Verdammnis
sprechen. Er gab keinen Namen an. Ich hatte gerade Dienst und dachte, es wäre eine ganz normale Flüchtlingssache, also nahm ich Bjurman mit.«
Björck rieb sich die Augen.
»Da saß er nun und erzählte uns ganz ruhig und sachlich, wie er hieß, wer er war und was für eine Arbeit er tat. Bjurman machte Notizen. Als mir allmählich die ganze Tragweite der Angelegenheit bewusst wurde, fiel ich aus allen Wolken. Also brach ich das Gespräch ab. Da mir nichts Besseres einfiel, bezahlte ich ein Zimmer im Hotel Continental gegenüber vom Hauptbahnhof und brachte ihn erst mal dort unter. Bjurman ließ ich als Babysitter da, während ich zur Rezeption hinunterging und meinen Chef anrief.«
Er musste plötzlich auflachen.
»Ich habe mir hinterher oft gedacht, dass wir uns aufgeführt haben wie die totalen Amateure. Aber so war es eben.«
»Wer war Ihr Chef?«
»Das spielt hier keine Rolle. Mehr Namen möchte ich nicht preisgeben.«
Mikael zuckte die Achseln und verfolgte die Frage nicht weiter.
»Vor allem Bjurman hätte in diese Angelegenheit nie mit hineingezogen werden dürfen - aber da er das Geheimnis nun schon mal kannte, war es besser, es dabei zu belassen, als noch jemand anders einzuweihen. Und ich nehme an, dieselben Überlegungen galten auch für einen unerfahrenen Mitarbeiter wie mich. Insgesamt wussten sieben Leute, die mit der Sicherheitspolizei zu tun hatten, von Zalatschenkos Existenz.«
»Wie viele kennen diese Geschichte?«
»Zwischen 1976 und den frühen 90er-Jahren … insgesamt ungefähr zwanzig Personen in der Regierung, der höchsten Militärleitung und der Sicherheitspolizei.«
»Und danach?«
Björck zuckte mit den Schultern.
»In dem Moment, als die Sowjetunion zusammenbrach, wurde er uninteressant.«
»Aber was geschah, nachdem Zalatschenko nach Schweden gekommen war?«
Björck schwieg eine geraume Weile, sodass Mikael schon unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschte.
»Wenn ich ehrlich sein soll … Zalatschenko war ein voller Erfolg, und wir, die wir daran beteiligt waren, bauten darauf unsere Karrieren auf. Missverstehen Sie mich bitte nicht, das war durchaus ein Fulltime-Job. Ich wurde zu Zalatschenkos Mentor in Schweden auserkoren, und in den ersten zehn Jahren trafen wir uns zwar nicht täglich, aber doch mehrmals in der Woche. Das war während der wichtigen Jahre, als er noch voll frischer Informationen steckte. Doch gleichzeitig mussten wir auch ein wachsames Auge auf ihn haben.«
»Was meinen Sie damit?«
»Zalatschenko hatte den Teufel im Leib. Er konnte unglaublich charmant sein, aber auch völlig paranoid und verrückt. Phasenweise trank er, und dann wurde er gewalttätig. Mehr als einmal musste ich nachts ausrücken, um irgendwelche unguten Geschichten ins Reine zu bringen.«
»Zum Beispiel …«
»Zum Beispiel ging er in die Kneipe und geriet mit jemandem in Streit, und dann verprügelte er zwei Türsteher, die versucht hatten, ihn zu beruhigen. Er war ein ziemlich kleiner und hagerer Kerl, aber er hatte eine unglaublich gute Nahkampfausbildung, die er leider bei mehreren unpassenden Gelegenheiten demonstrierte. Einmal musste ich ihn auch von der Polizei abholen.«
»Damit riskierte er doch, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Das hört sich nicht gerade besonders professionell an.«
»Aber so war er eben. Er hatte in Schweden keine Verbrechen begangen und wurde nie festgenommen. Wir statteten ihn mit einem schwedischen Pass und einem Personalausweis und einem schwedischen Namen aus. Er hatte eine Wohnung in einem Vorort von Stockholm, die von der Sicherheitspolizei bezahlt wurde. Außerdem bekam er ein Gehalt, damit er uns immer zur Verfügung stand. Doch wir konnten ihm ja schlecht verbieten, in die Kneipe zu gehen oder sich in irgendwelche Frauengeschichten zu verstricken. Wir konnten nur hinter ihm aufräumen. Das war bis 1985 meine Aufgabe, dann trat ich einen neuen Dienst an, und mein Nachfolger übernahm Zalatschenkos Betreuung.«
»Und Bjurmans Rolle?«
»Ehrlich gesagt, der war nur eine Belastung. Er war nicht besonders begabt, der falsche Mann am falschen Ort. Es war ja auch reiner Zufall gewesen, dass er überhaupt in die Zalatschenko-Geschichte involviert worden war. Bloß zu Anfang war er noch ganz dabei, später nur noch gelegentlich, wenn wir gewisse juristische Formalitäten zu erledigen hatten. Mein Chef löste dann schließlich das Problem mit Bjurman.«
»Wie?«
»Auf die denkbar einfachste Art. Er bekam einen Job außerhalb der
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