Verblendung
verdammte Stenbeck hat sich Pluspunkte geholt, als er Moderna Tider herausgab, da kann ich ja wohl hinter Millennium stehen. Das obendrein noch eine gute Zeitschrift ist.«
»Hat das etwas mit Wennerström zu tun?«, fragte Mikael plötzlich.
Henrik Vanger lächelte.
»Mikael, ich bin über achtzig Jahre alt. Ich habe es bereut, so manches versäumt und einigen Mistkerlen das Leben nicht saurer gemacht zu haben. Doch apropos« - er wandte sich wieder an Erika - »eine solche Investition ist mit mindestens einer Bedingung verbunden.«
»Schießen Sie los«, sagte Erika.
»Herr Blomkvist muss wieder den Posten des verantwortlichen Herausgebers übernehmen.«
»Das geht nicht!«, widersprach Mikael sofort.
»Doch!«, gab Henrik Vanger ebenso entschieden zurück. »Wennerström kriegt einen Schlaganfall, wenn wir mit der Pressemitteilung rausgehen, dass der Vanger-Konzern Millennium unter die Arme greift und Sie gleichzeitig als verantwortlicher Herausgeber zurückkommen. Deutlicher können wir nicht signalisieren, dass dies keine Machtübernahme ist und die Politik der Redaktion feststeht. Und allein das wird die Anzeigenkunden, die sich jetzt zurückziehen wollen, noch einmal zum Nachdenken zwingen. Wennerström ist nicht allmächtig. Er hat auch Feinde, und es wird Firmen geben, die Inserate schalten wollen.«
»Was zum Teufel sollte das denn bedeuten?«, fragte Mikael, sobald Erika die Haustür schloss.
»Ich glaube, das nennt man vorbereitende Erkundigungen vor einem Geschäftsabschluss«, antwortete sie. »Du hattest mir ja gar nicht erzählt, dass Henrik Vanger so ein Schatz ist.«
Mikael baute sich vor ihr auf. »Ricky, du weißt genau, wovon dieses Gespräch handeln sollte.«
»Ach, komm schon. Es ist erst drei Uhr, und ich will mich vor diesem Abendessen noch ein bisschen amüsieren.«
Mikael Blomkvist kochte vor Wut. Aber er hatte Erika noch nie lange böse sein können.
Erika trug ein schwarzes Kleid, eine taillenkurze Jacke und Pumps, die sie rein zufällig in ihre kleine Reisetasche gesteckt hatte. Sie bestand darauf, dass auch Mikael sich in Schale warf. Er zog eine schwarze Hose an, ein graues Hemd, einen dunklen Schlips und ein graues Sakko. Als sie pünktlich bei Henrik Vanger erschienen, stellte sich heraus, dass auch Dirch Frode und Martin Vanger zu den Gästen gehörten. Alle trugen Schlips und Sakko, bis auf Henrik, der mit Fliege und brauner Strickjacke herumlief.
»Achtzig Jahre alt zu sein hat den Vorteil, dass keiner mehr beanstanden kann, wie man sich anzieht«, stellte er fest.
Erika war den ganzen Abend strahlender Laune.
Erst als sie es sich später in einem Salon mit offenem Kamin bequem machten und sich einen Cognac eingossen, kam ein ernsthaftes Gespräch in Gang. Sie redeten fast zwei Stunden, bis sie den Entwurf eines Vertrages auf dem Tisch hatten.
Frode sollte ein Unternehmen gründen, das zu 100 Prozent Henrik Vanger gehörte und dessen Leitung aus ihm, Frode und Martin Vanger bestehen sollte. Diese Firma würde über vier Jahre hinweg einen Betrag investieren, der Millenniums Defizit ausglich. Das Geld kam aus Henrik Vangers Privatvermögen. Im Gegenzug würde Henrik Vanger einen sichtbaren Posten im Vorstand erhalten. Diese Vereinbarung sollte vier Jahre gelten, konnte aber nach zwei Jahren von Millennium aufgekündigt werden. Eine solche vorzeitige Kündigung würde jedoch kostspielig werden, denn Henrik würde mit derselben Summe ausbezahlt werden müssen, die er eingezahlt hatte.
Im Falle seines plötzlichen Todes würde Martin Vanger für die restliche Zeit seinen Posten übernehmen. Wenn Martin sein Engagement über diese Zeit hinaus fortsetzen wollte, musste er zum gegebenen Zeitpunkt selbst dazu Stellung nehmen. Auch Martin Vanger schien erfreut über die Möglichkeit, es Hans-Erik Wennerström heimzuzahlen, und Mikael fragte sich, welche Differenzen er wohl mit Wennerström haben mochte.
Nachdem sie eine vorläufige Einigung erzielt hatten, schenkte Martin Vanger noch einmal Cognac nach. Henrik Vanger ergriff die Gelegenheit, um Mikael zuzuflüstern, dass dieser Vertrag ihre alte Vereinbarung in keiner Weise beeinträchtige.
Um in den Medien die größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen, beschloss man außerdem, die neuen Eigentumsverhältnisse am selben Tag zu veröffentlichen, an dem Mikael sich Mitte März ins Gefängnis begab. Ein so negatives Ereignis mit der Bekanntmachung der neuen Strukturen zu verbinden, war rein PR-technisch so
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