Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
die Hände ihrer Mutter. Sie waren kalt und feucht. „Sie haben Beweise. Daten und Bilder. Eine ganze Akte über dich.“ Sie rieb ihr die Hände, um sie zu wärmen. „Sag mir, dass es nicht wahr ist, Mama, und ich glaube dir. Sag mir, wie sie solche Bilder machen konnten, und ich werde …“
Hope entriss ihr die Hände und kletterte vom Bett. Sie rannte zur Tür, schlug sie zu und schloss ab.
„Mutter?“
Heftig keuchend wandte Hope sich zu ihr um. „Das Böse ist gekommen. Wir müssen uns verstecken. Wir müssen einen Plan machen.“
Ihr Herz begann zu hämmern, und Glory bewahrte nur mühsam äußerlich Ruhe. „Du bist hysterisch“, sagte sie scheinbar gelassen. „Beruhigen wir uns. Zusammen finden wir eine Lösung. Ich verspreche dir, wir …“
„Nein … nein, es kommt. Das Böse kommt.“
Glory ging zu ihr, nahm wieder ihre Hände und hielt sie fest. „Wovon redest du, Mama? Du musst es mir sagen, damit ich dir helfen kann.“
„Ja.“ Hope nickte. „Ich muss es dir sagen. Jetzt muss ich reden.“ Sie sah Glory in die Augen, und Glory erschrak über deren Ausdruck. „Das Böse, das Biest, es holt uns.“
Hope wandte sich ab und schritt auf und ab, dass das seidige Nachthemd und der Morgenmantel um ihre Knöchel flatterten. „Ich habe versucht, dich zu beschützen. Ich habe es immer versucht und nie aufgegeben. Weißt du, ich wusste es. Ich habe das Böse in dir gesehen, und es war stark.“
Glory befeuchtete sich die Lippen. „Was hast du gesehen, Mutter?“
„Das Biest.“
Glory wich zurück, da diese Worte sie trafen wie ein Schlag vor die Brust. Sie dachte an die vielen Male in ihrer Kindheit, wo sie erwacht war und ihre Mutter, neben dem Bett stehend, auf sie niedergestarrt hatte, als sei sie der Teufel persönlich.
Glory seufzte. Wie sehr hatte sie sich damals gewünscht, dass ihre Mutter sie liebte.
Doch ihre Mutter sah sie an und entdeckte ein Monster.
„Es ist ein Fluch“, fuhr Hope fort. „Das Pierron-Erbe des Bösen. Es wird von der Mutter an die Tochter weitergegeben … wir haben es alle. Wir sind Sünderinnen, wir unterliegen. Ich habe so heftig gekämpft, wie ich konnte.“ Sie legte die zitternden Hände vors Gesicht. „Es war zu stark.“
Glory schluckte trocken und dachte daran, was Santos ihr über die Perversionen ihrer Mutter erzählt hatte. „Also, bist du … unterlegen.“
„Ja.“ Hope hob ihr tränenfeuchtes Gesicht. „Für dich wollte ich etwas Besseres. Ich hatte geschworen, dir das Biest auszutreiben. Du solltest kein Opfer seiner sündigen Litanei werden. Habe ich nicht versucht, dich von ihm reinzuwaschen? Habe ich dich nicht sauber geschrubbt?“
Die Bibliothek. Klein Danny. Glory fürchtete, sich übergeben zu müssen.
Hope ergriff Glorys Hand. „Du hast immer noch Zeit. Verstehst du?“
Glory schüttelte langsam den Kopf und starrte ihre Mutter in wachsendem Entsetzen an. Hope war krank, geistesgestört. „Du brauchst Hilfe, Mama. Wir können dir helfen.“
„Es gibt keine Hilfe.“ Hope wich langsam zurück, drehte sich dann plötzlich um und rannte hinaus auf den Balkon. Sie packte das Geländer und lehnte sich so weit hinaus, dass sie fast abstürzte. Dabei atmete sie keuchend.
„Mama!“ Glory war ihr gefolgt und umschlang sie von hinten mit beiden Armen. „Du fällst! Komm da weg!“
Ihre Mutter wehrte sich und fiel gegen das Geländer, das ächzte und knarrte. Ängstlich zerrte Glory sie zurück. Dabei verlor sie das Gleichgewicht und fiel nach hinten gegen den Türrahmen. Ein Schmerz schoss durch ihre Schulter, und Hope befreite sich.
Sie wich von Glory zurück, bis sie am Geländer war. „Es lauert in dir und will deine unsterbliche Seele verschlingen. Ich habe versucht, dich von ihm zu befreien, dich von seinem Verlangen nach Fleischeslust zu reinigen.“
Glory streckte ihr eine Hand hin. „Santos wird uns helfen. Wenn ich ihn darum bitte, hilft er uns.“
Hope schüttelte den Kopf und war jetzt fast unheimlich ruhig. „Er trägt das Böse in sich, Glory. Der Teufel besitzt sie alle. Er benutzt sie, um uns zu bekommen.“
Glory hörte Stimmen von unten, Santos’ Stimme. Er würde ihr helfen, trotz allem würde er ihrer Mutter helfen. „Sie sind da, Mutter. Lass mich mit ihnen sprechen. Ich verschaffe uns Zeit. Wir finden eine Lösung. Zusammen.“
„In Ordnung, Glory.“ Ihre Mutter ging ins Schlafzimmer zurück, ihre Ruhe beängstigender als ihr Wahn. „Ich bete jetzt meinen Rosenkranz.“
Glory folgte ihr
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