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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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an dem ihr kleines Café nicht regen Zulauf hatte. Das lag nicht nur an ihren köstlichen Bocadillos und ihrem hervorragenden Kaffee, sondern auch an der Freundlichkeit und Geschwindigkeit, mit der man bedient wurde.
    Paolina runzelte die Stirn. Wann genau hatte sie Comitti zuletzt gesehen? Sie nahm ihre Finger zur Hilfe. Es mussten zwei Nächte vergangen sein. Sicher, er war stets beschäftigt und das Reglement im Vatikan war streng. Doch er hatte es sich nie nehmen lassen, einen Corto nach dem Besuch des Abendmarktes bei ihr zu trinken. Paolina wurde von einer Bestellung abgelenkt und lief eilig hinter ihren blitzenden Tresen. Alles war sauber und in höchster Ordnung. Sie konnte nicht anders. Nach den Jahren, die sie im Dreck verbracht hatte, brauchte sie Ordnung und Sauberkeit.
    Gedankenverloren wischte sie einen Tropfen Kaffee weg, der aus der Espressomaschine auf das silberne Lochblech der Maschine gefallen war. »Signora Paolina!« Sie hörte eine bekannte Stimme rufen, sah auf und bemerkte stirnrunzelnd, dass sich Pater Marco niedergelassen hatte, ohne dass sie es bemerkt hatte. Sie musste sich konzentrieren. Über Comitti konnte sie nachdenken, wenn sie nicht arbeitete.
    »Komme«, rief sie und lächelte ihm über die Reihen von Stühlen zu. »Einen Caffè Latte mit Karamell, wie üblich?«
    Kurze Zeit später stellte sie Pater Marco die Tasse neben seine Abendzeitung.
    »Danke, Paolina. Wenigstens eine, auf die man sich verlassen kann.« Pater Marco schenkte der Wirtin ein schmerzliches Lächeln. Paolina kannte die theatralische Art des alten Bibliothekars nur zu gut. »Welches Ungemach ist Ihnen heute begegnet, dass Sie so finster dreinschauen?« Sie nahm sein Getue nicht allzu ernst, doch sie nahm sich immer die Zeit, ihm zuzuhören. Bestimmt ein Grund, warum der alte Pater seinen Caffè Latte bei ihr trank. Die doppelte Menge Karamell und die zwei Kekse am Untertellerrand taten ihr Übriges. Er war ein Schleckermaul, wie ihr gleich am Anfang aufgefallen war. Heute Abend erschien er ihr wirklich betrübt. Oder besorgt?
    »Ich habe die ganze letzte Nacht kein Auge zumachen können.« Pater Marco fasste sich mit der rechten Hand an die Stirn. Wenn er nicht wirklich zerknautscht ausgesehen hätte, dann hätte Paolina lachen müssen.
    »Haben Sie einfach nicht schlafen können oder belastete Sie etwas?«
    Paolina wusste, dass der Pater auf diese Frage wartete. Bei jemand anderen hätte sie nie so indiskret nachgehakt, von diesem Mann wurden Fragen dieser Art jedoch erwartet. Fragte man nicht, war man ein herzloses, ignorantes Wesen. Sie nannte ihn im Stillen den Fischerkönig, weil er sie an den alten Fischerkönig von Parzival erinnerte. Denjenigen, den Parzival damals auf der Suche nach dem Gral nicht gefragt hatte.
    »Es ist der Verfall der Sitten, diese Ehrlosigkeit, die mich umtreibt. Selbst Brüder, von denen man annähme, dass sie sich noch an die alten Werte und Normen hielten, selbst diese fallen ab.«
    Paolina kannte Marcos Meinung über den Verfall der Sitten. Sie hatten sich schon oft darüber unterhalten und sie hatte ihm zugestimmt. Gerade sie wusste, was er meinte. Als Pater Marco nicht weiter sprach, wollte sie sich schon abwenden, doch irgendetwas in seinem Gesicht hielt sie davon ab. Aufmunternd zog sie fragend die Augenbrauen in die Höhe.
    »Früher hat man noch etwas auf das Wort eines Mannes geben können, vor allem eines Mannes der Kirche, doch selbst das scheint heute nicht mehr gültig zu sein«, sagte Pater Marco und seufzte. Paolina nickte verstehend und hob grüßend ihre Hand. Ihre Hilfskraft Maria war eingetroffen. Maria, auf die sie sich blind verlassen konnte. Paolina entspannte sich. Maria konnte sich nun um die anderen Gäste kümmern.
    »Wer hat Sie denn nun so enttäuscht, dass Sie nicht schlafen konnten?« Paolina war in Gedanken bereits bei den Notizen, die sie für Maria gemacht hatte.
    »Comitti. Sie kennen ihn. Für ihn hätte ich früher meine Hand ins Feuer gelegt! Aber selbst auf ihn ist kein Verlass mehr.«
    Paolina stutzte und setzte sich unaufgefordert an den Tisch. Pater Marco schenkte ihr ein dankbares Lächeln. Er mochte die junge Wirtin, auch wenn sie eine etwas eigenwillige Haarfarbe hatte.
    »Sie kennen ja unseren Comitti. Man kann von ihm denken was man will, doch eines konnte ich von ihm stets behaupten: Dass er zuverlässig ist.« Pater Marco seufzte.
    »Das ist er jetzt nicht mehr?«
    Pater Marco sah auf und erkannte in den Augen der Wirtin wirkliches

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