Verbrechen ist Vertrauenssache
Gruppen arrangiert waren. Die größte bestand aus zwei Sofas, zwei Sesseln sowie diversen Lampen und Tischchen, die vor dem jetzt leeren Kamin standen. Dieses Detail überraschte Parker; er hatte gedacht, in Archibalds Kamin würde ein Feuer brennen. Vielleicht war er zu erschüttert durch den Verlust seines Geldes.
Die salbungsvolle Stimme, die er schon in der Nacht des Überfalls gehört hatte, erklang in dem Raum. Sie kam von dem Mann, der an dem schmalen Schreibtisch am Fenster saß und telefonierte. Er gab Thorsen mit einem Wink zu verstehen, es werde nicht mehr lange dauern, und setzte das Gespräch fort. Parker hörte zu. Archibald war anscheinend mit dem Hauptbüro in Memphis verbunden und besprach die durch die Ereignisse erforderlich gewordenen Änderungen der Termine für die Fernsehaufzeichnungen.
»Hier ist der Kaffee besser«, sagte Thorsen und ging zur Bar – sie lag, von der Tür aus gesehen, rechts, der Kamin befand sich links, und dazwischen, vor den riesigen Fenstern, saß der telefonierende Archibald. Aus einer Glaskanne, die auf einer Warmhalteplatte stand, schenkte Thorsen Kaffee in zwei Becher mit dem Logo des Hotels. Parker setzte sich halb auf einen der Hocker vor der Theke, während Thorsen dahinter stehenblieb und sich an den Schrank lehnte. Der Kaffee war tatsächlich weit besser als das Zeug im Krankenhaus.
Parker sah sich um. »Schöner Job«, sagte er.
Thorsen lächelte mit schmalen Lippen. »Kommt darauf an, was einem gefällt.«
Als Archibald das Gespräch beendet hatte, setzten sich alle in Bewegung: Archibald erhob sich und und wandte sich dem Raum mit einem Lächeln zu, als erwartete ihn dort eine riesigeMenschenmenge, Parker rutschte, den Kaffeebecher in der Linken, vom Hocker, und Thorsen kam hinter der Theke hervor, um die beiden einander vorzustellen. »Reverend William Archibald«, sagte er, während sich die drei aufeinander zubewegten, »darf ich vorstellen: John Orr. Mr. Orr ist Versicherungsdetektiv bei der Midwest Insurance. Er arbeitet undercover.«
Archibalds Händedruck war fest, aber nicht aggressiv. »Freut mich, Mr. Orr«, sagte er. »Sind Sie wegen unseres unglückseligen Verlustes hier?«
»Eigentlich nicht«, sagte Parker.
»Mr. Orr hat einen anderen Fall verfolgt«, erklärte Thorsen. »Er war wegen einer anderen Sache an einem der Kerle dran, die uns ausgeraubt haben.«
In Archibalds Lächeln lag jetzt Wehmut. »Wenn das so ist, Mr. Orr, dann kann ich nur bedauern, dass Sie ihn nicht schon vergangene Woche erwischt haben.«
»Das sehe ich genauso«, sagte Parker.
»Aber da Sie nun schon mal da sind«, sagte Archibald, »werden Sie sich doch sicher unseres Missgeschicks annehmen.«
»Dafür wäre eine andere Versicherungsgesellschaft zuständig«, sagte Parker.
»Mr. Orr hat alle Hände voll zu tun, Will«, warf Thorsen ein. »Der Mann, den er verfolgt, ist ein wirklich übler Typ. Hat vorhin im Krankenhaus eine Menge Wirbel gemacht.« Er senkte die Stimme und sagte mit ebenso salbungsvoller Intonation wie sein Boss: »Ich fürchte, Tom Carmody ist tot.«
Archibald erschrak. »Was? Wie schrecklich!« Er sah zu Parker und sagte: »Tom war einer, dem ich nicht helfen konnte, Mr. Orr. Ich werde nie darüber hinwegkommen.«
»Mh-hm«, sagte Parker.
»Aber wenigstens«, fuhr Archibald fort, und sein Gesicht hellte sich auf, »hat er seine Sünden bereut. Gegen Ende hat er sie bereut, stimmt’s, Dwayne? Du warst doch dabei.«
»Es tat ihm leid, das stimmt«, sagte Thorsen.
»Wir werden ihn in unsere Gebete einschließen«, beschloss Archibald.
In diesem Augenblick trat aus einem anderen Zimmer der Suite eine Blondine in den Raum und zog die Blicke aller Anwesenden auf sich, wie sie es in jedem Raum getan hätte. Sie war sinnlich, üppig, beinahe die Parodie einer Sexbombe, allerdings an der kurzen Leine geführt: Das helle Haar war zu einem festen Knoten gebunden, der kurvenreiche Körper steckte in einem reizlosen grauen Kostüm und einer hochgeschlossenen weißen Bluse, und die dunkle Hornbrille sollte von den vollen Lippen ablenken.
Als Archibald sich umdrehte, um sie zu begrüßen, verriet sein Lächeln den Stolz des Besitzers; man brauchte nicht lange darüber zu rätseln, wer diese Frau war. »Ah, Tina«, sagte der Reverend. »Das ist Mr. Orr. Er führt ein sehr aufregendes Leben.«
Als sie näher kam, sah Parker, dass sie sich zügelte, sich bewusst im Zaum hielt. Sie lächelte schwach, beinahe prüde, und sie sah ihm nicht in die Augen,
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