Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
kriegen, George, das sollten Sie! Damit werden Sie nicht das Geringste spüren. Später vielleicht, aber vorerst noch nicht, nicht im Augenblick!«
    Er brachte das unheilvoll surrende Gerät an den Tisch und zeigte es Ianson – die sich rasend schnell drehende, silbrig glänzende Scheibe einer chirurgischen Kreissäge! Doch als McGowan den grauenhaften Apparat, über die erstarrte Miene seines Opfers grinsend, näher hielt, war Ianson weitaus faszinierter und auch entsetzter über den Ausdruck auf dem Gesicht des kleinen Tierarztes, das sich in dem glitzernden, rotierenden Sägeblatt spiegelte: Oh, es war immer noch McGowan, keine Frage, das Gesicht des alten Angus, allerdings war es kaum noch menschlich zu nennen. Übermenschlich etwa? Oder eher unmenschlich?
    Die gewundene Schnauze mit dem klaffenden Maul und dem gerippten Schlund, der ebenso rot war wie das Innere von McGowans tierhaft gelben Augen! Und erst die Zähne – keineswegs mehr makellos, sondern vielmehr wie scharfe Glassplitter, die aus dem blutigen Zahnfleisch sprossen. Hinter den Zähnen zuckte eine grässliche, tief gespaltene Zunge wie eine verkrüppelte Eidechse hin und her!
    »Na, dann wollen wir doch mal sehen, ob Sie ein kleines Rätsel lösen können«, krächzte McGowan, während er aus Iansons Blickfeld verschwand und das Surren der Säge zu einem zähen Vibrieren wurde, das der Inspektor eher ahnte (oder vielmehr fühlte?) als hörte. Es schien ihn geradezu körperlich durchzuschütteln, und seine ohnehin schon stark beeinträchtigte Sicht verschwamm womöglich noch mehr. »Wo findet man wohl einen Polizeiinspektor ohne Arme und Beine, he?«
    Das Vibrieren hörte auf, und McGowans Gesicht kehrte allmählich wieder in Iansons Blickfeld zurück ... nun allerdings von roten Spritzern übersät; die Säge begann von Neuem zu sirren und versprühte einen feinen, rosafarbenen Nebel! »Was?«, grinste McGowan. »Jetzt erzählen Sie mir bloß nicht, Sie hätten schon aufgegeben!«
    Doch ebendies hatte Ianson. In dem Augenblick, als er das bluttriefende Etwas erkannte, das McGowan in die Höhe hielt, war er ohnmächtig geworden. Sodass er nie erfuhr, welche Lösung der kleine Mann für sein eigenes Rätsel bereithielt, als dieser das weiß glühende Eisen holte, um den ersten der Stümpfe zu kauterisieren:
    »Na, natürlich da, wo man ihn liegen ließ ...!«

TEIL ZWEI: DIE WEITEREN MITSPIELER

ERSTES KAPITEL
    DAHAM DRAKESH
    In dem albtraumhaften Keller in Edinburgh, Schottland, war es kurz nach sechs. Über elftausend Kilometer entfernt hingegen, auf dem Tingri Plateau in Tibet, war Mitternacht bereits verstrichen, und die in ihren Umlaufbahnen erstarrten Sterne wirkten so nah, als könne man sie ohne Weiteres vom Himmel pflücken. So jedenfalls schien es Daham Drakesh, Wamphyri und letzter Drakul, als er, hochgewachsen und mager wie ein Skelett, auf dem Dach des sogenannten »Klosters Drakesh« stand, das in Wirklichkeit seine Feste war.
    Die von der Hochebene herüberwehende Brise bauschte sein rotes Gewand hinter ihm. Er befand sich – in die Kontemplation oder vielmehr Anbetung der Nacht versunken – auf der hohen Schädelkuppe eines monolithischen Kopfes, dessen Gesicht im Windschatten eines nackten Berghanges aus dem Fels gehauen war. Das gähnende, vielleicht auch zu einem Schrei geöffnete Maul war zwar gewaltig, aber bloß Fassade, denn die weit aufgerissenen Kiefer stellten lediglich den Eingang zu dem eigentlichen Höhlenkomplex dar.
    Der Bau im Innern war ein vielgeschossiges Labyrinth aus Tunneln, Lagerräumen, Unterkünften und ... weiteren, düstereren, noch geheimnisvolleren Gängen und Gemächern. Letztere, hauptsächlich in den unteren Geschossen angesiedelt, waren dem Großteil der Bewohner der Feste verboten. Außer Daham Drakesh persönlich, dem Hohepriester sozusagen, durfte niemand sich straflos dort aufhalten. Selbst die ältesten, vertrauenswürdigsten und erfahrensten Leutnante begaben sich nur widerwillig, und falls doch, dann nur äußerst vorsichtig, dorthin.
    Mithilfe von Sklavenarbeit – Frondiensten der in einer nahe gelegenen, ummauerten Stadt »rekrutierten« Vampirknechte – hatte es alles in allem etwa fünfzehn bis zwanzig Jahre gedauert, die Anlage, die Feste, zu errichten. Vor fast siebzig Jahren war sie fertiggestellt, der gesamte Komplex per Hand aus dem uralten Vulkangestein gegraben worden. Wo irgend möglich, hatte Drakesh sich die örtlichen Gegebenheiten zunutze gemacht und die zahllosen

Weitere Kostenlose Bücher