Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)
Fehler.«
Comitti seufzte und versuchte, die quälenden Bilder zu vertreiben, die ihn so lange verfolgten: wie er seinen Freund erschlug und seiner ehemaligen Verlobten den Hals umdrehte. Comitti bekreuzigte sich und flüchtete in die Zeilen, die vor ihm lagen.
*
Ab diesem Abend ging mir Argyle aus dem Weg. Er versuchte, es nicht so aussehen zu lassen, doch er fand ständig einen Grund, sich allein auf den Weg zu machen. Er behauptete, dass er auskundschaften würde, in welchen Schlupfwinkel sich die restlichen Vampyre zurückgezogen hatten. Er wollte sie endgültig beseitigen. Nicht, dass er das gesagt hätte, doch ich begriff es, als ich in sein entstelltes Gesicht sah. Härte war in seine Augen getreten, die ich mir zuvor nicht hätte vorstellen können. Zuletzt blickte er mich kaum an, aber wenn er es tat, dann sah ich eine stahlharte Entschlossenheit, die bereits an Wahn heranreichte.
»Du hast unser Ziel aus den Augen verloren, Apollonia!« Argyle fuhr mich eines Nachts an. Er schritt vor mir auf und ab und ich betrachtete ihn wie einen Fremden. Ich verstand seinen Zorn nicht.
»Wir hatten uns aufgemacht, um Miguel die Stirn zu bieten, um ihn daran zu hindern, die Weltherrschaft zu übernehmen. Darin stimmst du doch noch mit mir überein?«
Ich nickte. Ich wusste nicht, was er von mir wollte. »Das war unser Ziel. Wir haben es erreicht.«
»Haben wir eben nicht. Mach die Augen auf!«
Argyle stieß einen Stein mit seiner Stiefelspitze vor sich her. Seine Stiefel hatten schon bessere Tage gesehen , schoss es mir durch den Kopf. Überhaupt hatte die Eleganz, die mein Vater sonst immer zur Schau trug, heftig gelitten. Er war nicht wiederzuerkennen.
»Miguel mag vielleicht in dieser Gletscherspalte festsitzen, aber er ist nicht tot. Wir können nicht wissen, ob und wann er sich befreien kann. Verstehst du?«
Ich verstand seine Worte, aber ich verstand nicht, was er von mir wollte. Von welchem Ziel er sprach. Er trat auf mich zu und griff mich bei den Schultern. »Wir müssen handeln, solange er noch gefangen ist und nichts tun kann. Was glaubst du, was er macht, wenn er aus der Spalte herauskommt? Meinst du, dass er jemals von seinem Plan ablässt?« Argyle ließ mich los und nahm erneut seine Wanderung auf.
»Was sollen wir machen?«
»Ich werde jeden dieser verdammten Vampyre ausschalten. Ich werde jeden einzelnen töten. Wenn Miguel zurückkehrt, dann soll er keinen einzigen mehr finden. Keinen, der ihm helfen kann. Das ist mein Plan. Mein Ziel.«
Ich sah den Triumph in seinen Augen und war erschrocken.
» Du sollst nicht töten , das zweite Gebot. Ist dir das völlig egal?«
»Wen töte ich denn? Untote. Es ist keine Sünde, wenn ich diese Kreaturen aus der Welt schaffe. Ich werde als Kämpfer Gottes, in seinem Namen, die Menschheit schützen.«
Ich konnte und wollte mir das nicht vorstellen.
»Welche Rolle hast du mir dabei zugedacht?« Ich ließ mich fassungslos auf einen Felsen nieder.
»Da du das Töten ablehnst und es dir als Frau auch nicht gut zu Gesicht stünde, schlage ich vor, dass du nach Rom ziehst.«
Ich merkte, dass sich Argyle bereits klare Vorstellungen von unserer näheren Zukunft gemacht hatte.
»Nach Rom? Du meinst, ich soll herausbekommen, was mit Laurentius geschehen ist?« Wieder hatte ich mich geirrt.
»Das von mir aus auch. Aber ich meinte eher, dass du dich darum kümmern solltest, was mit deinen Zähnen geschehen ist. Miguel …«
Ich begriff, dass Argyle seine Entscheidung getroffen hatte, dass er sich nicht umstimmen ließ. Wir würden uns trennen müssen.
»Aber wo treffen wir uns wieder? Können wir nicht gemeinsam nach Rom gehen?« Meine Fassungslosigkeit wandelte sich in Ärger.
Argyle hatte mir nichts mehr zu sagen. Er nickte mir zu und drehte sich um. Ich habe ihn seit jener Nacht nie wieder gesehen.
*
Comitti sah zu Miguel, ob dieser nach diesen Informationen noch Interesse an weiteren Seiten hatte.
»Wir lesen bis zum Ende. Ich würde gern wissen, was meine Mutter daraufhin gemacht hat. Wo sie sich aufhält. Die Trennung muss hart für sie gewesen sein, nach über hundertdreißig gemeinsamen Jahren. Ich meine, sie ist mir nicht mehr von Nutzen, aber man möchte doch gern wissen …«, Miguel verstummte und sah zum Fenster. Erneut senkte sich die Nacht über Rom.
Comitti schenkte sich Wein nach und sah Miguel fragend an.
»Trinken Sie nichts?«
»Nein. Sie werden sich vielleicht wundern, aber ich habe beschlossen, noch heute Abend
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