Verdammnis
atemberaubend effektiv und schienen das Ganze schon mehr als einmal gemacht zu haben. Irene Nesser ging in die Söderhallen, kaufte Essen bei einem griechischen Take-away-Imbiss und lud die beiden zum Mittagessen ein.
Gegen fünf Uhr nachmittags waren die Männer von IKEA fertig. Als sie gegangen waren, nahm Lisbeth Salander die Perücke ab, schlenderte durch die Wohnung und fragte sich, ob sie sich in ihrem neuen Heim wohlfühlen würde. Der Küchentisch sah viel zu elegant für sie aus. Im Raum neben der Küche, den man sowohl durch den Korridor wie durch die Küche betreten konnte, hatte sie ihr neues Wohnzimmer eingerichtet, mit modernen Sofas und ein paar Sesseln rund um ein Tischchen am Fenster. Mit dem Schlafzimmer war sie zufrieden. Sie setzte sich vorsichtig auf die Bettkante und testete die Matratze.
Vom Arbeitszimmer aus konnte sie zum Saltsjön hinunterblicken. Echt effektiv. Hier kann ich richtig arbeiten.
Was genau sie arbeiten wollte, wusste sie allerdings noch nicht, und insgesamt stand sie den Möbeln recht skeptisch gegenüber.
Okay, jetzt warten wir erst mal ab.
Lisbeth verbrachte den Rest des Abends damit, ihre Habseligkeiten auszupacken und zu sortieren. Sie legte Handtücher zusammen und räumte sie ein. Sie öffnete die Tüten mit den gekauften Kleidern und hängte alles in die Kleiderschränke. Obwohl sie stapelweise eingekauft hatte, brauchte sie nur einen Bruchteil des Platzes. Sie stellte Lampen auf und räumte Pfannen, Porzellan und Besteck in die Küchenschränke.
Als sie die leeren Wände kritisch musterte, ging ihr auf, dass sie auch Poster oder Bilder hätte kaufen sollen. So etwas hatten normale Menschen doch an den Wänden. Ein Blumentopf hätte auch nicht geschadet.
Danach öffnete sie ihre Umzugskartons aus der Lundagatan und packte Bücher, Zeitungen, Presseausschnitte und alte Rechercheunterlagen aus. Alte, abgetragene T-Shirts und löchrige Strümpfe warf sie großzügig weg. Plötzlich fiel ihr ein Dildo in die Hände, der immer noch in seiner Originalverpackung steckte. Sie grinste schief. Das war eines der verrückten Geburtstagsgeschenke von Mimmi gewesen, deren Existenz sie völlig vergessen hatte. Sie hatte ihn noch nicht einmal ausprobiert. Lisbeth beschloss, das zu ändern, und stellte den Dildo hochkant auf den Tisch neben ihr Bett.
Der Gedanke an Mimmi gab ihr einen Stich. Ein Jahr lang hatte sie sich mit Mimmi ziemlich regelmäßig getroffen, um sie dann sang- und klanglos für Mikael Blomkvist stehen zu lassen. Keine Verabschiedung, kein Wort darüber, dass sie Schweden verlassen wollte. Auch von Dragan Armanskij und den Evil Fingers hatte sie sich nicht verabschiedet oder ihnen gesagt, was sie vorhatte. Sie mussten sie alle für tot halten - oder wahrscheinlich hatten sie sie längst vergessen. Auf einmal fiel ihr ein, dass sie sich auch nicht von George Bland auf Grenada verabschiedet hatte, und fragte sich, ob er wohl am Strand umherlief und nach ihr Ausschau hielt. Sie musste daran denken, wie Mikael Blomkvist ihr erklärt hatte, dass Freundschaft auf Respekt und Vertrauen beruhe. Durch meine Nachlässigkeit verliere ich all meine Freunde. Sie überlegte, ob Mimmi wohl noch irgendwo da draußen war und ob sie sich bei ihr melden sollte.
Den Großteil des Abends und einen guten Teil der Nacht verbrachte sie damit, Papiere zu sortieren, ihren Computer einzurichten und im Internet zu surfen. Sie checkte ihre Investitionen und fand heraus, dass sie reicher war als vor einem Jahr.
Eine Routinekontrolle von Nils Bjurmans Rechner förderte keine interessante Korrespondenz zutage, woraus sie schloss, dass er keinerlei Risiko eingehen wollte.
Sie fand keine Anzeichen dafür, dass er noch einmal Kontakt zu der Klinik in Marseille aufgenommen hatte. Bjurman schien seine beruflichen und privaten Tätigkeiten überhaupt auf einen vegetativen Nullpunkt heruntergeschraubt zu haben. Er verschickte kaum Mails, und wenn er im Internet surfte, besuchte er hauptsächlich Pornoseiten.
Erst gegen zwei loggte sie sich aus. Sie ging ins Schlafzimmer, zog sich aus und warf ihre Kleider über einen Stuhl. Dann ging sie ins Bad, um sich zu waschen. Die Ecke neben der Tür war von oben bis unten verspiegelt. Lisbeth betrachtete sich eine ganze Weile. Sie musterte ihr kantiges, schiefes Gesicht, ihre neuen Brüste und ihr großes Tattoo auf dem Rücken. Ein schönes Tattoo, ein langer Drache, der sich in Rot, Grün und Schwarz von ihrer Schulter herabschlängelte, dessen schmaler
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