Vampirzorn
schwache Frau erwiesen hatte, sollte er, John, sein engster Vertrauter sein.
Es war nicht ihre Schuld, dessen war John sich sicher. (Er legte die Stirn in Falten und machte sich Gedanken um seine einstige kleine Mistress.) Wahrscheinlich lag alles nur an diesem Harry Keogh, aye! Ah, aber auch für den hatte der Hunde-Lord Pläne. In nur vier Monaten würde er wiederauferstehen, und dann würden sie sich schon um diesen Harry kümmern! Und B. J. machte sich Sorgen darüber, dass John bloß nicht in Kontakt mit ihr trat! Nun, das hatte er auch nicht vor. Radu hingegen schon, dessen durfte sie gewiss sein!
In drei Monaten, von nun an gerechnet – in nur dreizehn Wochen, mehr nicht –, würde sie seinen Ruf vernehmen, jenes lautlose Geheul in ihrem Kopf, das sie wie ein Magnet anzog. Dann sollte sie ihre Anweisungen erhalten, aye. Und einen Monat darauf würde der Kerl, der sie vom rechten Weg abgebracht hatte, seine ... Quittung bekommen!
»Was für eine Wunde denn?« Harry hatte doch das ein oder andere mitbekommen.
»Hmm?« B. J. blickte ihn an.
»Du sagtest, er solle sich um seine Wunde kümmern!«
»Er hat sich an der Felswand einen Schnitt zugezogen«, log sie.
»Oh?«
»Jetzt reden wir richtig miteinander. Das wolltest du doch?« Sie fing an, ihre Bluse aufzuknöpfen. Es gab nämlich auch andere Wege, einen Mann zu betören beziehungsweise seinen – oder auch ihren – Schmerz zu lindern.
»Sag du es mir!«
»Na gut, du kannst jetzt wieder ganz normal denken und sprechen.« Prompt war er wieder er selbst, hinter den warmen Augen verbarg sich ein kaltes, berechnendes Gehirn.
»B. J., ist damals, als wir oben in den Highlands waren, irgendetwas vorgefallen? Wir sind zum Alten John hoch nach Inverdruie gefahren, um zu klettern und zu jagen, und dann hast du das Ganze abgeblasen. Und letztes Wochenende hast du die Tour schon wieder verschoben. Nun ja, gut, schließlich haben wir jetzt Winter – aber was war letztes Mal los?«
»Hast du die Zeitung gelesen, Harry?«
»Nein.« (Dafür war damals, vor drei Monaten, das E-Dezernat an ihn herangetreten wegen einer komischen Sache oben bei ihm in der Gegend.) »Warum? Stand etwas drin, was ich hätte lesen sollen?«
B. J. schüttelte den Kopf. Sie hatte den Vorfall aus seinem Bewusstsein gelöscht und wollte nicht, dass er sich wieder daran erinnerte, was er offensichtlich gerade versuchte.
»Hast du in letzter Zeit schlecht geträumt, Harry? Am Telefon sagtest du so etwas.«
»Träume, verdrängte Erinnerungen ... eine innere Unruhe, nur so ein Gefühl, das ich nicht einordnen kann.« Er zuckte die Achseln – verzweifelt, kam es ihr vor. »Du kannst es dir aussuchen.« Und aus heiterem Himmel fügte er hinzu: »B. J., weshalb bist du nicht offen zu mir?«
»Offen?« Mittlerweile hatte sie sich ihrer Bluse entledigt, und ihre schwellenden Brüste reckten sich ihm entgegen. Beinahe automatisch streifte sie auch ihren Rock ab. »Wieso fragst du nicht einfach, und ich sage dir, was du wissen möchtest?«
»Ich weiß noch nicht alles, oder?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Ich darf dir nur sagen, was er mich lässt.«
»Radu?«
»Der Hunde-Lord, ja.«
»Aber er ist ein Lügner!«, platzte es aus Harry heraus. Mit einem Mal klang er hart und voller Hass. »Er ist ein Wamphyri, und die lügen doch allesamt!«
Abermals war B. J. verblüfft. »Aber ... habe ich dir etwa erzählt, dass ... dass er ein Wamphyri ist?« Hatte sie es ihm tatsächlich erzählt? Nun, was denn sonst, damals, als sie ihm »erklärt« hatte, worin ihr Ziel bestand – und welche Rolle Harry dabei womöglich spielen könnte. Sie war lediglich überrascht von seiner heftigen Reaktion und seinem wissenden Blick, das war alles. Aber verdammt noch mal, sie konnte sich nicht daran erinnern, ihm erzählt zu haben, dass die Wamphyri allesamt Lügner seien!
B. J. konnte es zwar nicht ahnen, aber auch Harry war einigermaßen verwirrt. Fast wäre er über seine eigene Zunge gestolpert und hätte sich damit um ein Haar verraten. Denn der Necroscope war beileibe nicht der Einzige, der »noch nicht alles wusste«. Es gab auch ein paar Dinge, die er B. J. noch nicht gesagt hatte, nicht sagen konnte.
»Ja«, antwortete er. »Du hast es mir gesagt. Radu ist ein Wamphyri – ein Großer Vampir – und er hat Feinde, die seine Auferstehung verhindern wollen: die Drakuls und die Ferenczys. Und außerdem hast du mir noch gesagt, dass sie durch und durch verlogen sind.«
Sie nickte. Bei sich dachte
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