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Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Titel: Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
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jammerten; der Kutscher schien bestürzt zu sein und wiederholte ab und zu:
    »Dieses Unglück! Mein Gott, welch ein Unglück!«
    Raskolnikow drängte sich nach Möglichkeit vor und erblickte endlich die Ursache der Erregung und der Neugier. Auf dem Boden lag ein von den Pferden zertretener Mann, bewußtlos, anscheinend sehr schlecht, doch wie ein »Gebildeter« gekleidet, über und über mit Blut bedeckt. Vom Gesicht und vom Kopf floß das Blut; das Gesicht war zerschlagen, zerschunden und verstümmelt. Offenbar war er wirklich schwer verletzt.
    »Liebe Leute!« jammerte der Kutscher. »Wie hätte ich da aufpassen sollen! Wenn ich noch zu schnell gefahren wäre oder ihn nicht angeschrien hätte – aber ich fuhr gar nicht schnell und ganz gleichmäßig. Alle haben es gesehen; was alle sagen, das sage ich auch. Ein Betrunkener kann nicht mal ein Licht vors Heiligenbild stellen, das weiß man ja! ... Ich sehe, wie er über die Straße geht, hin und her wankt und fast hinfällt – ich schreie ihn einmal an, ein zweites Mal, ein drittes Mal und halte die Pferde an, aber er fallt ihnen gerade unter die Hufe! Ob er es mit Absicht getan hat, oder schon so besoffen war ... Die Pferde sind jung und scheu – sie zogen an, er schrie auf –, sie zogen noch mehr an ... und so war das Unglück geschehen.«
    »Ja, es ist so!« ertönte aus der Menge die Stimme eines Augenzeugen.
    »Er hat wohl geschrien, das ist wahr, dreimal hat er ihn angeschrien!« bestätigte eine andere Stimme.
    »Genau dreimal, das haben alle gehört!« rief eine dritte Stimme.
    Der Kutscher war übrigens nicht allzu bekümmert und erschrocken. Die Equipage gehörte wohl einem reichen und hochgestellten Besitzer, der irgendwo auf sie wartete; die Polizisten gaben sich natürlich keine geringe Mühe, die Sache in Anbetracht dieses Umstandes in Ordnung zu bringen. Der Überfahrene sollte auf das Polizeirevier und von dort ins Krankenhaus geschafft werden. Niemand kannte seinen Namen.
    Raskolnikow drängte sich indessen vor und beugte sich über den Verunglückten. Die kleine Laterne beleuchtete plötzlich hell das Gesicht des Unglücklichen: er erkannte ihn.
    »Ich kenne ihn, ich kenne ihn!« rief er, indem er sich ganz nach vorne drängte. »Es ist ein verabschiedeter Beamter, der Titularrat Marmeladow! Er wohnt hier in der Nähe, im Koselschen Hause ... Schnell einen Arzt! Ich werde bezahlen, hier!« Er holte aus der Tasche sein Geld und zeigte es dem Polizisten. Er war in höchster Aufregung.
    Die Polizisten waren sehr zufrieden, daß sie erfahren hatten, wer der Überfahrene war. Raskolnikow gab auch seinen Namen und seine Adresse an und redete ihnen so inständig zu, als handele es sich um seinen leiblichen Vater, den bewußtlosen Marmeladow in dessen Wohnung zu bringen.
    »Es ist hier, nur drei Häuser weit«, sagte er geschäftig. »Das Haus Kosels, eines reichen Deutschen ... Er ging jetzt wohl betrunken nach Hause. Ich kenne ihn ... Er ist ein Säufer ... Er hat dort eine Familie, eine Frau und Kinder, er hat auch noch eine Tochter. Was soll man ihn erst ins Krankenhaus schleppen, es gibt doch sicher im Hause einen Arzt! Ich werde alles bezahlen! ... Er wird immerhin bei sich zu Hause gepflegt werden, man wird ihm gleich helfen, sonst stirbt er noch auf dem Wege zum Krankenhause ...«
    Er hatte sogar Zeit gefunden, einem der Beamten unbemerkt etwas in die Hand zu drücken; die Sache war übrigens ganz klar und gesetzlich, und die Hilfe war jedenfalls näher zu finden. Man hob den Überfahrenen auf und trug ihn hin; es fanden sich freiwillige Helfer. Das Koselsche Haus war nur dreißig Schritte entfernt. Raskolnikow ging hinterher, den Kopf des Verunglückten vorsichtig stützend, und zeigte den Weg.
    »Hierher, hierher! Die Treppe hinauf muß man ihn mit dem Kopfe nach oben tragen; wendet ihn um ... ja, so! Ich werde bezahlen, ich werde euch danken!« murmelte er.
    Katerina Iwanowna ging wie immer, wenn sie einen freien Augenblick hatte, in ihrem winzigen Zimmerchen auf und ab, vom Fenster zum Ofen und zurück, die Arme fest über der Brust gekreuzt, mit sich selbst redend und hustend. In der letzten Zeit sprach sie immer öfter und mehr mit ihrem ältesten Töchterchen, der zehnjährigen Polenjka, die zwar vieles noch nicht verstand, dafür aber sehr gut wußte, daß die Mutter sie brauchte, und ihr darum immer mit ihren großen klugen Augen folgte und sich die größte Mühe gab, den Anschein zu wecken, als verstände sie alles. Jetzt zog

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