Verdammnis
was uns knapp drei Monate Zeit für die Artikel lässt.«
»Themenheft über welches Thema?«, fragte Mikael, während er sich Kaffee aus einer Thermoskanne einschenkte.
»Dag Svensson ist letzte Woche mit einem Konzept zu mir gekommen. Daraufhin habe ich ihn gebeten, an dieser Redaktionssitzung teilzunehmen. Vielleicht wollen Sie den anderen erzählen, worum es geht?«, wandte sich Erika an Dag Svensson.
»Mädchenhandel«, erklärte Dag Svensson. »In diesem Fall hauptsächlich aus dem Baltikum und Osteuropa. Ich schreibe ein Buch über dieses Thema und habe deswegen Kontakt zu Erika aufgenommen - Sie haben mittlerweile ja auch einen kleinen Buchverlag.«
Die Anwesenden blickten amüsiert drein. Der Millennium Verlag hatte bis dato nur ein einziges Buch veröffentlicht: Mikael Blomkvists Abhandlung über das Finanzimperium des Milliardärs Wennerström. Das Buch hatte in Schweden mittlerweile die sechste Auflage erreicht und war auch auf Norwegisch, Deutsch und Englisch erschienen. Derzeit wurde es sogar ins Französische übersetzt. Der Verkaufserfolg war unbegreiflich, da die Story eigentlich hinlänglich bekannt und von unzähligen Zeitungen veröffentlicht worden war.
»Unsere Aktivitäten auf dem Buchmarkt haben einen bescheidenen Umfang«, wandte Mikael vorsichtig ein. Auch Dag Svensson verzog den Mund zu einem Grinsen.
»Ich weiß schon. Aber Sie haben einen Verlag.«
»Es gibt größere«, entgegnete Mikael.
»Zweifellos«, mischte sich Erika Berger ein. »Aber wir haben das ganze Jahr über diskutiert, ob wir neben unseren normalen Tätigkeiten noch einen kleinen Fachbuchverlag betreiben sollen. Das wurde auf zwei Führungskreissitzungen angesprochen, und alle haben es positiv aufgenommen. Wir denken dabei an Veröffentlichungen in sehr begrenztem Rahmen - drei, vier Bücher pro Jahr, mehr nicht -, die im Großen und Ganzen aus Reportagen zu verschiedensten Themen bestehen. Mit anderen Worten, typisch journalistische Produkte. Dieses Buch hier wäre ein guter Anfang.«
»Mädchenhandel«, wiederholte Mikael Blomkvist. »Erzählen Sie doch mal.«
»Ich habe vier Jahre lang recherchiert. Zu dem Thema bin ich durch meine Freundin gekommen - sie heißt Mia Bergman, ist Kriminologin und spezialisiert auf Geschlechterforschung. Früher hat sie im Verband zur Verhütung von Straftaten gearbeitet und die Gesetze betreffend käuflichen Sex unter die Lupe genommen.«
»Ich habe vor zwei Jahren mal ein Interview mit ihr gemacht«, warf Malin Eriksson spontan ein. »Es ging damals darum, wie Männer und Frauen vor Gericht behandelt werden.«
Dag Svensson nickte lächelnd.
»Ihr Bericht hat für einigen Wirbel gesorgt«, sagte er. »Mia hat auch fünf, sechs Jahre zum Thema Mädchenhandel recherchiert. Sie schreibt gerade ihre Doktorarbeit, ich mache daraus eine populärwissenschaftliche Version, in die meine eigenen Recherchen mit einfließen. Die Kurzfassung hat Erika bereits bekommen.«
»Okay, worum geht es im Kern?«
»Unsere Regierung hat strenge Gesetze gegen die Prostitution erlassen, die Polizei soll die Einhaltung dieser Gesetze überwachen, und die Gerichte sollen Sexualverbrecher verurteilen. Wir bezeichnen die Freier als Sexualverbrecher, weil es mittlerweile kriminell ist, sich sexuelle Dienste zu kaufen - und dann sind da noch die Massenmedien, die indignierte moralinsaure Artikel über das Thema schreiben. Und so weiter. Derzeit ist Schweden aber das Land, das pro Kopf die meisten Huren aus Russland und dem Baltikum kauft.«
»Und das können Sie belegen?«
»Das ist kein Geheimnis. Es ist nicht mal eine Neuigkeit. Neu ist nur, dass wir uns mit einem Dutzend Mädchen getroffen und unterhalten haben. Die meisten von ihnen sind zwischen 15 und 20 Jahre alt, kommen aus dem sozialen Elend der ehemaligen Ostblockstaaten und werden mit irgendwelchen Jobangeboten nach Schweden gelockt. Stattdessen landen sie natürlich in den Klauen einer völlig skrupellosen Sexmafia. Das ist sozusagen der Schwerpunkt von Mias Doktorarbeit. Aber nicht von meinem Buch.«
Alle lauschten erwartungsvoll.
»Mia hat die Mädchen interviewt. Ich habe die Lieferanten und den Kundenkreis erforscht.«
Mikael lächelte. Dag Svensson gehörte zu der Sorte Journalist, die ihm selbst am besten gefiel - jemand, der sich auf das Wesentliche einer Story beschränkte. Für Mikael war das die goldene Regel des Journalismus: Es gibt immer welche, die tatsächlich verantwortlich sind. The bad guys .
»Und Sie sind dabei auf
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