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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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legte und zusammenfaßte: »Was danach geschah,
    wissen Sie. Globus ließ Luther in dem Augenblick e r schießen, in dem er auftauchte - und das hat mich, um eh r lich zu sein, scho c kiert.
    So was auf einem öffentlichen Platz zu machen ... Ich dachte: Dieser Mann ist verrückt. Natürlich wußte ich da nicht, warum er s o versessen darauf war, daß Luther nicht lebend gefaßt werden sollte.« Plötzlich brach er ab, als ob er vergessen hatte, wo er war un d welche Rolle er spielen sollte. Er beendete es rasch:
    »Wir haben die Leiche durchsucht und nichts gefunden. Dann haben wir uns hinter Ihnen her gemacht.«
    März' Hand begann wieder zu pochen. Er schaute auf sie herab und sah karmesinrote Flecken durch den weißen Verband sickern.
    »Wie spät ist es?«
    »5.47 Uhr.«
    Sie war jetzt schon seit 11 Stunden fort.
    Gott, seine Hand ... Die roten Flecken wurden größer, berührten sich, bildeten Blutarchipele.

    »Insgesamt waren vier daran beteiligt«, sagte März. »Bühler, Stuckart, Luther und Kritzinger.«
    »Kritzinger?« Krebs machte sich eine Notiz.
    »Friedrich Kritzinger, Ministerialdirektor in der Reich s kanzlei. Wenn ich Sie wäre, würde ich davon nichts au f schreiben.«
    Krebs legte seinen Bleistift weg.
    »Was die betrifft, so hatten sie nichts gegen das Ausro t tungsprogramm selbst - vergessen Sie nicht, es waren ja h o he Parteifunktionär e -, aber es war das Fehlen eines or d nungsgemäß ausgestellten Führerbefehls. Es gab nichts Schriftliches. Alles, was sie hatten, waren mündliche Vers i cherungen von Heydrich und Himmler, daß das die Wü n sche des Führers seien. Kann ich noch eine Zigarette h a ben?« Nachdem Krebs ihm eine gegeben und er die er s ten süßen Züge getan hatte, fuhr er fort: »Das alles sind Verm u tungen, verstehen Sie?« Sein Verhörer nickte. »Ich nehme an, sie haben sich gefragt: Warum gibt es keine schriftliche Verbindung zw i schen dem Führer und dieser Politik? Und ich nehme an, sie haben sich gesagt: Weil das alles so mon s trös ist, daß das Staatsoberhaupt nicht da h i nein verwickelt erscheinen darf. Und wo standen sie? Sie standen in der Scheiße. Denn wenn Deutschland den Krieg verlieren wü r de, dann könnte man sie als Kriegsverbrecher verurteilen, und wenn Deutschland ihn gewann, dann mochte man sie eines Tages zu Sündenböcken für den größten Massenmord in der G e schichte machen.« Krebs murmelte: »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das alles wissen möchte.«
    »Also haben sie sich eine Versicherung besorgt. Sie formulierten eidesstattliche Erklärungen - das war einfach: drei von ihnen waren ja Rechtsanwälte - und brachten D o kumente an sich, wo immer sie konnten. Und schrittweise stellten sie eine Dokumentation zusammen. Für jedes E r gebnis war vorgesorgt. Wenn Deutschland gewann und man gegen sie vorgehen würde, dann konnten sie damit drohen, zu veröffentlichen, was sie wußten.
    Und wenn die Alliierten gewannen, konnten sie sagen: Seht her, wir waren gegen diese Politik und haben sogar unser Leben aufs Spiel gesetzt, um Informationen darüber zu sammeln. Luther hat noch einen Hauch Erpressung hi n zugefügt - peinliche Dokumente über den amerikanischen Botschafter in London, Kennedy. Geben Sie mir die da.«
    Er nickte zu seinem Notizbuch und zu Bühlers Kalender hinüber. Krebs zögerte, dann schob er sie über den Tisch. Es war schwierig, das Notizbuch mit nur einer Hand zu öffnen. Der Verband war durchtränkt. Er verschmierte die Seiten.
    »Die Lager waren so organisiert, daß sichergestellt war, daß es keine Zeugen gab. Sonderhäftlinge betrieben die Ga s kammern, die Krematorien. Bei Gelegenheit wurden diese Sonderhäftlinge selbst vernichtet und durch andere ersetzt, die ihrerseits auch wieder vernichtet wurden. Und so weiter. Wenn das aber auf der untersten Ebene gesch e hen konnte, warum dann nicht auch auf der höchsten? S e hen Sie hier. 14 Leute bei der Wannseekonferenz. Der erste stirbt 1954. Ein weiterer 1955. Dann jedes Jahr einer: 1957, 1959, 196o, 1961, 1961. Vermutlich sollten >Ei n brecher< Luther 1963 umbringen, und danach hat er Wachmänner angestellt. Aber als die Zeit verging und nichts passierte, hat er wohl ang e nommen, es sei ein Zufall gewesen.« »Das genügt, März.«
    »1963 begann es, sich zu beschleunigen. Im Mai stirbt Klopfer. Im Dezember erhängt Hoffmann sich. Im März dieses Jahres wird Kritzinger mit einer Autobombe in die Luft gesprengt. Jetzt bekommt Bühler es wirklich mit der Angst zu

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