Vera Lichte 05 - Tod eines Heimkehrers
Visitenkarte geschrieben und auf das gemeinsame Klavierspiel gehofft.
Nun liefen sie hier über Stein und Sand. Ein Flussbett. Oder was sollte dieser Stolperpfad anderes vortäuschen?
Perak war außer Atem, als er am Ausgang Dammtor ankam. Er war kein Mensch, der die Natur liebte. Nicht einmal die künstlich angelegte. Auch Kapstadts Kirstenbosch hatte er nicht geschätzt.
Vera und das Kind standen an den Kiosk gedrückt, als ob sie Schatten suchten. Der Kiosk war geschlossen. Die Läden heruntergezogen.
Perak ging auf Vera zu. Vierzig Meter vielleicht noch.
Das silberfarbene Auto hielt mit quietschenden Reifen. Perak hatte keine Ahnung, wer der Mann war, der heraussprang. Er hatte auch kaum vor, ihn kennenzulernen. Philip Perak entzog sich durch Flucht.
Anni stand auf dem Balkon und hielt Ausschau. In der Hand hatte sie das schnurlose Telefon, gegen das sie einst gewesen war, als es darum ging, das elfenbeinfarbene aus Bakelit mit Wählscheibe zu ersetzen.
Veras Handy war dauernd besetzt. Nick auch nicht zu erreichen.
Was sollte dieser technische Spinnkram?
Brachte die Menschheit einander nicht näher. Sah man ja.
Engelenburg war zum Spielplatz am Goldbekmarkt gegangen.
Hatte Vera nicht was von Spielplatz gesagt?
Die Knutschkugel hatte Eimerchen und Schüppchen mitgenommen. Dass sie nicht nachgefragt hatte. Tat sie sonst immer. Nicholas’ kleine Thermosflasche mit dem Pfirsicheistee stand auch noch da.
Was war das denn für eine Verabschiedung gewesen? Keine bohrenden Fragen gestellt. Den Proviant nicht hinterhergetragen. Anni konnte sich nur an die eigene Nase fassen. Wenigstens hatte sie ihnen die Beschwörungsformel nachgerufen.
»Passt gut auf euch auf.«
Wenn das nur gelungen war.
Anni stellte sich auf die Zehen. Konnte man kaum noch was sehen bei all dem Grün. Kam Engelenburg da hinten um die Ecke? Sie spähte über das Ligusterbäumchen, das dringend beschnitten werden musste.
Das war Engelenburg, der da kam. Ohne Vera und den Kleinen.
Lieber Gott, tu was, dachte Anni.
Ein silberfarbenes Auto, das vor dem Haus nebenan hielt. Wo Nick nur steckte? Den kriegten sie kaum zu sehen in letzter Zeit.
Anni sah nicht, dass auch Nicks schwarzer Golf hielt.
Auch die Umarmungen nicht, die unten stattfanden.
Als seien Überlebende des letzten Weltuntergangs aufgetaucht.
Sie stand schon im Flur, um Engelenburg die Tür zu öffnen.
Nick hatte Veras Nummer auf dem Display seines Handys gesehen.
Entgangene Anrufe. Dreimal kurz hintereinander. Das klang wie SOS in seinen Ohren. Vera mochte anspruchsvoll sein, doch das würde sie nicht tun, um ihn zu Hummer Pedersen zu lotsen.
Das Krebseessen war erst drei Tage her. Doch in anderen Zeiten wäre er zwölf Stunden später schon wieder bei den drei liebsten Menschen in seinem Leben gewesen. Er zögerte nun, das zu tun.
Versuchte, sich schweren Herzens fernzuhalten.
Sonst hätte er den arbeitsfreien Montag mit Vera verbracht, ihr erspart, Perak allein gegenüberzustehen. Waren das wirklich die Zeiten, um die eigenen Befindlichkeiten auszuleben?
»Ich habe Jan von Herzen gern«, hatte Vera gesagt, als sie über Zander und Seezunge saßen und den großen Schiffen zuguckten.
Das erstaunte ihn nicht. Sollte sein. War nicht neu. Doch anders.
Den Tag hatte er an der Elbe verbracht. Nicht da, wo Pit die unbekannte Tote gefunden hatte, sondern bei Teufelsbrück. Hatte am Ufer gesessen, kaum Sand dort, nur eine grasige Böschung.
Danach war er zum Jacob’s gegangen. Hatte auf der Lindenterrasse ein luxuriöses Glas Wein getrunken. An Vera gedacht.
Er hatte sie nicht nur von Herzen gern. Er liebte sie.
Kein guter alter Nick, der die gute alte Vera liebte.
Ein Mann und eine Frau. Lelouch ließ grüßen.
Doch hatte es einen Sinn, so spät mit dieser Erkenntnis zu kommen?
Engelenburg traurig zu machen und das Leben noch komplizierter?
Nick hörte Veras herzliches Lachen, nachdem er ihr die Liebe gestand.
Hörte das Lachen in seinem Kopf klingen, wenn er nachts wach wurde.
Glaubte es zu hören, als sie vor dem Haus standen und doch nur das Summen des Türöffners hörten, den Anni oben hartnäckig betätigte.
Never lovers ever friends. Lebten sie nicht nach diesem Lied?
»Ich hatte das Handy auf stumm gestellt«, sagte er.
Vera nickte. Einen Augenblick lang sahen sie sich an.
Dann gingen sie hinauf. Vera. Nick. Der Kleine. Pit. Engelenburg.
Der Nick nachdenklich betrachtete. Unbemerkt von allen.
»Ich habe die Palme gegossen«, sagte Kummer.
»Du
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