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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Kirchen vorbei, dann durch ein eisernes Tor in den Park, eine Allee von Eichen entlang bis zum Portal des steinernen Schlosses, einem Bau der Tudor-Zeit, von den Jahrhunderten abgenutzt, aber voller Schönheit, rosenbewachsen und warm. Heron Hall befand sich seit unzähligen Generationen im Besitz der Familie Sheridy, es lag im Norden Norfolks, nahe der Küste. Das Innere des Hauses wies auf die lange Ahnenreihe hin, die hier hindurchgegangen war, fast alle Möbel waren alt und kostbar, angefertigt im prunkvollen Stil des frühen Barock. Von allen Wänden blickten ehrwürdige Damen und Herren aus goldgerahmten Bildern herab, Generationen von Sheridys. Seltsamerweise wirkte das Haus trotz seines Reichtums und seines Alters weder kalt noch verstaubt. Es besaß einen Charme, der jeden umfing, der hier eintrat, den Zauber eines alten Hauses, in dem so viel gelebt worden war, durch Krieg und Frieden, Leid und Glück hindurch, und dieses wechselvolle Leben wurde spürbar in jedem Winkel.
    Elizabeth empfand diese Geborgenheit. Aus jedem Raum kam
sie ihr entgegen, aber das konnte nicht verhindern, daß Gefühle von Schwermut und Einsamkeit sie in dieser ersten Zeit befielen. Ihr ganzes bisheriges Leben hatte sich zu schnell und zu grundlegend geändert, als daß sie damit hätte fertig werden können. Wann immer sie die Obstbäume, die bunten Sommerblumen, das weiche Gras und das dunkle Schloßgemäuer sah, stiegen andere Bilder in ihr auf, vergangen und doch wirklicher als die Gegenwart. Es war ihre bisherige Heimat, die tiefen, dunklen Wälder Louisianas mit ihren Schlingpflanzen und Farnen, der lehmige Boden, Baumwollfelder, weiter, als das Auge zu blicken vermochte, der Mississippi, der als schlammiger, gelber Strom durch sein gewaltiges Bett floß. Elizabeth mußte nur die Augen schließen, und sie hörte sogar die weichen Stimmen der Sklaven und Sklavinnen, wenn sie abends in ihren Hütten in schwermütigen Liedern eine verlorene Heimat besangen. Diese Lieder hatten für Elizabeth bislang nichts bedeutet als eine sanfte, vertraute Hintergrundmusik ihres Lebens, zum ersten Mal nun traten ihr die Tränen in die Augen, wenn sie die Melodien vor sich hin summte. Nun plötzlich begriff sie den Schmerz, der darin zum Ausdruck kam, sie erlebte ihn selbst, denn sie hatte alles verloren, was bisher zu ihr gehört hatte. Sie dachte an das weiße Säulenhaus, das zwischen dem dunklen Grün der Blätter hervorschimmerte, wenn man mit der Kutsche in die Auffahrt zur Plantage einbog, das weiße Herrenhaus mit seinen hohen Räumen und kühlen Gängen. Und doch - nicht immer waren Friede und Kühle dort gewesen. Besonders nachts, wenn sie jetzt wach in ihrem Bett lag und auf die ungewohnten Geräusche in diesem fremden Haus lauschte, drang wieder der entsetzliche Frühsommer des vergangenen Jahres in Elizabeths Bewußtsein, als ihre Eltern krank wurden und über Wochen hinweg mit dem Tod rangen. Elizabeth hatte damals nicht genau gewußt, was geschah, aber das Grauen dieser Wochen hatte sie gespürt. Es war so heiß in dieser Zeit wie nie zuvor, und dabei so schwül, daß die Luft förmlich nach Fieber und Fäulnis roch. Die Sterbeglocken in den Kirchen läuteten häufig, in vielen Familien trugen die Menschen auf einmal schwarze Kleider und liefen mit verweinten Gesichtern
herum. Sarah und Henry sprachen oft von dem Fieber, das umging und gnadenlos seine Beute suchte, aber für Elizabeth war das etwas, was nur Fremde betraf, niemals sie selbst oder gar die wunderschöne Sarah und den selbstbewußten Henry. Sie verstand nicht, wie es hatte geschehen können, daß eines Tages alle Sklaven im Haus schluchzten, daß niemand ihr sagen wollte, wo Sarah und Henry waren, daß ihr erst am Abend eines langen, furchtbaren Tages, den sie weinend in einer Ecke sitzend verbracht hatte, erlaubt wurde, leise in Sarahs Salon zu gehen. Nie, solange sie lebte, würde sie den unheimlichen Anblick des halbverdunkelten Raumes vergessen, in dem auf einem Sofa ihre Mutter lag, leise stöhnend und ohne ein Zeichen zu geben, daß sie ihre Tochter erkannte. Das Bild des eingefallenen, schweißglänzenden Gesichtes mit den feuchtverklebten Haaren in der Stirn wurde zu Elizabeths stetem Begleiter über Tage hinweg. Abend für Abend wurde sie in den Salon gerufen, um dieser fremden Sarah eine gute Nacht zu wünschen. Henry sah sie überhaupt nicht mehr, doch es mußte ihm genauso ergangen sein, denn an einem Abend, als sie schon in ihrem Bett lag, kam die

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