Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
zu mir! Komm runter zum Fluss, ich muss mit dir reden! Sofort! Das Entsetzen in ihrer Stimme war geradezu greifbar, der verzweifelte Drang, ihn abzulenken, schwang darin mit. Doch Harry hatte nicht vor, sich ablenken zu lassen. Er schirmte seinen Geist ab, insbesondere gegen seine Mutter, und sperrte sie einfach aus. Allerdings standen weitere Kanäle nach wie vor offen ...
    Harry? (Das war Sir Keenan Gormley, und er klang mindestens ebenso außer sich wie Harrys Mutter.) Was, zum Teufel, treibst du da, Junge? Willst du dich umbringen?
    »Nein«, erwiderte Harry. »Ich versuche lediglich, zu mir selbst zu finden! « Damit sperrte er auch Sir Keenan aus.
    »Hübsch ist ihr Name, finster ihr Drang.
    Sie hat die Wahl und doch auch wieder nicht ...«
    Hey, Necroscope! Mann, du hast vielleicht Feinde! , meldete R. L. Stevenson Jamieson sich zu Wort. Aber im Moment bist du dir selber dein schlimmster Gegner! Merkst du denn nicht, dass wir dir bloß da raushelfen wollen?
    »Oh«, ließ Harry sich darauf ein. »Okay, dann hilf mir da raus. Du weißt doch, wo sie stecken, R. L., oder? Meine Feinde! Etwa in der Madonie, in den sizilianischen Bergen? Und was ist mit Tibet? Oder hier oben in den Highlands? Na, wird es langsam heiß, R. L.?«
    Stimmt alles, Necroscope! Und sie wissen über dich Bescheid, Mann!
    »Das heißt, dass ich es überhaupt nicht wagen darf aufzuhören. Ich muss auf jeden Fall in Erfahrung bringen, wer sie sind. Und zwar jetzt, sofort, ehe sie alle über mich herfallen!«
    Aber die Gefahr wird noch viel größer, wenn du es weißt, Harry! Viel größer, Necroscope! Das sagt jedenfalls deine Mutter.
    »Am allergefährlichsten ist es, wenn ich gar keine Ahnung habe. Raus mit dir, R. L.!« Damit sperrte er auch ihn aus.
    »Sie sind von einem Blut, sie alle
    leben von Blut und von den Leben,
    die sie nehmen. Ihr Sturz ist möglich
    durch Feuer, Pfahl und Schwert!«
    Wamphyri!
    »Sie ist die Zofe, die über ihres Gebieters Zwinger wacht,
    Sein Schloss, eine Höhle, hoch oben in den Bergen.
    Gelb glüht sein Sarg,
    in dem er schläft, anstatt zu sterben.«
    Radu! Radu Lykan! Ein Wolfsschädel, vor der aufgedunsenen gelben Scheibe des Vollmonds zu einem lang gezogenen Heulen in den Nacken gelegt ...
    Harry hatte seinen Geist abgeschirmt und die verzweifelten Stimmen seiner zahllosen toten Freunde ausgeschlossen. Er war allein mit sich und seinen Gedanken, wie sinnig oder unsinnig diese auch sein mochten. Die beiden Hälften seiner Psyche waren im Begriff, wieder miteinander zu verschmelzen. Vor dem inneren Auge seines sich auflösenden Geistes rauschten in wildem Durcheinander Nostradamus’ Vierzeiler und auch einige, die der Necroscope selbst ersonnen hatte, vorbei, und plötzlich sah er folgende Verse:
    ... Einst herrschten seine Formeln hier
    und Welten prallten aufeinander.
    Nun hat der Magier keine Zahlen mehr
    und auch sein Geist ist damit ... leer!
    Mit einem Schlag war Harry alles klar, zumindest glaubte er dies: Er war verrückt. Für ihn gab es keine Realität. Was real war, war unwirklich, vielleicht sein ganzes Leben! Zu viele Leute hatten sich an seinem Geist zu schaffen gemacht – und gemeinsam hatten sie ihn vollkommen verpfuscht.
    »Es ist vollbracht«, sagte Harry mit der Stimme eines kleinen Jungen und einem beinahe frohen Aufseufzen. Das Einzige, was er nun noch wollte, war ein sicherer Ort, an den er sich zurückziehen konnte, wo er nichts tun und nicht mehr ... zu denken brauchte.
    Im Sanatorium von Oakdeene pochte ein weiß gekleideter Pfleger mit ungläubigem, besorgtem Gesichtsausdruck eindringlich an die Tür des Direktors und trat ein, noch ehe Dr. Quant auch nur den Kopf von dem Papierkram auf seinem Schreibtisch zu heben vermochte. »Sir ...!«, platzte es aus dem bislang durch nichts aus der Ruhe zu bringenden Pfleger heraus. Doch das war auch schon alles. Er rang nach Worten.
    »Willis?« Quant war eine gedrungene, untersetzte Erscheinung. Er strich sich ein paar Strähnen seines allmählich schütter werdenden Haares hinter die kleinen Ohren zurück und blickte den untersten seiner Untergebenen durch dicke Brillengläser hindurch an. »Ich nehme an, es gibt einen guten Grund, dass Sie so unverhofft hier eindringen?«
    »Eindringen«, nickte dieser. Dabei hüpfte sein Adamsapfel auf und ab. »Ein Insasse ... ein Eindringling. Und Sie haben doch Bereitschaft, Sir.«
    »Ja«, seufzte Quant und stand auf, erhob sich zu seiner vollen Größe von ein Meter sechzig. »Das trifft sich

Weitere Kostenlose Bücher