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Vampyr

Vampyr

Titel: Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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gegen ihn wehren? Wenn sie vorgab , nun endlich völlig unter seinem Bann zu stehen, um an ihm vorbeizugelangen. Sie würde den Dolch packen und die Fesseln durchtrennen. Martáinn wäre frei, bevor ihr Vater begriff, dass sie ihm etwas vorgemacht hatte.
    »Dein Wille ist stark, doch du hast bereits einmal deinen Durst gestillt, sonst wärst du jetzt nicht mehr in der Lage, dich auf den Beinen zu halten.« Seine Klauen umfassten noch immer ihr Handgelenk, doch er versuchte nicht länger, sie gewaltsam zu sich zu ziehen. »Erinnere dich daran, wie das Leben deinen Leib durchströmte! Hast du die Kraft gespürt, die dir das Blut gab? War es nicht wie ein Rausch?«
    Es war widerlich! Doch zugleich war es erregend gewesen. Etwas, was sie anderen gegenüber überlegen machte. Warum hatte sie das letzte Nacht noch nicht wahrhaben wollen?
    »Ich weiß, wie schwierig es zu Anfang ist. Doch es wird besser. Und mit jedem Mal leichter. Es ist mein Geschenk. Komm! Nimm es dir!« Er trat einen Schritt beiseite und gab den Weg zu Martáinn frei.
    Zögernd, als kämpfe ein kleiner Teil von ihr noch einmal – vergeblich – darum, sich seinem Willen zu widersetzen, schob Catherine sich an das Kopfende des Altarsteins heran. Sie zwang sich, nicht auf den Dolch zu schauen, der sich nun ganz in ihrer Nähe befand – leichter erreichbar als der Silberdolch an ihrem Gürtel. Stattdessen richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf Martáinns Hals. Das war es, was ihr Vater von ihr erwartete. Er beobachtete sie. Sie durfte jetzt keinen Fehler machen. Dennoch sollte sie sich zumindest davon überzeugen, wo genau der Dolch lag. Sie musste sicherstellen, dass ihre Hand ihn nicht verfehlte, wenn sie danach griff. Es wollte ihr jedoch nicht gelingen, den Blick von Martáinns Lebensader zu nehmen, die deutlich sichtbar an seinem Hals pochte. So köstlich, so verlockend. Nein! Der Blutdurst hat keine Macht über mich! Ich muss nur Vater in Sicherheit wiegen! Sie musste den Dolch packen! Ehe ihr Vater näher kam und ihr nicht mehr die Zeit blieb, die Fesseln zu durchtrennen. Doch ihre Hand bewegte sich nicht.
    »Denkst du wirklich, du könntest mich täuschen? Glaubst du, du kannst das Verlangen nach Blut bezwingen, wenn sich dir ein Mahl so einfach darbietet?«, fragte ihr Vater ruhig. »Ich weiß, was du versuchst, doch ich weiß auch, wie stark der Hunger nach Blut ist!«
    Laut hallte Martáinns Herzschlag in ihrem Kopf wider, begleitet vom Rauschen seines Blutes. Seine Poren verströmten eine Wärme, die die Kälte ihres eigenen Leibes mildern würde, wenn sie sie nur in sich aufnahm.
    »Das ist nicht wahr!«, rief sie, bemüht ihre Sinne vor dem Drängen zu verschließen, das die Worte in ihr auslösten.
    Ich muss endlich den verdammten Dolch nehmen! Doch sie konnte die Augen nicht von Martáinns Halsschlagader losreißen. Es wäre so einfach … Nein!
    »Sieh mich an, Catherine.« Der beschwörende Tonfall ihres Vaters ließ ihr keine andere Wahl. Langsam wandte sie sich ihm zu. Ihr Widerstand geriet ins Wanken. Sie würde tun, was er sagte. Wer war sie, dass sie glaubte ihm trotzen zu können?
    Ihr Vater nickte. »Und jetzt trink!«
    Seine Worte löschten jeden anderen Gedanken in ihr aus. Alles, was blieb, war der Wunsch nach Blut. Sie grub die Finger in Martáinns Haar und drehte seinen Kopf zur Seite. Unwiderstehlich lebendig lag seine Halsschlagader nun unmittelbar vor ihr. Ihre Eckzähne wuchsen, als sie sich langsam über Martáinn beugte.
     
    *
     
    »Und jetzt trink!«
    Roderick Baynes Stimme schallte die Treppe empor. Entsetzen beschleunigte Daerons Schritte. Getrieben von der Angst um Catherine stürzte er in die Kammer und hielt abrupt inne.
    Bayne stand neben einem Altarstein, doch er vermochte es nicht, Daerons Aufmerksamkeit zu fesseln. Nicht nachdem er Catherine entdeckt hatte, die sich nicht weit entfernt über Martáinn beugte. Das Haar umgab sie wie ein Schleier und verhüllte ihre Züge. Martáinns Hände waren zu Fäusten geballt, während er wie rasend an den Riemen zerrte, die ihn an den Altar fesselten.
    »Catherine! Nicht!«
    Catherine hob den Kopf. Doch es war eine Fremde, die Daeron entgegenblickte. Die Frau vor ihm glich nur noch oberflächlich jener Catherine, die er schon so lange kannte und liebte. Ihr Gesicht war eine steinerne Maske. Die Augen farblos und kalt. Daeron war nicht einmal sicher, ob sie ihn überhaupt erkannte.
    »Catherine«, sagte er eindringlich. »Du darfst dich nicht verlieren! Denk an all die

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