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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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gewußt.«
    »Natürlich haben Sie's gewußt! Sie wußten es jedesmal, wenn jemand einen Witz über >in den Osten gehen< g e macht hat, jedesmal,
    wenn Sie eine Mutter ihrem Kind sagen hörten, es solle sich gut benehmen, sonst müsse man durch den Schor n stein gehen. Wi r wußten es, als wir ihre Häuser bezogen, als wir ihr E i gentum übernahmen, ihre Arbeitsplätze. Wir wußten es, aber wir kannten di e Tatsachen nicht.« Er wies mit seiner linken Hand auf die Notizen. »Die da geben Fleisch an die Knochen. Und Knochen, wo vorher ga r nichts war.«
    »ich meinte: ich wußte nicht, daß Bühler und Stuckart und Luther damit zu tun hatten. Ich wußte nicht, daß Gl o bus ... «
    »Sicher. Sie haben geglaubt, Sie untersuchen einen ei n fachen Kunstraub.«
    »Das ist wahr! Das ist wahr!« wiederholte Krebs. »Am Mittwoch morgen - können Sie sich noch soweit zurücke r innern? - untersucht e ich Korruption bei der Deutschen Arbeiterfront: Handel mit Arbeitserlaubnissen. Dann werde ich plötzlich aus heiterem Himmel zu m Reichsführer b e fohlen, unter vier Augen. Er sagt mir, hohe Beamte im R u hestand seien bei einem riesigen Kunstbetrug erwisch t worden. Die möglichen Schäden für die Partei seie n groß. Obergruppenführer Globocznik leite die Unters u chung. Ich solle mich sofort nach Schwanenwerder beg e ben und seine Befehl e entgegennehmen.«
    »Warum Sie?«
    »Warum nicht? Der Reichsführer kennt mein Kuns t interesse. Wir haben darüber gesprochen. Mein Auftrag lautete einfach, di e Kunstschätze zu katalogisieren.«
    »Aber Sie müssen doch gewußt haben, daß Globus Bü h ler und Stuckart umgebracht hat?«
    »Natürlich. Ich bin ja kein Idiot. Ich kenne Globus' Ruf genausogut wie Sie. Aber Globus handelte auf Heydrichs Anweisungen hin, und wenn Heydrich beschlossen hatte, ihn von der Leine zu lassen, um der Partei einen öffentl i chen Skandal zu ersparen - wer war ich, zu widerspr e chen?«
    »Wer waren Sie, zu widersprechen?« wiederholte März.
    »Lassen Sie uns das klarstellen, März. Wollen Sie b e haupten, ihre Tode hätten nichts mit der Unterschlagung zu tun?« »Nichts. Die Unterschlagung war ein Zufall, der g e rade recht kam als nützliche Verschleierungsgeschichte, das ist alles.« »Aber die ergab einen Sinn. Sie erklärte, warum Globus als Staatshenker handelte und warum er sich so verzweifelt bemühte, eine Untersuchung durch die Kripo abzuwehren. Mittwoch abend war ich immer noch dabei, die Bilder auf Schwanenwerder zu katalogisieren, als er mich voller Wut anrief - Ihretwegen. Er sagte, Sie seien offiziell vom Fall abgezogen worden, und jetzt seien Sie in Stuckarts Wohnung eingebrochen. Ich solle losgehen und Sie holen; was ich getan habe. Und das will ich Ihnen sagen: Wenn Globus seinen Willen bekommen hätte, w ä ren Sie da schon erledigt worden, aber Nebe wollte das nicht. Dann haben wir am Freitag abend gefunden, was wir für Luthers Leiche hielten, und damit schien das erledigt zu sein.«
    »Wann haben Sie entdeckt, daß die Leiche nicht die von Luther war?«
    »Gegen 6 am Samstag morgen. Globus rief mich zu Hause an. Er sagte, er habe Informationen, daß Luther i m mer noch lebe und vorhabe, die amerikanische Journ a listin um 9 zu treffen«
    »Er wußte das«, bestätigte März, »weil er einen Hinweis aus der amerikanischen Botschaft bekommen hatte.« Krebs schnaubte. »Was soll denn der Scheiß? Er wußte es von einem Telefonmitschnitt.« »Das ist unmöglich ... «
    »Wieso unmöglich? Sehen Sie selbst.« Krebs schlug e i nen seiner Aktendeckel auf und holte ein einzelnes Blatt dünnen braunen Papiers heraus. »Es wurde von den Abh ö rern in Charlottenburg mitten in der Nacht rübergeschickt.« März las:
    Forschungsamt Geheime Reichssach e G745,275
    23:51
    MÄNNLICH: Sie fragen: was ich will? Was glauben Sie denn, was ich will? Asyl in Ihrem Land.
    WEIBLICH: Sagen Sie mir, wo Sie sind.
    MÄNNLICH: Ich kann bezahlen.
    WEIBLICH: (unterbricht]
    MÄNNLICH: Ich habe Informationen. Bestimmte Tats a chen.
    WEIBLICH: Sagen Sie mir, wo Sie sind. Ich werde Sie abholen. Dann werden wir in die Bo t schaft fa h ren.
    MÄNNLICH: Zu früh. Noch nicht.
    WEIBLICH: Wann?
    MÄNNLICH: Morgen früh. Hören Sie mir zu. Um 9 Uhr. An der Großen Halle. Haupttreppe. 
    Haben Sie das verstanden?
    Noch einmal konnte er ihre Stimme hören; sie riechen; sie berühren.

    Im Hintergrund seines Geistes bewegte sich etwas.
    Er schob das Papier über den Tisch zu Krebs zurück, der es in seinen Aktendeckel

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