Vampirzorn
wie wild drauflos, jagten Salve um Salve ins Leere und schossen Löcher in die wabernden Dunstschwaden.
»Wurde der Landrover von irgendetwas getroffen – oder war es Sabotage?« Marios Mund, der ohnehin nur ein schmaler Schlitz war, stand offen.
»Sabotage?« Antonios Gesicht war aschfahl vor Wut. »Sabotage? Das letzte Mal, als dieser Bastard hier war, das war Sabotage!«
Er ist hier!, erscholl ein verzweifelter Schrei in Antonios Geist. Hier, hier unten, unter der Manse Madonie! Vor einem Moment jedenfalls war er noch da.
»Angelo! Angelo, bist du dir sicher?«
Ja, ja, ganz sicher. Und ich weiß, was er getan hat. Leb wohl, mein Antonio. Lebe wohl, mein lieber, guter Toni ...!
Zwei weitere Fahrzeuge rasten durch den Torbogen, schafften es aber nicht weiter als bis zu dem Landrover. Dann wurde ein Haufen heißes, ineinander verkeiltes Metall durch die Luft geschleudert, und eine Feuerlanze stach in die Nacht.
»Dagegen kommen wir nicht an«, knurrte Antonio. »Verdammt – wir haben nichts, wogegen wir kämpfen können!« Seinem Gefühl folgend rannte er ins Innere, riss eine Schublade an seinem Schreibtisch auf und drückte einen Knopf.
An sechs verschiedenen Stellen – manche tief, andere nicht ganz so tief – unter seinen Füßen, unter der Manse Madonie wurden Zeitzünder aktiviert und ein Countdown gestartet. »Noch zwei Minuten!« Antonios Gesicht zerbrach in ein unkontrolliertes Grinsen, das zugleich ein Knurren war oder was auch immer; aus seinem Zahnfleisch schoss Blut, während sich dolchartige Zähne hindurchbohrten, und seine Zunge schien sich mit einem Mal endlos aus seinem Hals zu winden. »Glaubst du«, würgte er unter diesem unglaublichen, schlangenartigen Ding hervor, »... ich meine, glaubst du ... wir schaffen es in zwei ... in nur zwei Minuten zum Hubschrauber, Mario?«
Mario rannte los – zum Helikopter natürlich, aber auch weg von Antonio, aus dessen Gemächern, die breite Treppe hinab und hinaus auf den Innenhof. Sein Gebieter folgte ihm in fließenden, gleitenden Bewegungen, mitunter beinahe zusammenbrechend und dann wieder neu Gestalt annehmend, lachend, in weit ausgreifenden Sätzen.
In der Nähe der Felsnase, hinter der Radu sich verbarg, trat Harry wieder aus dem Möbius-Kontinuum, und sofort kam der Hunde-Lord angerannt. »Alles erledigt, Necroscope?«
»Ich denke schon«, nickte Harry. »Aber von dort oben haben wir einen besseren Überblick.« Sie rannten zurück zu den Felsen, und in zwei Sätzen war Radu oben. Harry kletterte ihm nach, und als er hochblickte, sah er eine gewaltige Pranke, die der Hunde-Lord ihm entgegenstreckte. Ein glühendes Augenpaar verfolgte jede seiner Bewegungen.
»Verbündete«, brummte Radu. »Für den Moment, Harry?« Harry griff nach der dargebotenen Pranke, und der Hunde-Lord zog ihn hinauf.
Die gesamte Manse Madonie war hell erleuchtet. Schüsse hallten sinnlos durch die Nacht. Scheinwerfer ließen ihren Strahl über das Plateau schweifen, als erneut ein Fahrzeug – diesmal die überlange Limousine der Francezcis – durch den Torbogen glitt. Mit einem Grunzen drückte der Hunde-Lord den vorletzten Knopf der Fernbedienung, die der Necroscope ihm gegeben hatte. Das Dach des Wagens wurde weggerissen und seine Flanken brachen auseinander, während die Explosion sich zu einem regelrechten Feuerball ausweitete. Ein einsames Rad prallte auf die Erde und wurde weggeschleudert, eine verzogene Achse überschlug sich träge in der aufwärts strömenden Luft. Alles geschah wie in Zeitlupe – und nahm plötzlich an Geschwindigkeit zu. Verbeultes Blech regnete zu Boden, weitere Bruchstücke trieben brennend hoch oben in der Luft.
Harry nickte und sah auf seine Uhr. »Ich habe keine Ahnung, wie viel wir davon mitbekommen werden. Vom eigentlichen Knall vielleicht gar nichts. Aber in etwa jetzt müsste es ... so weit sein.«
Sie spürten ein leichtes Beben unter ihren Füßen. Ein ganzer Abschnitt der Außenmauer der Manse Madonie gab nach und stürzte ein. Staub erhob sich aus einem zerklüfteten Spalt, der sich mit einem Mal in der Erde auftat und wie eine Bisswunde im Zickzack vom einen Rand des Vorgebirges bis zum anderen reichte. Mittendrin lag das weit ausgedehnte Herrenhaus mitsamt seinen Mauern. Die Lichter wurden immer schwächer, erloschen schließlich, und auf den Wällen wurden besorgte Rufe laut. Ameisenhafte Gestalten wankten darauf umher.
»Verdammt!«, sagte Harry. »Wie es aussieht, hat Humph sich geirrt.«
In ebendiesem Moment
Weitere Kostenlose Bücher