Verdammnis
kam sie wieder heraus.
»Frau Modig, Ihr Chef hat gerade angerufen, Sie haben Ihr Handy ausgeschaltet. Sie sollen ihn zurückrufen.«
Die Geschehnisse bei Bjurmans Sommerhaus lösten am Nachmittag eine fieberhafte Aktivität aus. Die Polizei im ganzen Bezirk wurde verständigt, dass Lisbeth Salander endlich wieder aufgetaucht war. Sie fahre höchstwahrscheinlich eine Harley Davidson, die Magge Lundin gehöre. Außerdem erging eine Warnung, dass sie bewaffnet sei und bei einem Ferienhäuschen in der Nähe von Stallarholmen eine Person angeschossen habe.
Die Polizei errichtete also Straßensperren an den Auffahrten nach Strängnäs und Mariefred und an sämtlichen Auffahrten nach Södertälje. Mehrere Stunden lang wurde jeder Lokalzug zwischen Södertälje und Stockholm durchsucht. Ein schmächtiges Mädchen, mit oder ohne Harley Davidson, konnte jedoch nicht gefunden werden.
Erst gegen sieben Uhr abends bemerkte ein Streifenwagen eine verlassene Harley in Älvsjö, was die Aufmerksamkeit der Fahnder von Södertälje nach Stockholm verlagerte. Aus Älvsjö wurde auch berichtet, man habe ein Stück von einer Lederjacke mit dem Klubwappen von Svavelsjö MC gefunden. Die Nachricht von diesem Fund veranlasste Bublanski, sich die Brille auf die Stirn zu schieben und mürrisch in die Finsternis vor seinem Dienstzimmer in Kungsholmen zu starren.
Dieser ganze Tag war im Grunde finster verlaufen. Erst die Entführung von Salanders Freundin, das Eingreifen von Paolo Roberto, danach Brandstiftung und vergrabene Ganovenleichen in den Wäldern um Södertälje. Und zu guter Letzt nun auch noch dieses unfassbare Chaos in Stallarholmen.
Bublanski ging in das große Arbeitszimmer und besah sich die Karte von Stockholm und Umgebung. Sein Blick schweifte der Reihe nach von Stallarholmen und Nykvarn nach Svavelsjö und Älvsjö, zu den vier Orten also, die aus unterschiedlichsten Gründen brandaktuell geworden waren. Er blickte auf Enskede und seufzte. Ein unangenehmes Gefühl sagte ihm, dass die Polizei vom Zentrum der Geschehnisse entfernt war. Er tappte nach wie vor im Dunkeln. Worum es bei den Morden von Enskede auch gegangen sein mochte, es war auf jeden Fall wesentlich komplizierter, als sie anfangs gedacht hatten.
Mikael Blomkvist war sich der dramatischen Ereignisse in Stallarholmen überhaupt nicht bewusst. Er verließ Smådalarö um drei Uhr nachmittags. An einer Tankstelle hielt er an und trank einen Kaffee, während er versuchte, sich über die ganze Geschichte klar zu werden.
Er war zutiefst frustriert. Mit großer Verblüffung hatte er sich die vielen Details angehört, aber Björck hatte sich hartnäckig geweigert, ihm das letzte Geheimnis zu verraten, nämlich Zalas schwedische Identität. Er fühlte sich betrogen.
»Wir haben eine Abmachung«, hatte Mikael insistiert.
»Und ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt. Ich habe Ihnen erzählt, wer Zalatschenko ist. Wenn Sie noch andere Informationen haben wollen, müssen wir eine neue Abmachung treffen. Ich brauche Garantien, dass mein Name aus dem Spiel bleibt und dass es kein unangenehmes Nachspiel geben wird.«
»Wie könnte ich Ihnen denn solche Garantien geben? Auf die polizeilichen Ermittlungen habe ich keinen Einfluss, und früher oder später werden die auch auf Sie stoßen.«
»Ich mache mir keine Sorgen wegen der Ermittlungen. Ich will eine Garantie, dass Sie mich im Zusammenhang mit diesen Hurengeschichten nicht namentlich nennen.«
Mikael spürte, dass Björck seine Verbindung zum Mädchenhandel unangenehmer war als die Tatsache, dass er geheime Informationen weitergegeben hatte. Das sagte etwas über seine Persönlichkeit aus.
»Ich habe bereits versprochen, dass ich in diesem Zusammenhang kein Wort über Sie schreiben werde.«
»Aber jetzt brauche ich auch die Garantie, dass Sie mich im Zusammenhang mit der Zalatschenko-Geschichte mit keinem Wort erwähnen.«
Mikael hatte nicht vor, solche Garantien zu geben. Er konnte Björck zwar als geheime Quelle behandeln, ihm jedoch keine völlige Anonymität garantieren. Schließlich einigten sie sich, noch einen Tag darüber nachzudenken, bevor sie das Gespräch weiterführten.
Während Mikael also an der Tankstelle seinen Kaffee trank, fiel ihm plötzlich ein, dass es noch eine andere Person gab, die ein neues Licht auf diese Geschichte werfen konnte. Zudem war die Reha-Klinik Erstaviken ganz in der Nähe. Er sah auf die Uhr, stand schnell auf und fuhr Holger Palmgren besuchen.
Gunnar
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