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stellen, wie die Dinge jetzt weitergehen sollen«, begann Mikael.
Frode blickte auf.
»An Ihrer Anstellung ändert sich nichts. Das ist alles in dem Vertrag geregelt, der bis zum Ende des Jahres läuft, ob Henrik nun lebt oder nicht. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.«
»Darüber mache ich mir keine Sorgen, das habe ich nicht gemeint. Ich frage mich nur, wem ich in seiner Abwesenheit Bericht erstatten soll.«
Frode seufzte.
»Sie wissen doch so gut wie ich, Mikael, dass diese ganze Geschichte mit Harriet Vanger ein Zeitvertreib für Henrik ist.«
»Sagen Sie das nicht.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich habe neues Beweismaterial gefunden«, erklärte Mikael. »Ich habe Henrik gestern teilweise davon in Kenntnis gesetzt. Ich befürchte, das könnte zu seinem Herzinfarkt beigetragen haben.«
Frode sah Mikael mit einem seltsamen Blick an.
»Sie machen Witze.«
Mikael schüttelte den Kopf.
»In den letzten Tagen habe ich mehr Material zu Harriets Verschwinden zutage gefördert als die offiziellen Ermittlungen in gut fünfunddreißig Jahren ergeben haben. Nur leider haben wir nie ausgemacht, wem ich Bericht erstatte, wenn Henrik nicht da ist.«
»Sie können es mir erzählen.«
»Okay. Ich muss hier irgendwie weitermachen. Haben Sie ein bisschen Zeit?«
Mikael brachte seine neuen Entdeckungen so pädagogisch wie möglich vor. Er präsentierte die Bilderserie von der Bahnhofstraße und legte seine Theorie dar. Danach erklärte er, wie seine eigene Tochter das Rätsel mit dem Adressbuch geknackt hatte. Zum Schluss brachte er noch die Information über den brutalen Mord von 1949 an Rebecka Jacobsson vor.
Die einzige Information, die er noch für sich behielt, war Cecilia Vangers Gesicht in Harriets Fenster. Er wollte zuerst mit ihr sprechen, bevor er sie einem derartigen Verdacht aussetzte.
Frode legte seine Stirn in bekümmerte Falten.
»Sie meinen, dass der Mord an Rebecka mit Harriets Verschwinden in Zusammenhang steht?«
»Ich weiß nicht. Es wirkt unwahrscheinlich. Aber es ist eine Tatsache, dass Harriet die Initialen RJ in ihrem Adressbuch verzeichnet hatte, ergänzt durch einen Verweis auf das Gesetz für Brandopfer. Rebecka Jacobsson verbrannte. Die Verbindung zur Familie Vanger ist nicht zu übersehen - sie arbeitete im Vanger-Konzern.«
»Und wie erklären Sie sich das alles?«
»Ich erkläre es ja noch gar nicht. Aber ich will weitermachen. Ich betrachte Sie als Henriks Vertreter. Sie müssen für ihn entscheiden.«
»Vielleicht sollten wir die Polizei informieren.«
»Nein. Zumindest nicht ohne Henriks Erlaubnis. Der Mord an Rebecka ist schon lange verjährt, die polizeilichen Ermittlungen sind eingestellt. Sie werden die Ermittlungen in einem Mordfall, der vor vierundfünfzig Jahren geschah, nicht neu aufrollen.«
»Ich verstehe. Was wollen Sie tun?«
Mikael stand auf und drehte eine Runde in der Küche.
»Als Erstes will ich die Spur mit dem Foto verfolgen. Wenn wir sehen, was Harriet gesehen hat … ich glaube, das könnte ein Schlüssel zu den Ereignissen sein. Das bedeutet zum Zweiten, dass ich ein Auto brauche, damit ich nach Norsjö fahren und die Spur weiterverfolgen kann. Und drittens will ich den Bibelzitaten nachgehen. Wir haben bislang ein Zitat mit einem abscheulichen Mord in Verbindung bringen können. Bleiben noch vier Zitate. Um das zu leisten … brauche ich eigentlich Hilfe.«
»Was für Hilfe?«
»Ich brauche einen Mitarbeiter, der Recherchen betreibt. Er müsste sich durch alte Pressearchive wühlen und Magda und Sara und die anderen Namen finden. Wenn es so ist, wie ich glaube, dann war Rebecka nicht das einzige Opfer.«
»Sie wollen also noch jemand einweihen …«
»Es ist plötzlich so ein riesiger Berg Recherchearbeit zu bewältigen. Wenn ich Kommissar in laufenden Ermittlungen wäre, dann könnte ich Zeit und Personal einteilen und die Leute für mich recherchieren lassen. Ich brauche einen Profi, der sich mit Archivarbeit auskennt und zugleich zuverlässig ist.«
»Ich verstehe … Tatsächlich kenne ich eine kompetente Ermittlerin. Sie hat Ihren persönlichen Hintergrund für uns recherchiert«, rutschte es Frode heraus, bevor er sich auf die Zunge beißen konnte.
»Wer hat was recherchiert?«, fragte Mikael Blomkvist scharf.
Frode wusste, dass er sich verplappert hatte. Ich werde alt, dachte er.
»Ich habe nur laut gedacht. Das hatte gar nichts zu bedeuten«, versuchte er sich herauszureden.
»Sie haben Recherchen zu meiner Person in Auftrag
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