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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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Textes verwendet. Er warf einen Blick auf den Umschlag, in dem der Bericht gesteckt hatte. Er war auf drei Tage vor dem Zeitpunkt datiert, an dem Mikael das Urteil gesprochen wurde. Das ist unmöglich.
    An diesem Tag hatte die Pressemitteilung nur an einem einzigen Ort auf der Welt existiert. In Mikaels Computer. In seinem eigenen iBook, nicht im Computer in der Redaktion. Der Text war nie ausgedruckt worden. Nicht einmal Erika hatte eine Kopie davon besessen.
    Mikael Blomkvist legte Lisbeth Salanders Bericht langsam aus der Hand. Er beschloss, sich nicht noch eine Zigarette anzuzünden. Stattdessen zog er die Jacke an und ging in die Nacht hinaus, die eine Woche vor Mittsommer ganz hell war. Er folgte dem Ufer des Sunds, passierte Cecilias Grundstück und das protzige Motorboot, das unterhalb von Martin Vangers Villa lag. Er ging langsam und dachte nach. Schließlich setzte er sich auf einen Stein und sah zu den Blinkfeuern in der Hedestads-Bucht hinaus. Es gab nur eine Möglichkeit.
    Du bist in meinem Computer gewesen, Lisbeth Salander, sagte er laut zu sich selbst. Du bist eine verdammte Hackerin.

18. Kapitel
    Mittwoch, 18. Juni
     
    Lisbeth Salander schreckte aus ihrem traumlosen Schlaf hoch. Ihr war leicht übel. Sie brauchte den Kopf nicht zu drehen, um sich zu vergewissern. Sie wusste auch so, dass Mimmi schon zur Arbeit gegangen war, aber ihr Geruch hing immer noch in der abgestandenen Schlafzimmerluft. Sie hatten auf dem Dienstagstreffen mit den Evil Fingers in der Mühle zu viel Bier getrunken. Kurz bevor das Lokal zumachte, war Mimmi aufgetaucht und hatte sie nach Hause und ins Bett begleitet.
    Im Gegensatz zu Mimmi hatte Lisbeth sich nie als Lesbe gesehen. Sie hatte ihre Zeit niemals damit verschwendet, darüber nachzudenken, ob sie hetero-, homo- oder möglicherweise bisexuell war. Im Großen und Ganzen machte sie sich nichts aus solchen Etiketten und fand, dass es ihre Sache war, mit wem sie ins Bett ging. Müsste sie sich unbedingt für eine sexuelle Präferenz entscheiden, dann hätte sie wohl Jungs vorgezogen - zumindest waren die in ihrer persönlichen Statistik die Spitzenreiter. Es war nur ein bisschen problematisch, einen Jungen aufzutreiben, der kein Waschlappen und einigermaßen anständig im Bett war. Da war Mimmi ein süßer Kompromiss. Sie hatte Mimmi ein Jahr zuvor in einem Bierzelt auf dem Gay-Pride-Festival kennengelernt, und sie war die einzige Person, die Lisbeth ihrerseits den Evil Fingers vorgestellt hatte. Sie hatten das Jahr über sporadisch Kontakt gehabt; für beide Seiten war das Ganze nur ein Zeitvertreib. Mimmi hatte einen warmen und weichen Körper, aber sie war auch jemand, mit dem man aufwachen und frühstücken konnte.
    Die Uhr auf ihrem Nachttisch zeigte halb zehn Uhr vormittags, und sie überlegte gerade, wovon sie aufgewacht war, als es an der Tür läutete. Sie setzte sich verblüfft auf. Nur ganz wenige Menschen klingelten überhaupt bei ihr. Schlaftrunken wickelte sie sich ihr Laken um den Körper, tapste leicht taumelnd auf den Korridor und öffnete. Sie blickte direkt in die Augen von Mikael Blomkvist. Panik fuhr ihr in die Glieder, und sie trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Guten Morgen, Frau Salander«, begrüßte er sie munter. »Ich seh schon, ist ein bisschen spät geworden gestern. Darf ich reinkommen?«
    Ohne ihre Erlaubnis abzuwarten, trat er über die Schwelle und zog die Tür hinter sich zu. Er betrachtete neugierig den Kleiderhaufen auf dem Flurboden sowie den Berg von gebündeltem Altpapier und spähte durch die Schlafzimmertür, während Lisbeth Salanders Welt Kopf stand - wie, was, wer? Mikael Blomkvist sah amüsiert, dass ihr der Mund weit offen stand.
    »Ich habe mir schon gedacht, dass Sie noch nicht gefrühstückt haben, deshalb habe ich Bagels mitgebracht. Einmal Roastbeef, einmal Pute mit Dijon-Senf und einmal vegetarisch mit Avocado. Ich weiß nicht, welchen Sie gerne möchten. Roastbeef?« Er verschwand in ihrer Küche und fand ihre Kaffeemaschine sofort. »Wo steht denn der Kaffee?«, rief er. Salander stand wie gelähmt auf dem Flur, bis sie den Wasserhahn hörte. Sie machte drei rasche Schritte.
    »Stopp!« Sie merkte, dass sie geschrien hatte, und senkte die Stimme. »Sie können hier nicht einfach reinstiefeln, als würden Sie hier wohnen, verdammt noch mal! Wir kennen uns ja nicht mal.«
    Mikael Blomkvist, der mit der Kaffeekanne gerade Wasser in den Behälter gießen wollte, hielt inne und wandte sich zu ihr.
    Er antwortete

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