Vaterland
kreuzte die Arme. »Sie haben Köpfchen, März. Erfreuen Sie sich an der Ta t sache, daß wir Ihne n wenigstens das zugestehen. Glauben Sie denn, wir hätten uns auch nur für einen Groschen da r um gekümmert, wenn Sie ei n ebensodummer fetter Wic h ser wie Ihr Freund Max Jäger wären? Ich wette, Sie kön n ten stundenlang so weiterm a chen. Aber wir habe n keine Stunden, und wir sind nicht so dumm, wie Sie meinen.« Er wühlte in seinen Papieren, grinste höhnisch, und spielte sein As aus.
»Was war in dem Koffer, den Sie vom Flughafen mitg e nommen haben?« März sah ihn offen an. Sie hatten es die ganze Zeit gewußt »Welchen Koffer?«
»Der Koffer, der aussieht wie eine Ärztetasche. Der Koffer, der nicht viel wiegt, aber vielleicht Papiere enthält. Der Koffer, den Friedmann Ihnen gegeben hat, dreißig M i nuten bevor er uns anrief. Als er zurückkam, fand er ein Telex vor, März, aus der Prinz - Albrecht-Straße - eine Au f forderung, Sie daran zu hindern, das Land zu verlassen. Als er das sah, hat er - als patriotischer Bürger - beschlossen, uns besser von Ihrem Besuch zu unterrichten.«
»Friedmann!« sagte März. »Ein >patriotischer Bürger< ? Der führt Sie doch an der Nase rum, Krebs. Der verfolgt seine eigenen Pläne« Krebs seufzte. Er stand auf und kam um den Tisch, um sich hinter März zu stellen, wobei seine Hände auf der Rücklehne von März' Stuhl lagen. »Wenn das hier vorbei ist, dann möchte ich Sie kennenlernen. Wirklich. Vorausgesetzt, daß irgendwas von Ihnen zum Kennenlernen übrigbleibt. Warum ist jemand wie Sie so abgerutscht? Das interessiert mich. Vom technischen Standpunkt aus. Damit man versuchen kann, so was in Z u kunft zu verhindern.« »Ihre Leidenschaft, noch besser zu werden, ist lobenswert.«
»Das ist wieder typisch für Sie. Eine Frage der Haltung. Die Dinge ändern sich in Deutschland, März, von innen heraus, und Sie hätten ein Teil davon sein können. Der Reichsführer selbst nimmt Anteil an der neuen Generation, er hört auf uns, er befördert uns. Er glaubt an die Erneu e rung, an größere Offenheit, an Gespräche mit den Amer i kanern. Die Zeit von Männern wie Odilo Globocznik ist vorbei.« Er hielt inne und flüsterte März dann ins Ohr: »Wissen Sie, warum Globus Sie nicht mag?« »Klären Sie mich auf.«
»Weil Sie ihm das Gefühl geben, dumm zu sein. Und nach Globus' Regeln ist das ein Kapitalverbrechen. Helfen Sie mir, dann kann ich Sie vor ihm schützen.« Krebs ric h tete sich wieder auf und faßte mit seiner normalen Stimme zusammen: »Wo ist die Frau? Welche Informationen wol l te Luther ihr geben? Wo ist Luthers Koffer?« Diese drei Fragen, immer und immer wieder.
Verhöre enthalten zumindest diese eine Ironie: Sie kö n nen dem Befragten ebensoviel - oder mehr - mitteilen wie den Befragern.
Aus der Art, wie Krebs fragte, konnte März das Ausmaß seiner Kenntnisse abschätzen. Die waren zu bestimmten Fragen sehr gut:
Er wußte zum Beispiel, daß März das Leichenschauhaus besucht und daß er den Koffer vom Flughafen abgeholt hatte. Aber es gab d a eine bedeutungsvolle Lücke. Vorau s gesetzt, daß Krebs nicht ein geradezu teuflisch hinterhält i ges Spiel trieb, hatte er offenbar kein e Ahnung von derArt der Informationen, die Luther den Amerikanern verspr o chen hatte. Und auf diesem einen schmalen Halt beruht e März' einzige Hoffnung.
Nach einer ergebnislosen halben Stunde öffnete sich die Tür, und Globus erschien, einen langen Prügel aus polie r tem Hol z schwingend. Hinter ihm standen zwei massig gebaute Männer in schwarzen Uniformen.
Krebs stand stramm.
Globus sagte: »Hat er ein volles Geständnis abgelegt?«
»Nein, Herr Obergruppenführer.«
»Welche Überraschung. Dann bin ich wohl an der Re i he.«
»Natürlich.« Krebs bückte sich und sammelte seine P a piere ein.
Bildete März sich das nur ein, oder sah er über jenes lange unbewegte Gesicht ein Zucken des Bedauerns, gar des Widerwillen s huschen?
Nachdem Krebs gegangen war, schlenderte Globus h e rum, summte einen alten Parteimarsch und schleifte den Prügel über de n Steinfußboden.
»Wissen Sie, was das ist, März?« Er wartete. »Nein? Keine Antwort? Das ist eine amerikanische Erfindung. Ein Baseballschläger. Eine r meiner Freunde an der Botschaft in Washington hat ihn mir mitgebracht.« Er schwang ihn ein paarmal um seinen Kopf. »Ic h denke daran, ein SS-Team aufzustellen. Dann könnten wir gegen ein Team der US-Armee spielen. Was halten Sie davon? Goebbels is
Weitere Kostenlose Bücher