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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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mindestens ein, vielleicht sogar zwei Kugeln treffen. Wenn Niedermann schnell war, würde der Mann eventuell kein lebenswichtiges Organ treffen, aber auch wenn er überlebte, würden die Kugeln ihm die weitere Flucht erschweren oder sogar unmöglich machen. Es war also klüger, eine bessere Gelegenheit abzuwarten.
    »LEGEN SIE SICH HIN!«, brüllte Mikael.
    Er bewegte die Mündung ein Stückchen zur Seite und gab einen Schuss in den Straßengraben ab.
    »Der nächste Schuss trifft Sie in die Kniekehle!«, verkündete Mikael mit lautem und deutlichem Befehlston.
    Ronald Niedermann ging auf die Knie, geblendet von den Scheinwerfern.
    »Wer sind Sie?«, fragte er.
    Mikael holte die Taschenlampe heraus, die er an der Tankstelle gekauft hatte. Dann richtete er den Lichtkegel auf Niedermanns Gesicht.
    »Hände auf den Rücken«, kommandierte er. »Und die Beine spreizen.«
    Er wartete, bis Niedermann widerwillig seinen Befehlen gehorchte.
    »Ich weiß, wer Sie sind. Wenn Sie Dummheiten machen, schieße ich ohne Vorwarnung. Ich ziele unter Ihr Schulterblatt auf die Lunge. Sie können mich kriegen, wenn Sie wollen … aber dafür werden Sie den Preis bezahlen.«
    Er legte die Taschenlampe auf den Boden, zog seinen Gürtel aus der Hose und machte eine Schlinge, wie er es vor zwanzig Jahren im Wehrdienst bei den Feldjägern in Kiruna gelernt hatte. Er stellte sich zwischen die Beine des blonden Riesen, zog ihm die Schlinge über die Arme und schnürte sie über den Ellbogen fest zusammen. Damit war der riesige Niedermann in jeder Hinsicht hilflos.
    Und was jetzt? Mikael sah sich um. Sie waren absolut allein auf der dunklen Landstraße. Paolo Roberto hatte bei seiner Beschreibung von Niedermann nicht übertrieben. Er war ein Riese. Fragte sich nur, warum ein solcher Riese mitten in der Nacht hier entlangrannte, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her.
    »Ich suche Lisbeth Salander. Ich nehme an, Sie sind ihr begegnet.«
    Niedermann gab keine Antwort.
    »Wo ist Lisbeth Salander?«, wiederholte Mikael.
    Niedermann bedachte ihn mit einem seltsamen Blick. Er begriff nicht, was in dieser bizarren Nacht eigentlich geschah, aber alles schien schiefzulaufen.
    Mikael zuckte mit den Schultern. Er ging zurück zum Auto, öffnete den Kofferraum und nahm ein Abschleppseil heraus. Schließlich konnte er Niedermann nicht einfach gefesselt mitten auf der Straße liegen lassen. Er sah sich um. In dreißig Metern Entfernung leuchtete ein Straßenschild im Scheinwerferlicht. Vorsicht, Elche!
    »Stehen Sie auf.«
    Er drückte Niedermann die Pistolenmündung ins Genick und führte ihn bis zu dem Schild, wo er sich in den Straßengraben setzen musste. Mikael befahl ihm, sich mit dem Rücken gegen den Pfosten zu lehnen. Niedermann zögerte.
    »Das Ganze ist sehr einfach«, erklärte Mikael. »Sie haben Dag Svensson und Mia Bergman umgebracht. Die beiden waren meine Freunde. Ich habe nicht vor, Sie hier frei auf der Straße herumstehen zu lassen, also setzen Sie sich jetzt entweder hier hin und lassen Sie sich fesseln oder ich schieße Sie in die Kniekehle. Ihre Entscheidung.«
    Niedermann setzte sich. Mikael legte ihm das Abschleppseil um den Hals und fixierte damit seinen Kopf. Dann benutzte er das achtzehn Meter lange Seil, um den Oberkörper des Riesen festzubinden. Ein Stückchen sparte er sich auf, um die Unterarme an den Pfosten zu fesseln. Das Ganze sicherte er mit ein paar ordentlichen Seemannsknoten.
    Als er fertig war, fragte Mikael noch einmal, wo sich Lisbeth Salander befand. Er bekam keine Antwort, zuckte die Achseln und ging davon. Erst als er wieder zu seinem Auto kam, spürte er das Adrenalin durch seinen Körper fluten und begriff, was er gerade getan hatte. Das Bild von Mia Bergmans Gesicht flimmerte vor seinen Augen.
    Mikael steckte sich eine Zigarette an und trank Mineralwasser aus der Flasche. Dabei betrachtete er den Schatten, der im Dunkeln unter dem Elchschild saß. Dann setzte er sich hinters Steuer, warf noch einen Blick auf die Straßenkarte und stellte fest, dass es noch zwei Kilometer bis zur Abzweigung zu Karl Axel Bodins Hof waren. Er ließ den Motor an und fuhr an Niedermann vorbei.
     
    Er parkte neben einer Scheune auf einem Waldweg, griff sich seine Pistole und schaltete die Taschenlampe ein. Im Lehm entdeckte er frische Reifenspuren und stellte fest, dass hier vor Kurzem ein anderes Auto geparkt haben musste. Doch er dachte nicht weiter über diese Beobachtung nach, sondern ging zurück zur Abzweigung nach

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