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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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für einem Augenblick Sie mit Ihrem Geständnis kommen! Ich bitte Sie! In einem Augenblick, wo schon ein anderer das Verbrechen auf sich genommen und die ganze Sache verwirrt hat! Ich schwöre Ihnen aber bei Gott, daß ich ›dort‹ alles so einrichten und arrangieren werde, daß Ihr Geständnis ganz unerwartet erscheinen wird. Diese ganze Psychologie wollen wir ganz streichen, alle gegen Sie vorliegenden Verdachtsmomente werde ich vernichten, so daß Ihr Verbrechen wie eine Verblendung erscheinen wird, denn, die Wahrheit zu sagen: es war wirklich eine Verblendung. Ich bin ein ehrlicher Mensch, Rodion Romanowitsch, und werde mein Wort halten.«
    Raskolnikow schwieg traurig und ließ den Kopf sinken; er dachte lange nach und lächelte wieder; sein Lächeln war aber jetzt ganz sanft und traurig.
    »Ach, das ist nicht nötig!« sagte er, als ob er vor Porfirij nichts mehr verheimlichen wollte. »Es lohnt sich nicht, ich will Ihre Strafermäßigung nicht!«
    »Das fürchte ich eben!« rief Porfirij erregt, wie unwillkürlich. »Das fürchte ich eben, daß Sie unsere Strafermäßigung nicht wollen.«
    Raskolnikow sah ihn traurig und durchdringend an.
    »Ach, verschmähen Sie das Leben nicht!« fuhr Porfirij fort. »Es steht Ihnen noch viel davon bevor. Warum wollen Sie keine Strafermäßigung, warum nicht? Was sind Sie für ein ungeduldiger Mensch!«
    »Wovon steht mir viel bevor?«
    »Vom Leben! Sind Sie denn ein Prophet, wissen Sie denn viel? Suchet und ihr werdet finden. Vielleicht hat Sie Gott gerade hier erwartet. Sie werden ja auch nicht ewig an der Kette sitzen.«
    »Ich bekomme ja eine Ermäßigung ...« bemerkte Raskolnikow lachend.
    »Fürchten Sie vielleicht die bürgerliche Schande? Es ist möglich, daß Sie sie fürchten und es selbst nicht wissen, denn Sie sind noch jung! Und doch sind Sie nicht der Mensch, der es fürchten oder sich schämen sollte, mit einem Geständnis zu kommen.«
    »Ach, ich spucke drauf!« flüsterte Raskolnikow verächtlich und angeekelt, als wollte er nicht mehr sprechen.
    Er war schon aufgestanden, als ob er irgendwohin gehen wollte, setzte sich aber in sichtlicher Verzweiflung wieder hin ...
    »Ja, Sie spucken drauf! Sie haben jeden Glauben verloren und meinen, daß ich Ihnen roh schmeichele. Haben Sie denn schon lange gelebt? Verstehen Sie viel? Er hat sich eine Theorie zurechtgelegt und schämt sich plötzlich, daß sie zusammengestürzt ist und daß es so gar nicht originell herauskam! Es kam wirklich gemein heraus, das ist wahr, aber Sie sind trotzdem kein hoffnungsloser Schuft. Sie sind gar nicht solch ein Schuft! Sie haben sich wenigstens nicht lange an der Nase herumgeführt, sind gleich bis zu der letzten Grenze gegangen. Für was halte ich Sie denn? Ich halte Sie für einen Menschen, dem man die Gedärme herausschneiden kann, der aber ruhig dastehen und seine Peiniger lächelnd ansehen wird – wenn er nur einen Glauben oder einen Gott findet. Nun, finden Sie ihn auch, und Sie werden leben. Vor allen Dingen brauchen Sie schon längst eine Luftveränderung. Nun, das Leiden ist eine gute Sache. Nehmen Sie doch auch ein Leiden auf sich. Mikolka hat vielleicht recht, daß er nach Leiden strebt. Ich weiß, daß Sie nicht glauben können; philosophieren Sie aber nicht; geben Sie sich dem Leben einfach, ohne zu grübeln hin; Sie können unbesorgt sein, es wird Sie schon an irgendein Ufer bringen und auf die Beine stellen. An was für ein Ufer? Wie soll ich das wissen? Ich glaube nur, daß Sie noch lange zu leben haben. Ich weiß, Sie nehmen jetzt alle meine Worte als eine auswendig gelernte Moralpredigt hin; vielleicht werden Sie sich ihrer aber erinnern und aus ihnen Nutzen ziehen; darum spreche ich auch. Es ist noch gut, daß Sie nur so eine elende Alte ermordet haben. Hätten Sie sich eine andere Theorie erdacht, so wären Sie imstande, etwas hundertmillionenmal Schlimmeres zu begehen! Man muß vielleicht noch Gott danken; woher wissen Sie es: vielleicht hebt Sie Gott für etwas auf. Seien Sie doch großherziger und fürchten Sie weniger. Fürchten Sie vielleicht die Größe der kommenden Erfüllungen? Nein, in diesem Falle sollten Sie sich schämen, zu fürchten. Wenn Sie diesen Schritt schon einmal gemacht haben, so müssen Sie sich zusammennehmen. Das verlangt die Gerechtigkeit. Erfüllen Sie mal das, was die Gerechtigkeit verlangt. Ich weiß, daß Sie nicht glauben, aber bei Gott, das Leben wird Sie schon an ein Ufer bringen. Sie werden daran später auch selbst Gefallen

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