Velvet Haven Paradies der Dunkelheit
in einem zerknitterten Anzug vor ihr. »Ich bin mir sicher, Sie werden mir Recht geben, dass gerade dies Sie durchaus qualifiziert.« Der Detective blickte auf das laminierte Namensschild, das an ihrem Schlüsselband hing. »Mairi MacAuley?«
»Ja.«
»Kommen Sie rein.«
Einer der Cops schob sie vorwärts, doch Mairi blieb wie angewurzelt stehen, schien unfähig, die Kabine zu betreten. »Was in drei Teufels Namen â¦Â«
»Ja, der Teufel war mit Sicherheit der Letzte, den sie gesehen hat«, murmelte der Detective. Mairi schluckte, als sie spürte, wie ihr die Galle hochkam. »Nun, Miss MacAuley, erkennen Sie diese Frau hier?«
Sie schüttelte den Kopf, konnte den Blick aber nicht von der nackten Leiche abwenden. Man hatte ihren Oberkörper wie eine Leinwand behandelt, ihre Haut war über und über von Stich- und Schnittwunden übersät. Symbole waren in die Haut geritzt, und an den Handgelenken, am Hals und an den Fesseln waren blutige Abschürfungen zu erkennen, die vermutlich von einem Seil herrührten.
Auf einem Stuhl neben der Bahre fand sich ein Stapel Kleidung, ein ziemlich scharfes, pinkfarbenes Lederkleid und ein Paar schwarzer Overknee-Stilettostiefel. Der Detective folgte ihrem Blick. »Die Klamotten haben wir gleich neben der Leiche gefunden. Auch ihre Handtasche lag wohl dort. Und als wir uns deren Inneres ansahen, sind wir auf das hier gestoÃen.«
Er reichte ihr eine strahlend weiÃe Visitenkarte. Mairi MacAuley, Krisenintervention, St. Michaels Krankenhaus.
ScheiÃe.
»Erinnern Sie sich jetzt an die Frau?«, fragte der Detective. Mairi schüttelte erneut den Kopf und machte noch einen Schritt auf die Krankentrage zu. Sie betrachtete die grausigen und doch kunstvollen Verzierungen auf dem Körper der Leiche und entdeckte auch die Spuren von schwarzem Wachs, das dem Mädchen auf Brüste und Venushügel getropft war. Der Gestank nach verkohltem Fleisch und verbranntem Haar drehte ihr geradezu den Magen um, sie musste wegsehen, in das Gesicht hinein, von dem Mairi wusste, dass es sie noch bis in ihre Alpträume hinein verfolgen würde.
Die Augen waren geöffnet. Sie hasste es, wenn sie einfach so starben. Und der Endotracheal-Schlauch, der aus ihrem Mund ragte, verriet ihr, dass sie noch nicht tot gewesen war, als man sie eingeliefert hatte. Sie war noch am Leben gewesen und hatte also ⦠gelitten.
»Nun?«
Die Augen kamen ihr vertraut vor, doch sie konnte sich nicht erinnern, jemals eine junge Klientin mit so knalligem, pinkfarbenem Haar gehabt zu haben. Sie griff nach der Mähne und zog die Nylonperücke herunter. Eine Kaskade blonden Haares kam darunter zum Vorschein. Vor Schreck lieà sie die Perücke fallen.
»Lauren Brady«, sagte sie in rauem Ton und erinnerte sich sofort an die Sitzung mit dem Mädchen in der vergangenen Woche. Das war zu einem Zeitpunkt gewesen, unmittelbar nachdem sie das Manuskript gefunden und entwendet hatte.
»Fällt Ihnen irgendetwas zu ihr ein?«
»Sie ist siebzehn. Keine Eltern. Ein Mündel des Mater Dolorosa.«
»Sie meinen dieses Heim für notleidende Mädchen?«, erkundigte sich der Detective, öffnete sein Notizbuch und begann zu schreiben.
»Ja«, flüsterte Mairi und schloss Lauren die Augenlider, um nicht länger ihren leeren Blick ertragen zu müssen. Dabei schob sich der Gummizug am Ãrmel ihres Laborkittels nach oben, wodurch die blassen, gezackten Narben an der Innenseite ihres Handgelenks zum Vorschein kamen. Gleichgültig zog Mairi den Ãrmel wieder nach unten und befestigte ihn, indem sie mit ihren Fingern den Gummizug hielt.
»Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
»Donnerstagnachmittag. Ich helfe einmal in der Woche freiwillig in dem Heim aus. An dem Tag war sie mein letzter Termin.«
Der Detective lieà ein Grummeln vernehmen, während er das alles notierte. »Das St. Michaels unterhält also eine Art Hilfsprogramm mit dem Mater Dolorosa?«
»Nein.«
»Nein? Sie machen das alles ehrenamtlich? Sind Sie eine Heilige?«
Mairi spürte, wie ihr Gesicht vor Wut rot anlief. »Es gibt immer noch so etwas wie Wohltätigkeit und Mitgefühl in dieser Welt, Detective.«
»Wirklich? Ist mir persönlich schon seit Jahren nicht mehr begegnet.« Er musterte sie von oben bis unten, wobei sich seine Augen zusammenzogen. »Das Mater Dolorosa hatte im
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