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Verblendung

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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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anschließend in ihr Zimmer zu kommen. Sie nickte und ging durch diese Tür dort hinaus. Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe. Ein paar Minuten später krachte es auf der Brücke, und das Chaos, das alle Pläne für den Tag über den Haufen werfen sollte, brach aus.«
    »Wie starb sie?«
    »Warten Sie. Es ist so kompliziert, ich muss die Geschichte chronologisch erzählen. Als die Wagen zusammenstießen, ließen die Leute alles stehen und liegen und rannten zur Unfallstelle. Ich war … ich denke, ich habe das Kommando übernommen und war in den nächsten Stunden fieberhaft beschäftigt. Wir wissen, dass auch Harriet nach der Kollision sofort zur Brücke hinunterlief - mehrere Personen haben sie gesehen -, aber wegen der Explosionsgefahr schickte ich alle, die nicht mithalfen, Aronsson aus seinem Autowrack zu befreien, wieder fort. Wir blieben zu fünft am Unfallort zurück: ich und mein Bruder Harald, ein Hofarbeiter namens Magnus Nilsson, Sixten Nordlander, ein Sägewerksarbeiter, der unten am Fischerhafen ein Haus hat, und ein Kerl namens Jerker Aronsson. Er war erst sechzehn, und ich hätte ihn eigentlich wegschicken sollen, aber er war Aronssons Neffe und kam wenige Minuten nach dem Unfall gerade mit seinem Fahrrad vorbei.
    Ungefähr um 14.40 Uhr war Harriet in der Küche. Sie trank ein Glas Milch und wechselte ein paar Worte mit Astrid, der Köchin. Sie sahen durchs Fenster dem Tumult auf der Brücke zu.
    Um 14.55 Uhr ging Harriet über den Hof. Sie wurde unter anderem von ihrer Mutter gesehen, aber sie sprachen nicht miteinander. Ein paar Minuten später traf sie Otto Falk, den Pastor der Kirche in Hedeby. Damals lag das Pfarrhaus dort, wo Martin Vanger heute seine Villa hat. Der Pastor wohnte also auf dieser Seite der Brücke. Er hatte sich erkältet und lag schlafend im Bett, als sich der Unfall ereignete. Er hatte das große Drama verschlafen, war nun alarmiert worden und auf dem Weg zur Brücke. Harriet hielt ihn auf und wollte ein paar Worte mit ihm wechseln, aber er wimmelte sie ab und eilte vorbei. Otto Falk war der Letzte, der sie lebend sah.«
    »Wie starb sie?«, wiederholte Mikael.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Henrik Vanger mit gequältem Blick. »Erst irgendwann gegen fünf Uhr nachmittags hatten wir Aronsson aus dem Wrack befreit - er überlebte übrigens, wenn auch übel zugerichtet -, und um kurz nach sechs galt die Brandgefahr als gebannt. Die Insel war immer noch vom Festland abgeschnitten, aber die Dinge beruhigten sich langsam. Erst als wir uns gegen acht zu einem verspäteten Abendessen zu Tisch setzten, entdeckte man, dass Harriet fehlte. Ich schickte eine ihrer Kusinen los, um sie aus ihrem Zimmer zu holen, aber sie kam zurück und sagte, sie könne sie nicht finden. Ich dachte nicht groß drüber nach und vermutete wohl, dass sie spazieren gegangen war oder nicht mitbekommen hatte, dass unser Abendessen wie geplant stattfinden sollte. Im Laufe des Abends gab es so einigen Streit mit der Familie. Erst am nächsten Morgen, als Isabella nach ihr suchte, wurde uns klar, dass Harriet bereits seit gestern Nachmittag verschwunden war.«
    Er breitete die Arme aus.
    »Seit jenem Tag ist Harriet Vanger spurlos verschwunden.«
    »Verschwunden?«, echote Mikael.
    »In all den Jahren gab es nicht die geringste Spur von ihr.«
    »Aber wenn sie verschwunden ist, können Sie doch nicht behaupten, dass sie ermordet wurde.«
    »Ich verstehe Ihren Einwand. Ich habe genauso gedacht. Wenn ein Mensch spurlos verschwindet, gibt es vier Möglichkeiten: Er kann freiwillig verschwunden sein und sich verstecken. Er kann bei einem Unfall ums Leben gekommen sein. Er kann Selbstmord begangen haben. Und er kann Opfer eines Verbrechens geworden sein. Ich habe über all diese Möglichkeiten nachgedacht.«
    »Sie glauben also, dass jemand sie umgebracht hat. Warum?«
    »Weil das die einzig logische Schlussfolgerung ist.« Henrik Vanger hielt einen Finger in die Höhe. »Von Anfang an habe ich gehofft, sie sei einfach davongelaufen. Doch mit der Zeit begriffen wir, dass es nicht so war. Ich meine, wie könnte ein sechzehnjähriges Mädchen aus behüteten Verhältnissen, auch wenn sie clever ist, alleine klarkommen und sich so verstecken, dass sie nicht entdeckt wird? Woher sollte sie das Geld haben? Und selbst, wenn sie irgendwo einen Job gefunden hätte, brauchte sie immer noch eine Steuerkarte und einen festen Wohnsitz.«
    Er hielt zwei Finger in die Höhe.
    »Mein nächster Gedanke war natürlich,

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