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Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Titel: Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Zöller
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nicht wichtig.
     
    »Ich bin wieder da«, rufe ich zu Hause in den Flur. Hans kommt aus der Küche und wirft mir einen bösen Blick zu. Er wischt sich verstohlen Tränen aus den Augen und reibt mit der Hand seinen Hintern in der kurzen Lederhose. Hans bekommt gelegentlich die harte Hand unseres Vaters zu spüren.
Der Junge braucht das. Das ganze Gerede bringt nichts.
Das sagt Papa. Mir hat er noch nie etwas getan. Nicht einmal im Zorn.
    Bei mir machte er es anders.
    Komm, zu mir, Prinzessin, hatte er früher gesagt, als ich in Hans’ Alter war, und dann wusste ich, es wird ernst. Er saß an seinem Schreibtisch. Vor sich die dunkelgrüne Schreibunterlage aus marokkanischem Leder. Darauf lag ein hölzernes Lineal, breit und flach und fünfzig Zentimeter lang. Die Tischlampe mit dem grünen Schirm brannte. Die Vorhänge waren zugezogen. Die Tür zum Flur stand offen. Ich konnte meine Mutter in der Küche mit den Töpfen hantieren hören. Mein Vater saß aufrecht. Sein Blick war kühl und beinahe abweisend ruhig.
    Ich stand vor seinem Schreibtisch, verschränkte die Arme in meinem Rücken und presste die Lippen aufeinander. Vater diskutierte nicht. Die Uhr über der Tür zertickte die Zeit. Er sprach mit mir über meine Fehler. Er nannte mich undiszipliniert oder hielt mir Pflichtverletzung vor. Vater verlangte, dass ich mich mehr einsetze und meine Treue beweise. Er sprach von seiner Überzeugung, vom Führer und von Deutschland. Von den großen Aufgaben, die vor uns liegen.
    Was hatte ich getan? Fräulein Steinbrede hatte mich in der Schule auf dem Kieker. Sie lastete mir Sachen an, die ich gar nicht getan hatte. Ein andermal war ich zu spät zum Abendessen gekommen, weil ich meine Zeit mit Mathilda verquatscht hatte. Einmal riskierte ich sogar einen leisen Widerspruch, doch Vaters strenger Blick ließ mich verstummen. Er hielt das Lineal in der rechten Faust und ließ es auf die offene Handfläche der anderen Hand sausen. Ich zuckte zusammen und hielt den Mund.
    Aber er hat mich nie geschlagen.
    Hans hat irgendwann herausgefunden, dass Papa den Rohrstock nie gebraucht, wenn Hans die HJ -Uniform trägt. Der wird doch nicht das Neue Deutschland schlagen, sagte er grinsend zu mir. Jetzt trägt Hans die Uniform besonders gerne, wenn er etwas ausgefressen hat.
    Vater ist aber auch schon mit dem Rohrstock in der Faust hinter Hans hergerannt. Es ging die Treppe rauf, die Treppe runter, quer durch den Garten und um den Küchentisch herum. Irgendwann waren beide außer Atem oder haben sich vor Lachen gebogen. Alles war wieder gut, und Mama konnte beiden nie ernsthaft böse sein. Hans wurde mit der Zeit unempfindlich und sträubte sich nicht mehr gegen die Bestrafung. Er beugte sich über den Stuhl, holte sich die Fuhre ab und wischte sich verstohlen die Tränen aus den Augen. Vater dehnte die Bestrafung aus. Hans sagte, er müsse einfach nur länger durchhalten als er. Alles geht vorbei. Er sprach von Papa als dem Alten. Der Alte spinnt mal wieder, sagte er. Und: Du hast es gut, Prinzessin.
     
    Heute hat Hans Pech gehabt. Mutter bat Vater, streng durchzugreifen. Sie meint, er sei frech und aufsässig und würde seine Pflichten im Haus vernachlässigen. Papa meint, dass Hans seine Kräfte ausprobieren muss! Aber Unverschämtheiten gegenüber Mutter duldet er nicht.
    »Paula.« Das ist Papas Stimme aus der Küche. Er schnauft und tut so, als wische er sich Schweiß von der Stirn. Er atmet tief aus. »Puh, dieser Flegel schafft mich.« Er lässt sich seufzend auf die Eckbank fallen und klopft mit der flachen Hand auf den Stuhl neben sich. Das bedeutet, dass ich mich setzen soll.
    »Und jetzt zu dir, Fräulein.« Ich weiß plötzlich, dass er ab jetzt keinen Spaß mehr versteht. Etwas in meiner Brust schnürt sich zusammen. »Weißt du, was ich am wenigsten vertrage? Außer wenn dieser Bengel seiner Mutter auf der Nase herumtanzt?«
    »Ja, Papa, ich …«
    Er hebt die Hand. Ich soll schweigen.
    »Du stinkst nach Pferdestall. Du belügst uns und stiehlst dich davon. Jeder tut seine Pflicht. Die Soldaten an der Front und wir in der Heimat. Nur die Prinzessin treibt sich herum und geht reiten, obschon wir es ihr verboten haben.«
    »Papa, ich weiß, dass ich heute einen großen Fehler gemacht habe. Du wirst mich sicher dafür bestrafen. Aber ich konnte nicht anders. Es ging nicht so sehr ums Reiten. Ich kann Mathilda einfach nicht im Stich lassen.«
    Papas Gesicht wird düster. Dann sagt er: »Meine Güte, wie dramatisch.

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