Verdammnis
Love -, natürlich eine Anspielung auf Ian Flemings 007-Klassiker. Der Untertitel lautete Mädchenhandel, organisiertes Verbrechen und die Gegenmaßnahmen der Gesellschaft .
»Sie müssen unterscheiden zwischen meiner Dissertation und dem Buch, das Dag schreibt«, erklärte sie. »Dags Buch ist äußerst provokant und zielt auf die Leute ab, die von diesem Handel profitieren. Meine Arbeit basiert auf wissenschaftlichen Erhebungen und analysiert, wie Gesellschaft und Gerichte die Opfer behandeln.«
»Die Mädchen also.«
»Junge Mädchen, meistens zwischen 15 und 20, Arbeiterklasse, schlechte Ausbildung. Sie kommen oftmals aus ziemlich schwierigen Verhältnissen, und nicht selten waren sie schon in der Kindheit sexuellen Übergriffen ausgesetzt.
In dieser Hinsicht hat meine Dissertation eine geschlechtsspezifische Perspektive. Ein Forscher kann nämlich nur selten die Rollen so deutlich entlang der Geschlechtergrenzen festlegen. Mädchen - Opfer, Männer - Täter. Abgesehen von ein paar wenigen Frauen, die auch von diesem Handel profitieren, gibt es kaum eine andere Form von Kriminalität, in der die Geschlechterrollen an sich Voraussetzung für das Verbrechen sind. Es gibt auch keine andere Form von Kriminalität, bei der die soziale Akzeptanz so groß ist und die Gesellschaft so wenig unternimmt, um dem Verbrechen Einhalt zu gebieten.«
»Wenn ich das recht verstanden habe, hat Schweden doch eine ziemlich strenge Gesetzgebung in Sachen Mädchenhandel«, meinte Erika.
»Dass ich nicht lache. Jedes Jahr werden ein paar hundert Mädchen - exakte Statistiken gibt es nicht - nach Schweden gebracht, um als Prostituierte zu arbeiten. Was in diesem Fall nichts anderes bedeutet, als dass sie ihren Körper für systematische Vergewaltigungen zur Verfügung stellen müssen. Seit der Verabschiedung des neuen Gesetzes ist es zu einem einzigen Prozess gekommen, im April 2003, gegen diese verrückte Puffmutter, die eine Geschlechtsumwandlung hatte vornehmen lassen. Sie wurde selbstverständlich freigesprochen.«
»Moment - ich dachte, die wäre verurteilt worden?«
»Für ihr Bordell, ja. Aber von der Anklage wegen Mädchenhandels wurde sie freigesprochen. Es war nämlich so, dass die Mädchen, die gegen sie aussagen sollten, ganz schnell wieder im Baltikum verschwanden. Die Behörden versuchten, sie zur Verhandlung zurückzuholen, man schaltete sogar Interpol ein. Nach monatelangen Ermittlungen stellte man fest, dass sie unauffindbar waren.«
»Was ist mit ihnen passiert?«
»Nichts. Für die Sendung Insider hat man die Geschichte weiterverfolgt und ist nach Tallinn rübergefahren. Die Reporter brauchten nur einen Nachmittag, um zwei von den Mädchen aufzuspüren, die wieder zu Hause bei ihren Eltern wohnten. Das dritte war nach Italien gegangen.«
»Mit anderen Worten, die Polizei in Tallinn hatte also nicht sonderlich effektiv gearbeitet.«
»Seitdem hat es tatsächlich ein paar Verurteilungen gegeben, aber dabei handelte es sich durchgehend um Personen, die entweder wegen anderer Verbrechen festgenommen oder so unglaublich dämlich waren, dass man nicht umhinkonnte, sie zu fassen. Die Gesetze sind reine Kosmetik. Angewendet werden sie nicht.«
»Verstehe.«
»Das Problem ist, dass es sich bei den Verbrechen in diesem Fall um Vergewaltigung der schlimmsten Sorte handelt, oft in Verbindung mit schwerer Misshandlung und Todesdrohungen, in manchen Fällen kommt noch Freiheitsberaubung dazu«, warf Dag Svensson ein. »Für viele dieser Mädchen, die aufgetakelt in die Einfamilienhäuser der Vororte gekarrt werden, bedeuten diese Misshandlungen ihr täglich Brot. Aber sie haben ja gar keine Wahl. Entweder sie werden von hässlichen Alten gefickt oder von ihrem Zuhälter misshandelt. An Flucht ist nicht zu denken, denn sie sprechen die Sprache nicht, kennen die hiesigen Gesetze und Regeln nicht und wissen nicht, an wen sie sich wenden sollten. Außerdem nehmen ihnen die Mädchenhändler grundsätzlich den Pass ab, und im Fall dieser Puffmutter sperrte man die Mädchen obendrein in einer Wohnung ein.«
»Das klingt ja nach Sklavenhaltung. Verdienen die Mädchen überhaupt etwas mit ihrer Tätigkeit?«
»Na ja, ein bisschen«, antwortete Mia Bergman. »Als kleines Trostpflaster kriegen sie auch ein Stückchen vom Kuchen. Im Durchschnitt arbeiten sie ein paar Monate hier, bevor man sie wieder nach Hause schickt. Dann können sie durchaus ein ordentliches Geldbündel in der Tasche haben - 20 000 bis 30 000 Kronen, was in
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