Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)
Territorium vernichtend zu schlagen. Demgemäß hatten in Wilfrieds Traum NVA - Streitkräfte, einem NATO-Angriff zuvorkommend, die Elbgrenze Richtung BRD überschritten und befanden sich auf dem Vorstoß nach Holland. Der Würfel war gefallen .
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9. Edelsprutz von Torgau
„Zum Angriff vorwärts!“
Die Soldaten wälzten sich aus den Schützengräben, glitten über das Schlachtfeld, die Kalaschnikow immer wieder in den Anschlag bringend.
„In kurzen Feuerstößen auf das MG - Nest!“
Dumpf ertönte das häßliche Rattern der Maschinenpistolen.
„Ziel vernichtet, zum Sturm vorwärts!“
In Zickzacklinien stürmten die Soldaten jetzt die Stellung des Feindes.
„Hurraaa!!! Hurraaa!!! Hurraaa!!!“
Wilfried und seine Gruppe um Uffz. Vogel standen am Sandhügel neben den kleinen Birken und grinsten.
„Schelle gibt volles Rohr,“ sagte Ihberg. „Naja.“
Als Schellenbergs Kämpfer sich als letzte zu den übrigen Soldaten der A II - Kompanie gesellten, deren Einsatz schon beendet war, boten sie einen gar schauerlichen Anblick:
Die Gesichter schwarz geschminkt, mit Reisern auf dem Stahlhelmtarnnetz.
Wilfried fühlte sich an den getarnten Stoßtrupp der Römer im Asterix - Abenteuer erinnert.
„Bergung der Verletzten!“ kommandierte Schellenberg schnaufend.
„Soldat Montag, Soldat Querer, übernehmen!“ befahl Vogel.
Wilfried verdrehte die Augen. Ihm war nicht noch nach Schlepperei zumute, nachdem er, im Birkenwäldchen liegend, sein Magazin voller Platzpatronen in einem einzigen langen Feuerstoß in die Luft gejagt hatte. Er wollte ja niemanden verletzen, unter der Gasmaske hatte er so gut wie nichts erkennen können, ohne Brille und mit beschlagenen Gläsern.
Sie waren von Ihberg gewarnt worden: „Auch Platzpatronen können aus sehr kurzer Distanz tödlich sein!“
Wenigstens mußte er nicht noch seine Zeltbahn ausrollen, Querer hatte das bereits getan.
Unweit des Hügels lag ein „Verletzter“, der sich das Bein hielt. Ale er die Retter kommen sah, fing er an zu stöhnen. Sie rollten ihn auf die Zeltbahn und schleppten ihn zur Gruppe, wobei er unentwegt stöhnte.
Schellenberg hatte bei seinen Instruktionen ganze Arbeit geleistet.
„Hör´ schon auf damit!“ preßte Wilfried heraus. „Ich muß sonst lachen und kann die Zeltbahn nicht mehr halten!“
Augenblicklich war der „Verletzte“ still.
„Bergung Note Zwei minus!“ verkündete Vogel und notierte sich die Zensur in sein Gruppenbuch.
„Ihr habt wacker gekämpft, aber seid leider unterlegen. Das gibt eine Note schlechter, also Drei. Wenn es bei der NVA die Vier gäbe, dann hättet ihr die bekommen, für die Fünf wart ihr aber zu bemüht.“
„Da haben wir ja noch mal Glück gehabt,“ meinte Motzmann.
„Wie man ´s nimmt. Im Gefecht wärt ihr jetzt alle tot!“
Einen Moment war es still.
„Schelle ist eben unbesiegbar,“ brach Weißbauer schließlich das Schweigen.
Schellenberg grinste herüber. Der durch eine Wolkenlücke blinkende Strahl der Novembersonne ließ seine dicken Brillengläser aufblitzen.
Witternd sog er die Luft ein: „Es wird Winter. Morgen fällt der erste Schnee.“
Nach einer kurzen Pause: „Dann will ich euch allen einen schönen Winter wünschen!“
Die Kompanie rückte in die Unterkünfte ein.
***
„Nur die Besten fahren Kras!“
Schellenberg verstand es zu motivieren, wenn er es für notwendig hielt.
Einen Augenblick bedauerte es Wilfried, über zu wenig Fahrpraxis zu verfügen, um Kras - Fahrer zu werden, doch dann war er froh, die Typenschulung auf einem W 50 LA/A machen zu können, einem Lkw mit Planenverdeck. Diesen kannte er wenigstens von der Fahrschule.
Überdies verfügte er über eine vernünftige Heizung, ein unschätzbarer Vorteil in diesen kalten ersten Dezembertagen des Jahres 1981. Wenn man nur nicht hätte immer wieder mit den Genossen auf der Ladefläche tauschen müssen! Die Kras - Fahrer, gleich ob bei Kipper oder Zugmaschine, blieben wenigstens im Fahrerhaus, da auf den Ladeflächen niemand sitzen durfte. Gleiches galt für die Tatra - Betonmischfahrzeuge.
Kutscher kam damit souverän zurecht, verrichtete er doch im zivilen Leben die gleiche Arbeit.
Für Wilfried hingegen war die Arbeit als Spießschreiber vorgesehen. Einerseits beneidete er die Kraftfahrer um ihre Freiheit auf den Straßen, andererseits war die Arbeit sehr schwer, und die Wartung der Fahrzeuge oblag zu großen Teil ihnen selbst. Dann doch lieber die Schreibstube!
Die Grundausbildung
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