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Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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rief er wieder. Schnell durchsuchten sie die Räume im Erdgeschoss. Auf der Waschmaschine türmte sich Wäsche, im Wohnzimmer lagen Spielsachen verstreut. Neben dem Spülbecken in der Küche standen ordentlich aufgereiht saubere Babyflaschen. Das unbehagliche Gefühl in Petes Magen wurde stärker. Der Alarm verstummte. Wahrscheinlich hatte die Zentrale dem Sicherheitsdienst mitgeteilt, dass Polizeibeamte vor Ort waren. Auf einmal schien es in dem großen Haus viel zu leise zu sein. Pete dachte an die Babyflaschen und wurde plötzlich von Panik ergriffen.
« Hier ist die Polizei von Coral Gables!», rief nun Demos. Immer noch keine Antwort. Pete lief auf die Treppe zu. Hinter sich hörte er den Sergeant schnaufen. Demos’ Ausrüstungsgürtel klirrte, die Absätze seiner schweren Stiefel knallten auf dem Steinfußboden. Im oberen Stockwerk war der Boden von einem weichen Teppich bedeckt. Ein Lichtstreifen fiel in den Flur. Er drang aus einer halb offen stehenden Tür am Ende des Ganges. Alle anderen Türen waren geschlossen. An den Wänden hingen Familienfotos.
« Irgendwas gefunden?», rief Demos, der immer noch auf der Treppe war. Pete ging den Flur entlang auf die offene Tür zu. Wie bei einer raffinierten Kamerafahrt kamen langsam immer mehr Einzelheiten des Zimmers in Sicht. Farbenprächtige Schmetterlinge, die über eine hellviolette Wand tanzten. Ein HelloKitty-Spiegel. Ein großes Namensschild an der Wand, auf dem EMMA stand. Eine Steppdecke mit dem Motiv einer DisneyPrinzessin.
« Kinderzimmer!», rief er laut.
« Wo zum Teufel sind Sie denn reingetreten?», fragte Demos hinter ihm. Pete schaute zu Boden. Hinter sich, wo er gerade gegangen war, sah er dunkle Fußabdrücke im dämmrigen Licht. Rote Spritzer sprenkelten den rosa Teppich vor ihm, und offensichtlich führten sie ins Kinderzimmer.
« O mein Gott!», murmelte Demos entsetzt. Pete wollte nicht weitergehen. Er wollte nicht wissen, was ihn in dem Raum erwartete. Übelkeit zerrte an seinen Eingeweiden, und Schweiß tropfte von seiner Stirn. Er ahnte, dass er das, was nur wenige Schritte entfernt auf ihn wartete, zeitlebens nicht mehr vergessen würde. Er atmete tief ein, die Waffe schussbereit, und dachte an seine Frau und die Zwillinge, die bald zur Welt kommen würden. Zwei Mädchen. Madison und McKenzie sollten sie heißen.
« Polizei!», rief er noch einmal und versuchte, das leichte Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Dann betrat er das Zimmer und brach zusammen.
KAPITEL 2
    SIRENEN HEULTEN auf, und ihr ohrenbetäubendes, schrilles Kreischen wurde immer lauter – Streifenwagen und Zivilfahrzeuge rasten über verschlafene Straßen in Richtung Sorolla Avenue. Innerhalb von Minuten war der gesamte Block von Blaulichtern erhellt. Uniformierte Beamte der Police Departments von Coral Gables und MiamiDade verteilten sich in den Vorgärten und auf den Bürgersteigen und sprachen dabei unablässig in ihre Funkgeräte. Anwohner traten aus ihren Häusern, sammelten sich in kleinen Gruppen auf dem Gehweg und beobachteten die Ereignisse aus sicherer Entfernung. Die Morgenmäntel zum Schutz vor dem kalten Wind eng um sich geschlungen, unterhielten sie sich aufgeregt und reckten die Hälse, um das hektische Treiben vor dem Haus von Dr. David Marquette und seiner hübschen Frau Jennifer besser sehen zu können. Einige trauten sich schließlich näher an den Ort des Geschehens heran, doch Absperrgitter und gelbes Absperrband verwehrten ihnen den Zutritt. Ein Übertragungswagen von Channel 10 bog in die Straße ein, gefolgt von einem von Channel 7. Und immer mehr Fahrzeuge der Polizei. Sergeant Ralph Demos saß in der Eingangshalle auf einer Couch mit Blumenmuster, über ihm wand sich eine herrschaftliche Freitreppe nach oben. Er wischte sich mit einem Papiertaschentuch den Schweiß aus dem Gesicht, doch er hörte einfach nicht auf zu schwitzen. In diesem Augenblick wünschte er sich, nicht vor zehn Jahren mit dem Rauchen aufgehört zu haben. Oder mit dem Trinken. Die Polizisten schienen überall zu sein, und es kamen immer noch mehr. Ein Stockwerk höher hielt ein halbes Dutzend Uniformierter vor den Türen zu den Schlafzimmern Wache, während die Techniker von der Spurensicherung des MiamiDade Police Departments ihre Fotos schossen. Die grellen Blitzlichter durchzuckten den Flur.
« Sieht so aus, als würden sie den ganzen Bezirk zusammentrommeln», sagte Carlos Sanchez, ein Streifenpolizist aus Coral Gables, während ein weiterer Techniker von der

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