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Verbrechen ist Vertrauenssache

Verbrechen ist Vertrauenssache

Titel: Verbrechen ist Vertrauenssache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Standardmodell: dunkler Anzug, dunkle Krawatte, dunkle Schuhe, weißes Hemd, kurzgeschnittenes Haar, ausdrucksloses Gesicht. Sie waren bestimmt gut im Ausführen von Befehlen und ebensogut im Erteilen von Befehlen. Parker lächelte sie an und sah zu Thorsen. »Und ich dachte, wir kämen ganz gut miteinander zurecht«, sagte er.
    »So«, sagte Thorsen mit einer Stimme, aus der jede Freundlichkeit verschwunden war, »und jetzt, wer immer Sie sind, will ich Ihre wahre Geschichte hören.«

ZEHN
    »Was gefällt Ihnen denn an meiner Geschichte nicht?«
    »Alles«, sagte Thorsen. »Aber um ehrlich zu sein – und es ist beschämend, es zuzugeben, aber ich bin eben ein schlichtes Gemüt –, für eine Weile hab ich sie Ihnen abgekauft. John Orr, der furchtlose Versicherungsdetektiv.« Enttäuscht über sich selbst, schüttelte er den Kopf.
    »Kaufen Sie sie mir weiter ab«, schlug Parker vor. »Sie ist gut, und sie ist wahr, und es ist die einzige Geschichte, die ich habe.«
    »Das werden Sie schon sehr bald nicht mehr sagen«, erwiderte Thorsen.
    Die vier jungen Männer bewegten sich und wiegten die Schultern wie ein Rudel, dem die Brise gerade einen bestimmten Geruch zugetragen hat. Parker sah sie an und dann wieder zu Thorsen, der fortfuhr: »Wissen Sie, wann ich endlich gemerkt hab, was da gespielt wird? Als Ihr Freund Liss auf Sie geschossen hat.«
    »Er kennt mich«, erklärte Parker. »Er weiß, dass ich hinter ihm her bin.«
    »Alle in dem Korridor waren hinter ihm her«, sagte Thorsen. »Hätte er sich ablenken lassen sollen, bloß um eine alte Rechnung zu begleichen? Sie haben es selbst gesagt: Er ist ins Krankenhaus gekommen, weil Tom Carmody und die anderen Räuber die einzigen waren, die ihn mit dem Raub in Verbindung bringen konnten, und er wollte nicht, dassirgendwer herumläuft, der das kann. Also hat er Tom umgebracht, und der einzige andere, den er umzubringen versucht hat, waren Sie.«
    Parker grinste, als wäre er nicht sicher, ob Thorsen verrückt war oder ihn auf den Arm nehmen wollte. »Und das hieße also, dass ich bei dem Coup mitgemacht habe?«
    »Coup«, wiederholte Thorsen. »Das ist ein Gangsterwort. Bei uns heißt das ›Raub‹ oder ›Überfall‹.«
    »Gangster sind die Leute, mit denen ich zu tun habe.«
    Thorsen ignorierte seine Bemerkung. »Ich sage Ihnen, was passiert ist: Nach dem Überfall sind Sie irgendwie getrennt worden. Einige von Ihnen haben die Nacht in der Tankstelle verbracht. Liss hat den Polizeiwagen gestohlen und den armen Polizisten vermutlich umgebracht. Und Sie haben im Motel gewartet, bis ich dort aufgetaucht bin.«
    »Moment mal«, sagte Parker. »Bin ich nun ein Räuber oder ein Typ, der in einem Motel auf etwas wartet?«
    »Ich schätze, die Einzelheiten werden wir schon noch von Ihnen erfahren«, sagte Thorsen.
    Parker schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er, »diese Geschichte haben Sie sich ausgedacht, und Sie müssen sie auch zu Ende dichten. George Liss gibt einen Schuss auf den Mann ab, der ihm seit acht Monaten im Genick sitzt, und für Sie bedeutet das, dass dieser Mann bei dem Coup mitgemacht hat.«
    »Dieser Schuss«, sagte Thorsen, »hat mich über eine Sache nachdenken lassen, die mir aufgefallen war, ohne dass ich ihr auf den Grund gegangen wäre. Wollen Sie wissen, was das war?«
    »Sie werden’s mir gleich sagen.«
    »Es gibt eine Menge Bezeichnungen für den Raum, den wir bei den Marines ›Latrine‹ genannt haben: ›Toilette‹, ›Klo‹, ›Badezimmer‹, ›Abort‹, ›Abtritt‹. Manchmal nennt man ihnauch ›Örtlichkeiten‹ – fragen Sie mich nicht, warum. Aber eines ist sicher und so unverrückbar, dass man darauf ein Haus bauen könnte: Kein Mann, der John heißt, würde sagen: ›Ich muss mal eben noch meinen Johnny schütteln.‹«
    »Doch«, sagte Parker. »Das ist mein kleiner Privatwitz. Ich heiße John, und das ist mein Johnny.«
    »Sie heißen nicht John. Sie sind einer der Gangster. Und Sie und Liss haben sich zerstritten.« Wieder lächelte Thorsen mit schmalen Lippen, schmaleren als je zuvor. »Ich glaube, die ganze Laufbahn Ihres Freundes Liss besteht aus Streitigkeiten. Ich glaube, er ist vielleicht kein guter Teamarbeiter. Was meinen Sie?«
    »Dwayne«, sagte Parker, »ich verstehe, dass die Situation, in der Sie sind, einen Menschen nervös und paranoid machen kann. Aber was ich Ihnen gesagt habe, stimmt.«
    »Wenn es so ist, entschuldige ich mich bei Ihnen«, sagte Thorsen. »Aber bevor ich das tue, möchte ich noch ein

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