbringen.«
Chase rutschte unbehaglich auf dem Sitz nach vorn und machte ein finsteres Gesicht. »Genau! Ich bin nicht mein Vater. Ich bin kein Versager, und ich werde mich nicht einfach verdrücken. Und da sie sich dafür entschieden hat, das Baby zu bekommen, habe ich verdammt noch mal vor, für das Kind da zu sein und dafür zu sorgen, dass es auch seine menschliche Herkunft und Kultur kennt!«
Die Worte sprudelten so heftig aus ihm hervor, dass ich erst dachte, er sei sauer, aber der verletzte Ausdruck auf seinem Gesicht sprach Bände. Chase fürchtete, dass jemand auch nur
glauben
könnte, dass er je daran denken würde, sein Kind im Stich zu lassen. Er ertrug es nicht, als jüngere Ausgabe seines verschwundenen Vaters betrachtet zu werden – des Vaters, den er nie kennengelernt hatte. Seine Kindheit hatte wirklich tiefe seelische Narben hinterlassen. Die Situation mit Sharah wirbelte offensichtlich alte Angst und Wut aus seiner eigenen Vergangenheit auf.
Ich fuhr meine Fangzähne ein. »Wir wissen, dass du niemals dein Kind im Stich lassen würdest, Chase. Und Sharah weiß das auch. Niemand, der dich kennt, würde dir zutrauen, dass du dich verpisst.«
Ich wollte schon den Arm ausstrecken und seine Hand tätscheln, ließ es aber lieber sein. Ich war einfach nicht der Trostspender-Typ, und das wusste er. Stattdessen fing ich seinen Blick auf und hielt ihn gefangen. Ich konzentrierte mich ganz auf ihn und befahl ihm wortlos, sich zu entspannen. Es war nicht höflich, unseren Feen-Glamour bei Freunden einzusetzen, aber manchmal war es wichtiger, das Notwendige zu tun, als sich ethisch korrekt zu verhalten.
Einen Augenblick später entspannte er sich sichtlich, atmete ruhiger und lehnte sich in der schaukelnden Kutsche zurück.
»Glaub nicht, ich hätte nicht gemerkt, was du gerade getan hast«, sagte er leise. »Aber danke. Delilah weiß, dass Sharah es noch niemandem erzählt hat, also wird sie auch nichts sagen. Wir haben gestern Abend am Telefon darüber gesprochen.«
Chase und unsere Schwester hatten mal eine Beziehung gehabt, die leider den Bach runtergegangen war. Jetzt waren sie beide neu liiert, beide viel glücklicher, und sie hatten ihre Freundschaft gerettet.
Die Kutsche neigte sich leicht, und Camille spähte auf die abendlichen Straßen hinaus. »Wir sind gleich da.« Sie strich ihren Rock glatt, zückte eine Puderdose und kontrollierte im Spiegel, ob ihr Make-up in Ordnung war.
»Darf ich auch?« Nicht zum ersten Mal wünschte ich, ich könnte mein verdammtes Make-up selber kontrollieren, aber das war eben unmöglich, also schluckte ich meinen Stolz herunter und bat um Hilfe. Sie beugte sich vor und strich mit dem Pinsel ein wenig Puder auf mein Gesicht.
»So kannst du reingehen. Du siehst toll aus.« Sie zwinkerte. »Nicht, dass der Königin so etwas wichtig wäre, aber …«
»Aber es gehört sich nicht, im Gammel-Look vor königlichen Hoheiten zu erscheinen.« Die Kutsche hielt mit einem Ruck, die Tür wurde geöffnet, und der Kutscher half uns heraus. »Dann sehen wir mal, was für schlechte Neuigkeiten uns erwarten.«
»Ich will es gar nicht wissen.« Camille warf mir ein schiefes Lächeln zu, und der Kutscher packte sie um die Taille und schwang sie auf den regennassen Weg hinab. »Aber da haben wir wohl keine Wahl.«
Als Delilah und die anderen sich uns angeschlossen hatten, führte Trenyth uns in den Palast der Elfenkönigin.
Die Sterne am Himmel glitzerten. Sie waren wunderschön, aber ich sah immer nur die Sterne, den Mond und Wolken vor dem Nachthimmel. Manchmal kam es mir so vor, als wäre Sonnenschein zu einem Mythos geworden – etwas, das ich mal im Traum gesehen hatte, einem schönen, aber flüchtigen Traum. Für mich gab es nur noch das Licht der Sterne.
Der Palast der Elfenkönigin ragte in schimmerndem
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