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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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Interesse und Mitgefühl. Solchermaßen bestärkt legte er sich ins Zeug. »Er hat sich einen seltenen Folianten von mir ausgeliehen, der normalerweise die Bibliothek nicht verlässt und ihn nicht wiedergebracht.«
    Jede andere hätte sich über Marcos Erregung gewundert, Paolina nicht. »Das klingt nicht nach ihm.« Paolina schüttelte den Kopf.
    »Eben. Stellen Sie sich vor, ich musste es mir selbst bei ihm abholen.«
    »Welche Entschuldigung hatte Comitti? Ist er vielleicht erkrankt und konnte deshalb …?«
    »Kein bisschen krank ist er. Er saß mit dem Sicherheitschef am Tisch und trank Wein. An mein Buch hat er gar nicht mehr gedacht.« Pater Marco schlürfte einen Schluck von seinem Caffè Latte.
    »Womit hat Comitti sein Verhalten entschuldigt?« Paolina beugte sich vor, um ein paar Krümel vom Tisch zu wischen, die der Pater hatte fallen lassen.
    »Er wäre bei seiner Familie gewesen. Ich habe das überprüft, er ist beurlaubt bis zum Ende der Woche.«
    »Bei seiner Familie?« Bei Paolina läutete eine Alarmglocke. Sie runzelte die Stirn. »Hat er noch irgendetwas gesagt? Ich meine, es muss ihm doch furchtbar peinlich gewesen sein, dass er das Buch nicht rechtzeitig zurückgegeben hat.«
    »Er hat mir lapidar erklärt, dass er bei seiner Familie in Mailand gewesen sei und das war es auch schon. Er ist noch nicht einmal aufgestanden, um mir das Buch selbst zu geben. Der Sicherheitschef hat nach ihm gesucht.«
    Paolina schüttelte den Kopf. Irgendetwas passte nicht. Sie konnte nur nicht sagen, was. »Sonst hat er nichts gesagt?«
    »Er hat kaum die Zähne auseinanderbekommen. Nur das mit der Familie in Mailand, das hat er zweimal wiederholt.«
    »Merkwürdig.«
    »Nun, ja. Wenden wir uns erfreulicheren Themen zu.« Mit diesen Worten nahm Pater Marco die Zeitung und schlug den Sportteil auf.
    »Kann ich Ihnen noch etwas bringen, Pater?«
    »Noch so ein Caffè Latte wäre schön.«
    Damit war Paolina entlassen. Maria war nicht unglücklich über ihre Unterstützung. Das Café war mittlerweile bis auf den letzten Tisch besetzt.
    Hin und wieder, wenn es ihre Arbeit erlaubte, sah sie zum Vatikan hinüber und überlegte, was sich wohl hinter den Mauern abspielte. Pater Marco hatte zwischenzeitlich gezahlt, aber das Gespräch mit ihm beschäftigte sie weiter. Keinem ihrer Gäste wäre das aufgefallen, doch Maria, ihrer treuen Seele, fiel es auf.
    »Was ist mit dir los?«
    Paolina sah ihre Freundin erstaunt an. Maria war fast ein Kopf kleiner als sie und eine typische Römerin. Ihre dunklen Augen blitzten spöttisch, als sie ihre Chefin betrachtete.
    »Bist du verliebt?«
    »Was?« Paolina wusste wirklich nicht, was Maria meinte.
    »Du kommst jetzt schon das zweite Mal an der Kaffeemaschine vorbei, ohne sie abzuwischen. Ich fange an, mir Sorgen zu machen.«
    Paolina drehte sich nach der Kaffeemaschine um und lachte. »Erwischt. Aber ich bin nicht verliebt, ich mache mir nur Gedanken.«
    »Über wen? Ist er hübsch?«
    »Maria! Ich mache mir Sorgen um Pater Comitti.«
    »Den alten Zausel aus dem Archiv? Was ist mit ihm?«
    »Er hat Pater Marco gesagt, dass er bei seiner Familie war.«
    »Ja und?« Maria versenkte einen Löffel Zucker in ihrem Kaffee.
    »Er hat noch nie etwas von seiner Familie erzählt. Ich meine, ich wusste gar nicht, dass er noch Familie hat.«
    »Das ist doch nichts Besonderes. Manche Leute reden eben nicht gern über ihre Familie. Du zum Beispiel.«
    »Trotzdem, es will mir nicht aus dem Kopf gehen, dass er gesagt hat, dass er bei seiner Familie in Mailand war. Irgendwas stimmt da nicht.«
    Maria lachte. »Da stimmt allerdings wirklich was nicht.«
    Paolina hielt verwirrt in der Bewegung inne. »Was?«
    »Comitti ist Sizilianer. Waschechter Sizilianer. Was sollte er da in Mailand?«
    »Bist du dir sicher?«
    »Hundert Prozent sicher. Er ist Sizilianer. Jeder Römer riecht einen Sizilianer auf hundert Meter.«
    Neue Gäste kamen und Maria wandte sich mit einem gespielten Seufzen der Arbeit zu. Paolina blieb, wo sie war, und dachte nach. Comitti hatte einen Hilferuf ausgestoßen, als er Pater Marco zweimal gesagt hatte, dass er in Mailand bei seiner Familie war, das begriff sie jetzt. Dass er Sizilianer war, gab den Ausschlag. Jetzt musste sie handeln. Es war ein Hilferuf, den nur sie verstand – den sie verursacht hatte. Wenn Comitti durch ihre Handlung in Gefahr kam, musste sie ihm helfen.

Vatikanstadt
    03. November 2012
     
     
     
    Comitti wurde wach und sah zum Fenster. Es wurde bereits

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