Vaters böser Schatten
und grinste Dakota an, die beinah hüpfend in den Raum kam.
„Wir finden es alle Klasse, dass er wieder da ist!“, sagte sie strahlend.
Corbin, der auch in diesem Kurs war, schnaubte laut. „Da kannst du aber nun wirklich nicht für alle reden, Binder!“, sagte er zu ihr.
Ryan stand langsam auf, trat auf ihn zu und funkelte ihn finster an. Es war deutlich zu sehen, wie nervös Corbin wurde.
Leon ließ seinen Freund nicht aus den Augen, bereit sofort aufzuspringen, sollte der doch etwas dummes vorhaben, doch der griff an Corbin vorbei, ins Regal und zog einige Kabel heraus.
Sichtbar erleichtert atmete Corbin aus.
Ryan drehte sich um und schüttelte den Kopf. „Du bist so ein Waschlappen, Abany! Und ich werde als Freak bezeichnet. Unglaublich!“
„Du bist ja auch einer!“
„Wenn du das sagst!“ Ryan setzte sich und warf einen Blick zu Leon, der nervös auf seiner Lippe kaute. „Was ist los? Meinst du, ich mach mir an so einer Pfeife die Hände schmutzig?“
„Ich hatte zwischendurch etwas Angst, ja. Tut mir leid, ich mach mir einfach nur Sorgen.“
Ryan lächelte und startete seinen Rechner. „Musst du nicht. Ich habe nicht vor, meine Freiheit aufs Spiel zu setzen.“ Er wandte sich seinem Bildschirm zu und tippte das Passwort.
Leon lächelte, als er es sah.
Ryan hatte ein Faible für extrem lange Passwörter, was wohl auch daran lag, dass er sowohl schulische, als auch private Dinge in seinem Ordner hatte. Sein Passwort lautete Ashley0509LeonJune .
„Das war der Tag, an dem wir uns kennen gelernt haben, oder?“
Ryan sah ihn irritiert an.
„05.09.! Das war der dritte Schultag. Zumindest für dich. Es war mein zweiter“, sagte Leon leise.
„Stimmt. Was hast du denn am ersten Schultag gemacht?“
Leon lachte und startete nun ebenfalls seinen Rechner. „Wir waren in Mainsfield, uns alle anmelden. Die fangen doch Tatsache erst an zu arbeiten, wenn die Schule beginnt. Hier hat meine Mum uns schon Anfang des Sommers angemeldet, doch die staatliche Schulbehörde musste warten.“
„Verstehe.“ Ryan schluckte, als sein Desktophintergrund erschien. Er hatte ein Bild von June und Ashley als Hintergrund. Langsam fuhr er mit einem Finger über den Monitor. „Sie fehlt mir …“, flüsterte er. Schnell wischte er sich eine Träne aus den Augen.
Leon nahm seine Hand und streichelte sie zärtlich.
„Gott, jetzt flennt der auch noch!“, platzte Corbin heraus.
Das war für Ryan zu viel. Er stand auf und verließ den Raum.
Leon sprang ebenfalls auf, wollte auf Corbin los, doch Rick war schneller.
„Sieh nach Ryan, los geh schon!“
Leon warf Corbin einen zornigen Blick zu und lief seinem Freund hinterher. Ziellos irrte er einen Moment umher, fand ihn dann aber im Waschraum. „Hey, alles okay?“
Ryan stand am Waschbecken, wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser und schüttelte den Kopf. „Nein. Scheiße, aber das verkrafte ich nicht!“ Er ließ den Kopf sinken, während ihm kaltes Wasser über das Gesicht lief und sich mit seinen Tränen vermischte.
Leon ging schnell auf ihn zu, zog ihn sanft an sich und wühlte seine Hand in die dunklen Haare. „Willst du nach Hause?“
Kurz zögerte Ryan noch, nickte dann aber.
„Na los, ich fahr dich!“
„Nein. Leon, sei mir nicht böse, aber ich wäre gern ein wenig allein. Ich laufe.“
Leon sah ihn verzweifelt an. „Bist du sicher?“
„Ja. Bis nachher. Ich liebe dich!“
„Ich liebe dich auch.“ Ryan wandte sich ab, doch Leon hielt seine Hand fest. „Mach keinen Scheiß unterwegs, okay?“
„Ich doch nicht.“ Er küsste Leon und verließ dann das Bad. Aus dem Klassenraum holte er seinen Rucksack, fuhr den PC hinunter und flüsterte Mr. Jones eine Entschuldigung zu, dann verließ er die Schule.
So schnell er konnte, beinahe schon rennend, verließ er das Schulgelände, sprang über eine niedrige Mauer, überquerte die Kreuzung und fand sich schnell am Waldrand wieder, der am Rande der Stadt lag. Mit einer Zigarette in der Hand und seiner Musik in den Ohren lief er langsam zwischen den Bäumen hindurch, kletterte über die Felsen und setzte sich an einen kleinen Bach. Hier hatte er schon als Kind immer gesessen und geweint und auch heute, viele Jahre später brach er in Tränen aus. Immer wieder wischte er sich das Gesicht ab und starrte in das klare Wasser.
Er sah Ashley so deutlich vor sich, als stünde sie vor ihm. Fast neun Jahren hatte sie auf dem Hof gelebt und nur weil er einmal ein Teenager sein wollte, musste sie
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