Verdammnis
erklären.
Das Resultat ihrer Anstrengungen sah so aus, dass sie die Nacht zu ihrem 13. Geburtstag gefesselt auf der Pritsche verbrachte.
Peter Teleborian war bei Weitem der widerlichste und unangenehmste Sadist, der Lisbeth Salander in ihrem Leben begegnet war. Er schlug sogar Bjurman noch um Längen. Ihr Betreuer war einfach nur ein brutaler Penner, den sie letztendlich doch in den Griff bekommen hatte. Aber Peter Teleborian war geschützt von einer Wand aus Papier, Gutachten, akademischen Lorbeeren und psychiatrischem Tinnef. Was er tat, konnte nicht kritisiert, geschweige denn zur Anzeige gebracht werden.
Er hatte den staatlichen Auftrag, ungehorsame kleine Mädchen mit Ledergurten zu fesseln.
Jedes Mal wenn Lisbeth wieder gefesselt auf dem Rücken lag, er den Riemen enger schnallte und ihr in die Augen sah, konnte sie seine Erregung sehen. Sie wusste es. Und er wusste, dass sie es wusste.
In der Nacht zu ihrem 13. Geburtstag beschloss sie, nie wieder ein Wort mit Peter Teleborian oder irgendeinem anderen Psychiater zu wechseln. Sie wusste, dass ihr Verhalten Teleborian frustrierte und mehr als alles andere dazu beitrug, dass sie Nacht für Nacht mit den Lederriemen gefesselt wurde. Aber diesen Preis war sie bereit zu zahlen.
Sie lernte alles über Selbstbeherrschung. Sie hatte keine Ausbrüche mehr und warf nicht mehr mit Gegenständen, wenn man sie mal aus ihrer Isolierzelle ließ.
Aber sie sprach nicht mit Ärzten.
Hingegen redete sie höflich und vorbehaltlos mit den Krankenschwestern, dem Kantinenpersonal und den Putzfrauen. Das blieb nicht unbemerkt. Eine nette Schwester namens Caroline, der sich Lisbeth zu einem gewissen Grad anvertraut hatte, fragte sie eines Tages nach dem Grund für dieses Verhalten. Lisbeth hatte sie nur fragend angesehen.
Warum redest du nicht mit den Ärzten?
Weil sie mir nicht zuhören.
Diese Antwort war keine spontane. Es war vielmehr ihre Art, mit den Ärzten zu kommunizieren. Sie war sich der Tatsache sehr wohl bewusst, dass ihre Kommentare den Weg in ihre Krankenakte fanden und auf diese Art belegten, dass ihr Schweigen ein rationaler Beschluss war.
In ihrem letzten Jahr in St. Stefans wurde Lisbeth immer seltener in die Isolierzelle gesteckt. Wenn doch, dann nur, weil sie Teleborian auf die eine oder andere Art gereizt hatte, was sie anscheinend durch ihren bloßen Anblick schaffte. Er versuchte immer wieder, ihr hartnäckiges Schweigen zu durchbrechen und sie zu zwingen, seine Existenz anzuerkennen.
Es gab eine Phase, in der Teleborian sich in den Kopf gesetzt hatte, Lisbeth eine bestimmte Art von Psychopharmaka zu geben, die ihr das Atmen und Denken erschwerten, was natürlich Ängste bei ihr auslöste. Sie begann sich zu weigern, ihre Medikamente einzunehmen, woraufhin man beschloss, ihr die Tabletten dreimal am Tag mit Gewalt zu verabreichen.
Ihr Widerstand war so heftig, dass das Personal sie festhalten und ihr gewaltsam den Mund öffnen musste, um sie dann zum Schlucken zu zwingen. Beim ersten Mal steckte sich Lisbeth danach die Finger in den Hals und spuckte dem nächstbesten Helfer ihr Mittagessen in den Schoß. Daraufhin gab man ihr die Tabletten erst, nachdem man sie ans Bett gefesselt hatte. Prompt lernte Lisbeth, sich zu übergeben, ohne sich die Finger in den Hals stecken zu müssen. Ihre massive Weigerung und die Mehrarbeit, die sie dem Personal damit machte, führten dazu, dass der Versuch schließlich abgebrochen wurde.
Sie war gerade 15 geworden, als man sie plötzlich nach Stockholm zurückbrachte und bei einer Pflegefamilie einquartierte. Dieser Umzug kam für sie völlig überraschend. Damals war allerdings Teleborian nicht mehr der Chef in St. Stefans, und Lisbeth war überzeugt, es diesem Umstand zu verdanken, dass sie plötzlich entlassen wurde. Hätte Teleborian allein entscheiden dürfen, würde sie immer noch gefesselt auf ihrer Pritsche in der Isolierzelle liegen.
Und nun sah sie ihn also im Fernsehen. Sie fragte sich, ob er immer noch davon träumte, sie wieder auf seiner Station zu haben, oder ob sie mittlerweile zu alt war, um seine Fantasien befriedigen zu können. Seine Kritik am Beschluss des Gerichts, sie nicht in eine Anstalt einzuweisen, tat ihre Wirkung und empörte den Studiojournalisten, der ansonsten nicht recht wusste, was er überhaupt für Fragen stellen sollte. Niemand konnte einem Peter Teleborian widersprechen. Der ehemalige Oberarzt von St. Stefans war mittlerweile verstorben. Der Richter, der in Salanders Fall den
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