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Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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« Er kommt zurück ...», wiederholte die Kleine mit erstickter Stimme, dann fing sie zu weinen an.
« Wer kommt zurück? Ist jemand verletzt? Braucht ihr einen Arzt?» Das monotone Sprechen war ihr noch nie so schwergefallen. Georgia starrte das Häuschen an, das hilflos auf ihrem Monitor blinkte. Was zum Teufel war da draußen los? Und dann hörten die Tränen unvermittelt auf.
« O nein, nein ... Schsch, schsch ...» Und es wurde wieder still in der Leitung. Vielleicht war es nur ein dummer Streich, versuchte Georgia sich einzureden. Eine Göre, die dich auf den Arm nehmen will. In ihrer Laufbahn hatte sie Dutzende von Telefonstreichen erlebt – beliebter Zeitvertreib bei Pyjama-Partys unter kichernden Teenagern, deren Eltern ihnen nie beigebracht hatten, dass man mit dem Notruf nicht spielte. Erst vor ein paar Wochen hatte eine Kollegin ein paar Kabinen weiter einen Anruf von zwei Zwölfjährigen angenommen, die es für einen Mordsspaß gehalten hatten zu behaupten, dass sie entführt worden wären. Stunde um Stunde waren Polizeiteams draußen im Einsatz gewesen, Tausende Dollar Steuergelder wurden verschwendet. Im Hintergrund hörte sie plötzlich einen dumpfen Schlag. Georgia zögerte einen Moment, dann versuchte sie es noch einmal.
« Hallo? Hallo? Bist du noch da?» Sie stand auf, um dem Leiter der Zentrale ein Zeichen zu geben, damit er das Gespräch mit anhörte, doch seine Kabine war leer wie viele Kabinen auf der Etage um diese Zeit. Die Rushhour in der Notrufzentrale war zwischen drei Uhr nachmittags und Mitternacht. Unfälle im Berufsverkehr, gestresste Angestellte, die ihren Frust nach Feierabend an Familie und Freunden ausließen. Dagegen war es zur Friedhofsschicht für gewöhnhch vergleichsweise ruhig.
« Hallo? Ist da jemand am Telefon?», fragte Georgia wieder.
« Hallo? Hier ist die Notrufzentrale.» Die Leitung war tot. Georgia starrte den Monitor an. Ihr Herz klopfte schnell. Das Häuschen blinkte immer noch und warf ein gespenstisches Licht in die Dunkelheit ihrer Kabine. Sie würde nie wieder die Nachtschicht übernehmen.
« Vater, die Welt wird dunkel um mich herum. Ich spüre es mehr und mehr ...» David
Son of Sam» Berkowitz in einem Brief an seinen Vater, datiert einen Monat vor seinem ersten Mord November 1975

KAPITEL 1
    DAS ALTE spanische Haus stand ein Stück abseits der Straße und war von üppigen tropischen Pflanzen und hoch aufragenden Palmen umgeben. Halloween-Dekorationen schmückten den gepflegten Rasen, und in einem Beet voller Fleißiger Lieschen wartete ein zwei Meter großer Sensenmann in schwarzer Kutte darauf, Kinder zu erschrecken. Selbstgebastelte Gespenster mit schwarzen Augenhöhlen baumelten von den Ästen einer Eiche. Im schwachen Mondlicht leuchteten sie in einem unwirklichen Weiß und drehten sich im Wind, der über Nacht aufgekommen war; Vorbote einer vorzeitigen Kaltfront. Irgendwo bellte ein Hund, und die Nacht ging all mählich in den Tag über. Plötzlich wurde die schläfrige, frühmorgendliche Stille vom kurzen Aufheulen einer Sirene durchbrochen, und ein Streifenwagen fuhr langsam die Sorolla Avenue herauf. Police Officer Pete Colonna parkte auf dem Bordstein vor dem Haus und stieg aus. Er betrachtete einen Augenblick lang das dunkle Gebäude und ging dann über den gewundenen Gehweg auf die Haustür zu. Als sein Blick auf die verstreut herumliegende Straßenkreide und ein Dreirad mit silbernen Rennstreifen fiel, beschleunigte er seine Schritte. Er klingelte, pochte gleichzeitig gegen die eindrucksvolle Eichentür, doch niemand öffnete.
« 8362, Gables», sagte Pete in das Mikrophon an seiner Schulter.
« Sprechen Sie, 8362.»
« Stehe vor dem Haus 985 Sorolla. Niemand öffnet.»
« Warten Sie, 8362.» Kurz darauf meldete sich die Leitstelle wieder.
« Die Telefongesellschaft hat die Leitung gecheckt. Sie ist frei, aber niemand nimmt ab.»
« Ich höre im Haus kein Klingeln.» In dem Moment ertönte aus dem Sprechfunkgerät die Stimme seines Sergeants.
« 8362, hier ist 998. Gehen Sie auf Kanal zwei.» Auf Kanal zwei konnte man ohne Vermittlung der Zentrale direkt miteinander reden. Pete drehte an seinem Funkgerät.
« Legen Sie los, Sarge.»
« Was gibt’s bei Ihnen?»
« Ich sehe mir gerade das Haus an», erwiderte Pete und schritt langsam über den Rasen vor dem Haus.
« Keine eingeschlagenen Fenster oder anderen Zeichen für einen Einbruch, aber ...» Er zögerte.
« Ja?»
« Irgendwas stimmt nicht, Sarge.» Nach einer kurzen

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