Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
Vom Netzwerk:
das Datennetz der Polizei zu bekommen. Wie sich herausstellte, war das mit den allergrößten Schwierigkeiten verbunden, aber im Laufe ihrer Arbeit sammelten sie mehrere hundert virtuelle Identitäten, die sie sich je nach Bedarf zulegen konnten.
    Plague erzielte einen Durchbruch, als es ihm gelang, den Heimcomputer des Chefs der polizeilichen Datensicherheitsabteilung zu hacken. Ein nicht verbeamteter Betriebswissenschaftler, der über keine vertieften EDV-Kenntnisse verfügte, aber massenweise Informationen auf seinem Laptop liegen hatte. Damit hätten Lisbeth und Plague die Möglichkeit besessen, das polizeiliche Datennetz durch verschiedene bösartige Viren zu zerstören - aber das interessierte sie nicht im Geringsten. Sie waren Hacker, keine Saboteure. Was sie wollten, war der Zugang zu funktionierenden Netzwerken, nicht deren Zerstörung.
    Lisbeth kontrollierte ihre Liste und stellte fest, dass keine der Personen, mit deren Identität sie im Netz auftreten konnte, an den Ermittlungen im dreifachen Mordfall beteiligt war - das wäre auch zu viel verlangt gewesen. Sie konnte jedoch relativ problemlos Details über die landesweite Fahndung lesen, inklusive Updates über die Nachforschungen zu ihrer Person. Sie entdeckte, dass sie unter anderem in Uppsala, Norrköping, Göteborg, Malmö, Hässleholm und Kalmar gesichtet und gesucht worden war. Außerdem war eine geheime Computergrafik verschickt worden, die ein besseres Bild von ihrem Aussehen vermittelte.
     
    Glücklicherweise gab es so wenige Bilder von ihr. Außer einem vier Jahre alten Passfoto, das auch auf ihrem Führerschein zu sehen war, und einem Bild im Polizeiregister, das sie im Alter von 18 Jahren zeigte (und auf dem sie nicht wiederzuerkennen war), gab es vereinzelte Bilder, alte Schulfotos und einige Aufnahmen, die ein Lehrer bei einem Ausflug ins Nacka-Reservat geschossen hatte, als sie zwölf war. Diese Ausflugsbilder zeigten eine verschwommene Figur, die ein wenig abseits von allen anderen saß.
    Der Nachteil war, dass das Bild aus dem Passregister sie mit starrem Blick zeigte, der Mund ein schmaler Strich, ihr Kopf leicht vorgestreckt. Das unterstrich das Bild der zurückgebliebenen asozialen Mörderin, und die Medien vervielfältigten diese Botschaft. Das einzig Positive an diesem Bild war, dass nur wenige Menschen sie darauf erkennen würden.
     
    Interessiert verfolgte sie die Charakterisierungen der drei Mordopfer. Am Dienstag traten die Medien schon auf der Stelle, und mangels dramatischer Neuigkeiten von der Jagd auf Lisbeth Salander konzentrierte sich ihre Aufmerksamkeit nun auf die Opfer. Dag Svensson, Mia Bergman und Nils Bjurman wurden in einer Abendzeitung eingehend porträtiert. Der Leser musste zu der Überzeugung gelangen, dass hier drei ehrenwerte Mitbürger aus unerfindlichen Gründen regelrecht abgeschlachtet worden waren.
    Nils Bjurman wurde als geachteter, sozial engagierter Rechtsanwalt dargestellt, inklusive Greenpeace-Mitgliedschaft und seinem steten »Engagement für Jugendliche«. In einer Spalte kam auch Jan Håkansson zu Wort, der im selben Gebäude sein Büro hatte wie Bjurman. Håkansson bestätigte das Bild von Bjurman als Streiter für die Rechte der kleinen Leute. Ein Beamter des Vormundschaftsgerichts beschrieb sein Verhältnis zu seinem Schützling Lisbeth Salander ebenfalls als äußerst engagiert.
    Zum ersten Mal an diesem Tag fühlte sich Lisbeth zu einem schiefen Lächeln genötigt.
    Ebenfalls großes Interesse brachte man Mia Bergman, dem weiblichen Opfer dieses Dramas, entgegen. Sie wurde als sympathische und hochintelligente junge Frau beschrieben, die bereits auf einen beeindruckenden Lebenslauf verweisen konnte und eine strahlende Karriere vor sich gehabt hätte. Schockierte Freunde, Kommilitonen und ihr Doktorvater wurden zitiert. Die häufigste Frage hieß: »Warum?« Bilder zeigten Blumen und brennende Kerzen vor der Haustür in Enskede.
    Dag Svensson widmete man vergleichsweise wenig Raum. Man schilderte ihn als tüchtigen und unerschrockenen Reporter, aber das Hauptinteresse konzentrierte sich auf seine Freundin.
    Mit gelinder Verwunderung nahm Lisbeth zur Kenntnis, dass es immerhin bis Ostersonntag dauerte, ehe jemand herausfand, dass Dag Svensson an einer großen Reportage für die Zeitschrift Millennium gearbeitet hatte. Sie staunte noch mehr, dass nicht erwähnt wurde, welches Thema die Reportage hatte.
     
    Mikael Blomkvists Zitat in der Internetausgabe des Aftonbladet las sie gar nicht. Erst

Weitere Kostenlose Bücher