Verbannt
aus, als hätte man ihm Krähenfraß vor die Pfoten gelegt.«
»Er hat Bach gerade einen kleinen Schubs gegeben«, fügte Löwenpfote hinzu, der als Nächster herbeigetappt kam. »Sie will eigentlich gar nicht zu ihnen gehen.«
An den Pfotenschritten seines Wurfgefährten merkte Häherpfote, dass ihn seine Kampfwunden noch schmerzten. Doch er spürte auch Stolz in ihm, als wisse er, dass er gut gekämpft hatte.
»Nun berühren sie sich mit den Nasen«, erwiderte Distelpfote leise. »Aber sie sehen immer noch aus, als …«
Den Rest ihrer Worte hörte Häherpfote nicht mehr. Plötzlich wankte der Boden unter seinen Pfoten und seine Ohren pochten laut. Der Gestank von Blut füllte seine Nase. Rotes Licht flutete über ihn hinweg und plötzlich konnte er sehen.
Von allen Seiten drängten kämpfende Katzen auf ihn ein. Er konnte ihr Kreischen hören und Krallen, die durch Fell fetzten. Blut spritzte heiß und klebrig auf seinen Pelz. Der Boden unter ihm war harter Fels, vorsichtig tastete er sich mit den Krallen voran, während er versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Er hatte seine Pfoten um einen umgestürzten Felsbrocken geschlungen, der langsam bergab glitt. Er kraxelte über einen engen Felsspalt und konnte gerade noch verhindern, darin eingeklemmt zu werden, dann erblickte er unter sich eine steil abfallende Felswand und vor sich nur den leeren, von der untergehenden Sonne blutrot gefärbten Himmel.
Schwindlig von der Höhe und der Gewalt des Kampfes, hatte er das Gefühl, als wären seine Pfoten an dem Gestein festgefroren. Wo war er nur? Das war kein Traum, doch die Lichtung beim See war verschwunden, als hätte sie nie existiert. Er drängte einen Schrei des Entsetzens zurück, als die Szene vor ihm flackerte; Dunkelheit kehrte zurück, aber nicht die tiefschwarze Finsternis seiner Blindheit. Er befand sich in einer Höhle, wo das Geräusch fallenden Wassers von den Felsen widerhallte. Mondlicht schien durch einen glitzernden Wasservorhang vor dem Eingang.
Überall um ihn herum saßen Katzen und unterhielten sich mit leisen, ernsten Stimmen. Häherpfote konnte ihre Gerüche wittern und erkannte darunter auch den der Eindringlinge, die ins DonnerClan-Lager gekommen waren. Sie saßen ihm gegenüber: ein riesiger getigerter Kater und eine kleinere schwarze Kätzin. Dann nahm er eine Bewegung am Rand der Höhle wahr und erblickte einen kräftigen grauen Krieger, der gerade aufstand. Der Geruch verriet ihm, dass es sich um Sturmpelz handelte. Dann muss die getigerte Kätzin neben ihm Bach sein.
Sturmpelz wandte sich an eine braune Katze, die auf einem Felsen inmitten der Höhle saß. »Es ist sinnlos zu erwarten, dass diese Katzen wieder verschwinden«, miaute er. »Sie wollen sich hier niederlassen, und es schert sie nicht, wie viele Schwierigkeiten sie uns damit bereiten. Wir müssen ihnen zeigen, dass sie unser Territorium zu respektieren haben.«
»Und wie sollen wir das machen?«, fragte eine andere Katze.
»Moment mal! Wir wollen aber nicht, dass andere Katzen in unserer Nähe leben.« Das war der getigerte Kater. »Die Berge gehören uns.«
»Nicht mehr, Fang«, miaute Sturmpelz bedauernd.
»Wir werden uns wohl daran gewöhnen müssen«, fügte Bach hinzu.
Sturmpelz neigte zustimmend den Kopf. »Ich schlage vor …«, hob er an.
Die braune Katze auf dem Fels zuckte mit dem Schwanz. »Der Stamm der ewigen Jagd hat mir kein solches Zeichen geschickt«, protestierte sie.
»Vielleicht wandeln die Vorfahren dieser neuen Katzen an einem anderen Himmel.« Sturmpelz’ Tonfall war respektvoll, aber Häherpfote spürte seine Frustration wie spitze Dornen. »Der Stamm hat schon immer herumstreunende Einzelläufer vertrieben«, fuhr der graue Krieger fort, »aber das ist eine neue Situation. Wir müssen einen anderen Weg finden, um mit ihnen fertigzuwerden.«
Nacht, die schwarze Kätzin, reckte den Hals und schaute Sturmpelz an. »Was schlägst du vor?«
»Warum fragt ihr ihn?« Die Frage kam von einem mageren, getüpfelten braunen Kater, der neben dem Wasservorhang kauerte. Seine Schnauze war altersweiß und er besaß nur noch ein Auge. »Er hat erst vor Kurzem seine Pfoten in die Berge gesetzt. Was weiß er schon von unseren Traditionen?«
»Gerade deshalb sollten wir ihn anhören«, fuhr Fang ihn an. »Sturmpelz hat dort gelebt, wo es viele andere Katzen gibt. Er weiß besser als wir, wie man mit fremden Katzen fertigwird.«
»Das stimmt!«, rief eine weitere Katze aus dem Schatten.
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